„Life is pain. Get used to it.“
Besinnlich soll sie sