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von Carter Smith




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Kidnapped

Kidnapped

Ein Film von Miguel Ángel Vivas

Ein häufig geäußertes Interesse von Besuchern diverser Filmfestivals besteht darin, etwas Neues für sich zu entdecken - Zeuge eines außergewöhnlich guten (oder vielleicht auch einfach nur extrem kontroversen) Werkes zu werden, am besten noch weit bevor dieses auf dem Radar der breiten Zuschauer-Masse erscheint.

Und auch wenn der brutale, spanische Thriller „Secuestrados“ kurz vor seinem Schluß noch eine dramaturgische Unstimmigkeit aufweist, muss man diesen dennoch als wohl die große Überraschung der diesjährigen Fantasy Filmfest Nights bezeichnen.

Es wird wahrscheinlich kaum einen Besucher gegeben haben, welcher sich nicht durch die kompromisslose und rohe Gewalt von Miguel Ángel Vivas' zweitem Spielfilm förmlich in seinen Kinosessel gepresst gefühlt und den Saal anschließend mit völlig erschlagenem Gesichtsausdruck verlassen hat.

Wer hat auch schon vorher mit einem solchen Höllenritt gerechnet?!
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Dabei – und das muss man ganz offen sagen – beruht die äußerst intensive Wirkung des Films nicht etwa auf einer besonders ausgetüftelten Geschichte, sondern der erbarmungslos frontalen Inszenierung, die bewusst auf den Einsatz vieler Schnitte verzichtet und das Publikum durch den (fast) Echtzeit-Ablauf wirklich hautnah in das beklemmende Geschehen katapultiert.

Eine unbekannte Person liegt mit hinter dem Rücken zusammengebundenen Handgelenken und einer über den Kopf gezogenen Plastiktüte auf dem Boden eines Parks. Sie versucht zu atmen, rafft sich auf die Beine und beginnt, panisch umherzuirren.
Irgendwann gerät sie auf eine Straße und wird von einem Auto erfasst.

Der Fahrer steigt aus, zerreißt die Tüte und gibt den Blick auf das völlig entsetzte Gesicht eines Mannes frei.

Ohne diesen vorher einen Blick auf mögliche Verletzungen werfen zu lassen, fleht der Mann den Fahrer an, für ihn eine Telefonnummer zu wählen.
Am anderen Ende der Leitung meldet sich die Stimme eines Jungen. Der Mann fleht ihn hastig an, niemanden ins Haus zu lassen – doch es ist bereits zu spät:
„Papa“, sagt der Junge, „sie haben auf Mama geschossen!“

Mit dieser prägnanten Eröffnungsszene legt der Regisseur bereits den Ton seines knallharten Beitrags zum Home Invasion-Thema fest und macht ohne Umschweife klar, dass man in den nächsten 90 Minuten keinesfalls Hollywood'sche Heldentaten oder einen plötzlichen Sinneswandel der Täter erwarten darf.

Anders als in „Hostage“ gibt es in „Secuestrados“ keinen Bruce Willis und im Gegensatz zu David Finchers Schlaftablette „Panic Room“ handelt es sich hier um wirklich rücksichtslose Schwerverbrecher, die garantiert vor keiner Handlung zurückschrecken, um an ihr Ziel zu kommen.

„Du bist am Leben, weil du die Angelegenheit einfach machst. Mich kümmert dein Leben nicht - 'tot' oder 'lebend' ist nicht wichtig, sondern 'einfach' oder 'schwierig'“, erklärt der Kopf (Dritan Biba, „For The Good Of Others“) der drei Gewalttäter dem Familienvater Jaime (Fernando Cayo, „Das Waisenhaus“).

Jaime hat gerade mit seiner Frau Marta (Ana Wagener, „Biutiful“) und ihrer gemeinsamen Tochter Isa (Manuela Vellés) eine neue Villa bezogen, als sie am ersten Abend von den maskierten Männern überfallen und brutal überwältigt werden.
Während zwei der Täter die beiden Frauen bewachen, zieht einer von ihnen nun mit Jaime in der Stadt umher, um möglichst viel Geld von den verschiedenen Bankkonten abzubuchen.

Eine Sache steht dabei definitiv fest: Versucht der Vater, den Helden zu spielen oder begeht einen anderen Fehler, wird sein Begleiter einen kurzen Anruf tätigen, der dessen Familie das Leben kosten wird…
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Miguel Ángel Vivas gestaltet das Geschehen in seinem Film von Beginn an bewusst übersichtlich und schnörkellos.

Man weiss, worum es den Verbrechern geht und ist sich völlig im Klaren darüber, dass diese nicht einmal mit der Wimper zucken würden, ein Blutbad anzurichten, würde auch nur ein Teil des Plans schiefgehen oder ihnen das in irgendeiner Form einen Vorteil verschaffen.

Als eine der beklemmendsten Szenen in „Secuestrados“ entpuppt sich übrigens der Moment, in welchem einer der Täter sein Gesicht vor Jaime lüftet.
Zwar gibt dieser recht plausibel an, dass dies notwendig sei, damit die Beiden auf dem Weg zu den Bankautomaten nicht auffallen würden – dennoch versucht Jaime erfolglos, seinen Blick von ihm abzuwenden.

Ebenso wie der Familienvater, empfindet auch der Zuschauer im kühlen Antlitz des Mannes ein unangenehmes Gefühl von Unsicherheit.
Unsicherheit darüber, ob die Verbrecher die Familie nach Beendigung des „Jobs“ nun noch verschonen werden – Unsicherheit darüber, ob sie das überhaupt je vorgehabt haben…

Die Wirkung des Werkes hängt deshalb natürlich im Wesentlichen auch von der Frage ab, ob sich der Zuschauer überhaupt mit den Leidtragenden der Geschichte identifizieren kann und sich um deren Schicksal sorgt.

Zugegeben: Wie das in den meisten Filmen wohl der Fall ist, wird man sich vielleicht auch hier an der Logik hinter manchen Handlungen der Protagonisten stoßen.
Allerdings muss man dabei auch bedenken, dass sich die Betreffenden in absoluten Extremsituationen befinden und der psychische Terror selbstverständlich auch vernünftige Risiko-Abwägungen erschwert.

Man ahnt schließlich insgeheim, dass die Familie den nächsten Morgen wahrscheinlich nicht erleben wird, wenn sie sich nicht in irgendeiner Form aktiv zur Wehr setzt – was allerdings leichter gesagt als getan ist, da es sich bei einem der beiden „Hausbewacher“ obendrein um einen kokainschniefenden Psychopathen handelt, der langsam Gefallen an der Anwesenheit von zwei verängstigten Frauen findet…

„Secuestrados“, der es im Übrigen ausgezeichnet versteht, die Split Screen-Technik endlich einmal wieder wirklich effektiv zu nutzen, ist mit Sicherheit keine einfache Unterhaltungskost für den netten Kinoabend. Diese Aussage sollten Zartbesaitete als echte Warnung verstehen!

Die Intensität, die Vivas vor allem gegen Ende heraufbeschwört, erinnert manchmal gar an das verstörende Finale von Tobe Hoopers „Blutgericht in Texas“ – mit dem Unterschied, dass sich diese Geschichte hier realer und deshalb vielleicht sogar furchteinflößender als jedes Kettensägen-Massaker anfühlt.
Der Regisseur gibt übrigens in einem Interview an, dass die explizite Gewaltdarstellung auf Aussagen von echten Opfern ähnlicher Verbrechen basieren würde.
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Wie bereits zu Anfang erwähnt, möchte der Rezensent trotz all der Lobpreisungen noch einen persönlichen Kritikpunkt loswerden:
Die letzte Szene passt nicht wirklich zum übrigen Ton des Films und wirkt recht bemüht - eben wie das Zugeständnis an ein bestimmtes Publikum.

Viele werden nun behaupten, es sei nur auf diese Weise ein konsequenter Abschluss der Geschichte. Der Schreiber dieser Zeilen sieht das allerdings anders…

Dennoch: Nach „Buried - Lebend begraben“ liegt hier schon der nächste Genre-Volltreffer aus Spanien vor.

Eine Rezension von Bastian G.
(02. April 2011)
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Daten zum Film
Kidnapped Spanien, Frankreich 2010
(Secuestrados)
Regie Miguel Ángel Vivas Drehbuch Miguel Ángel Vivas & Javier García
Produktion Vaca Films, La Fabrique 2, Blur Producciones Kamera Pedro J. Márquez
Darsteller Fernando Cayo, Manuela Vellés, Ana Wagener, Dritan Biba, Guillermo Barrientos, Martijn Kuiper, César Díaz, Xoel Yáñez
Länge 84 min. FSK SPIO/JK
http://www.secuestradoslapelicula.com
Filmmusik Sergio Moure
Der Film wurde im Rahmen der "Fantasy-Filmfest Nights 2011" in der spanischen OV mit englischen Untertiteln vorgeführt! Die ungekürzte deutsche DVD & Blu-Ray sind ab 03.06.2011 erhältlich. Als Extras sind ein "Making Of" und der Filmtrailer darauf enthalten. (© Universum Film GmbH)
Kommentare zu dieser Kritik
Bartel sagte am 15.05.2011 um 13:14 Uhr

Normalerweise bin ich niemand der einen Film komplett durchanalysiert, nur um danach ein bis auf die letzte Unstimmigkeit blankgehäutetes Handlungskorsett, mit tausenden Post-It´s zu bekleben( für jede Kameraeinstellungsreferenz, Szenenrhythmik, Schnittdramaturgie..etc..etc...)welches dann noch großzügig mit der Assoziationskette gefesselt wird.
Ich bin der Meinung das ein Film immer erst auf der emotionalen Ebene funktionieren muss bevor man ihn aufgrund seiner Technik verheizt. Mir ist es auch ein Greuel Filme mit Menschen teilen zu müssen, die ständig Technikmängel oder -verbesserungen proklamieren oder gar in jedem zweiten Setpiece den unübersehbaren "Godard-Fellinni-Zusammenhang-mit-anschliessender-Hitchcock-Verbeugung-auf-der-Kurosawa-Achse"
zu erkennen glauben.
Manchmal lässt man sich eben so sehr von der Hülle ablenken das man es versäumt in den Kern vorzudringen welcher das enthält für was wir Kino eigentlich lieben:
Das Gefühl das wir fühlen, wenn aufwühlende Leinwandgefühle, dank & durch unsere Augen gefühlt werden können.
Cinephilie eben.
Lange Rede kurzer(bzw. getrübter)Sinn:
KIDNAPPED ist fühlbares Kino. Die filmschaffende Triebfeder von Miguel Ángel Vivas läuft von Anfang bis Ende auf Anschlag.
Hier wird man schon mitgenommen obwohl man noch nicht einmal gefragt hat ob man mitdarf geschweige denn überhaupt mit will.
Hier kann das berüchtigte, in den Staaten viel zu oft und zu Unrecht verwendete, Unwort "Thrill-Ride" definitv in den Mund genommen werden. Hier herrschen noch die große Emotionen und der Hang zur großen Geste, auch wenn es sich hier um unangenehme Gefühle und aggressive Gewalthaltung handelt.

Ein Film für eine Nacht! Leider machte ich den Fehler und schaute ihn mir am Wochenende mit Freunden ein zweites Mal.
Dadurch wurde ein, in mir schlafendes, Biest geweckt:
Der anfangs erwähnte Analytiker.

Regenschirme ausgepackt! Hier hagelt´s jetzt gleich SPOILER:

Wie ihr ja bereits sagtet ist das "Rollenverhalten" (egal ob logisch oder nicht) immer durch Zustand & Situation bedingt.
Auf KIDNAPPED bezogen darf hier nur derjenige sein (aufgrund der austretenden Kritik weit gedehntes, Maul aufreissen der auch echte Lebenserfahrungen im "Home-Invasion-Bereich" sammeln konnte. Da ich leider niemanden kenne der von den Angriffen auf seine Millionenvilla und/oder seiner Gesundheit und die seiner Familie durch die Hand maskierter Gewaltmenschen, berichten konnte, halte ich mich in diesem Punkt heraus. Die leidige Frage in welche Richtung man eine Treppe hinauf oder hinab laufen muss wenn man doch eigentlich hinaus will, kann auch ich nicht beantworten.
Was KIDNAPPED angreifbar macht sind seine Angreifer selbst bzw die versäumte Erklärung des Drehbuch bezüglich deren Motivation.Die schablonenhafte Zeichnung der Familie fällt hierbei nicht ins Gewicht (die Jungs vom MANIFEST drehen dem Film hier schon seinen Strick) ist sie doch klassisch in ihrer Representation der reichen Oberschicht. Egal ob arm oder reich: In ein Opfer fühlt man sich vielleicht nicht gerne dafür aber leicht hinein. Hier stellt sich die Frage der Sympathie gar nicht.
Das Terror-Trio ist es, welches sich im Laufe der Handlung, von den eiskalten und brutal agierenden "Berufsprofessionellen" in eine chaotische, von Gefühlen beeinflusste, logik-löcher produzierende Clown-Posse verwandelt. Bei der zweiten Betrachtung fiel beispielsweise auf, das es sich bei einem der Möbelpacker vom Einzug, um einen der Täter handelt der die Situation ausnutzt um das Anwesen auszuspähen. Die Tatsache das die Täter brutal und skrupellos handeln hat uns ja schon der großartige drastische Anfang gezeigt, das sie für derartig geplante Überfälle also auch die Nerven und das Talent besitzen sollten (zumal diese ja auch wiederholt passieren) scheint in der Natur der Sache zu liegen.

Nachdem sie sich Zutritt verschafft haben und anfangen sämtliche Wertsachen einzupacken lässt schlägt einer der Männer ein Familienfoto aus einem Rahmen und verstaut dieses in seiner Tasche.
Wozu das ganze? Hier wird urplötzlich Leerfläche für Plot-Verschwörungstheorien feil geboten.
Genauso urplötzlich gerät deren Clou auch ausser Kontrolle.
Wer solche krummen Dinger drehen will sollte zumindest mit einigen "Zufällen" und
"ungeplanten Überraschungen" rechnen.

Nachdem Gangster Nr. 1 (und anscheinend auch das "Gehirn" der Bande) mit dem Familienvater zu seiner Bankenspritztour aufbricht, verlieren die beiden bewachende Banditos fast augenblicklich die Kontrolle über die Situation und ihren Gefangenen. Hier bewahrheitet sich wieder einmal das Sprichwort:
Ist die Katze aus dem Haus tanzen die Mäuse auf dem Tisch.

Gangster Nr. 2 entpuppt sich als kokainbedröhnter, notgeiler und triebgesteuerter Sexualverbrecher.
Nicht mehr die Durchführung des Plans, sondern die des Geschlechtsverkehrs, bestimmen seine folgendes Handeln. Selbst der Kollege schafft es nicht mehr den freilaufenden, triebgestörten Vergewaltigungsfanatiker an die Leine zu nehmen. Es scheint gerade so als ob dieser vorsätzlich versucht die Eskalation herbeizuführen damit er endlich einen Grund dafür hat den beiden Frauen sexuelle und körperlich Gewalt anzutun. Aus dem Raub- wird ein Rapeüberfall.

Gangster Nr.3 hingegen hört auf einmal sein Gewissen flüstern.
Beim ersten Fluchtversuch von Mutter und Tochter droht er damit, den Schulfreund
(der wegen der geplatzten Verabredung mit seiner Herzdame aufgetaucht ist...) umzubringen.
Anstatt Worten Taten folgen zu lassen, täuscht er den Mord nur an (was dem Zuschauer erst später klar wird) und gibt somit nicht nur die bisherige strenge Verhaltenslinie sondern auch seine Glaubwürdigkeit auf. Als Gangster Nr.2 den Streifenpolizisten tötet zeigt sich Nr.3 sichtlich schockiert und wird sogar handgreiflich. Als dann Nr.2 seinen Restefrust an der Mutter auslässt und danach auch noch die Tochter ins Schlafzimmer scheift ist Nr.3 am Ende mit seiner Kraft. Er lässt sich nicht nur zu einer Entschuldigung gegenüber der verprügelten Mama hinreissen sondern bricht in deren Armen auch noch in Tränen aus.
Da mutet es schon fast wie ein Witz an das eine solche Truppe angeblich zum wiederholten Male zuschlagen wollte. Bei einer derartigen Spannung innerhalb des Personals ist es doch ein Wunder das die Jungs überhaupt noch auf freiem Fuss bzw am Leben sind...

Gangster Nr.1 scheint dann auch zu ahnen woher der Hase läuft.
Der Kurtztrip zum Geldautomaten wird von ihm einfach zur Stadtrundfahrt umimprovisiert.
Er verlängert einfach die Wartezeiten und hält den sichtlich besorgten Vater notdürftig bei der Stange.

„Du bist am Leben, weil du die Angelegenheit einfach machst. Mich kümmert dein Leben nicht - 'tot' oder 'lebend' ist nicht wichtig, sondern 'einfach' oder 'schwierig'“...

Dieser Satz ist nicht unglaublich anmaßend da er nur zur totalen Verwirrunsstiftung dient.
Geschickt wird hier die Hoffnung auf ein gutes Ende vorgegaukelt obwohl man sich als Koordinator
doch über die Fehler und Schwächen seiner eigenen Mannschaft im Klaren sein sollte.
Um Papa bei Laune zu halten bietet er ihm sogar eine Waffe an mit der Option auf eine Beförderung zum Sündenbock. Dieser hat natürlich ganz andere Sorgen.
Nr. 1 ist es gelungen den Vater davon zu überzeugen, dass dieser die alleinige Macht über Gelingen und Scheitern des Planes aber auch über das Überleben und Sterben seiner Familie hat.
Der Nachteil: Ihn plagt jetzt das schlechte Gewissen eines Anderen und er muss sich auch noch Gedanken über die Probleme seines eigenen Peinigers machen, weil dieser viel kriminell und abgebrüht ist sich die eigene Schuld einzugestehen. Hier zeigt sich dann auch die eigentliche Genialität des "Gehirns" welche im Grunde eine tragische ist. Er selbst macht es sich so "einfach" wie möglich während die totale Kooperation des Vater von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist.
Er soll einen Plan "vereinfachen" ohne zu ahnen das dieser nur deshalb so "schwierig" ist weil die einzige Schwierigkeit die Planleitung selbst ist. So war das natürlich nicht geplant!
Als dem Papa klar wird das er die ganze Nacht lang den Chaffeur für ein total fehlgeleitetes Managment gespielt hat und seine Kündigung längst feststeht fährt er den Karren frontal gegen die Wand.
So schafft er es noch im letzten Moment die Schuld für etwas abzugreifen für das man ihn sowieso verantwortlich gemacht hätte.

Die Erleuchtung die den Vater zu diesem drastischen Fahrverhalten treibt findet zeitgleich mit der Emanzipierung der Tochter in der Villa statt...dies ist wird für den bereits hoffnungslos verwirrten Zuschauer durch die vereinfachende Weise des Split-Screen Verfahrens dargestellt.
Das tolle, fast schon berauschende Gefühl welches diese Szenen beim Betrachter auslösen gründet auf der Tatsache das jetzt gleich zwei ganze Gehirnhälften für nahezu 10 Minuten auf Anschlag arbeiten um sicherzustellen das auch wirklich alle handlungsrelevanten Gewaltdarstellungen vom zuckenden Zuschauerhirn verarbeitet werden können!
Für die heimische Gattung des Gore-Bauern ist dies aber eher eine Zumutung als ein Zugeständnis.
Da er unfähig ist, auf die, für die optische Aufnahme einer solchen Visualisierung benötigte zweite Gehirnhälfte, zuzugreifen bleibt ihm die erregende Stimulierung der niederen Instinkte vollkommen verwehrt:
Unfähig die zweite, weitaus blutigere Hälfte der Leinwand wahrzunehmen verlässt er entäuscht das Kino.
Ein cleverer Schachzug der Regie:
Das misanthropische Finale, das die unbarmherzige Abschlachtung der gesamten Familie zeigt bleibt den abwesenden ideologisch fehlgeleiteten Gewaltkonsumenten verwehrt. Dies mag auch der Grund sein wieso das übliche Gelächter und die Beifallbekundungen eher spärlich ausfielen. Die vollständige Abwesenheit der Bluttouristen löste bei den restlichen Zuschauer seelisches Unwohlsein und eine betrübte Stimmung aus. Manch einem wurde jetzt erst klar das sie gerade alles andere als eine Komödie gesehen hatten!

Spaß beiseite:
Das Ende zelebriert weniger eine zynische Konsequenz sondern ist meiner Meinung nach eher das Einlösen eines mündlichen Versprechens. Hier wollte nur jemand klarstellen das sein Wort das einzige ist auf welches man zählen kann. Das er die Familie töten wird falls sie es "erschweren" sollten hatte er mehr als einmal klargestellt. Ein Gefängnisaufenthalt oder gar der Tod werden in Kauf genommen solange die eigene Glaubwürdigkeit bestehen bleibt. Somit bleibt der Chef als einziger der Truppe seiner Linie treu ohne sich in sinnentfremdeter Gefühlsduselei zu verlieren.
Hier wird einfach nach all den geschüttelten Handkameraschwenks, den zitternden bebenden Körpern und der kreischenden, hysterischen Emotionshektik ein ruhiger und angenehm unaufgeregter Schlusspunkt gelegt welcher dem ganzen Zennober ein geradezu altmodisches Ende setzt:
Wenn alle tot sind, muss niemand mehr nachdenken. Am allerwenigsten der Zuschauer.
Übersichtlichkeit durch Endlichkeit.

Apropos Ende.
Endlich fertig! mfg Bartel

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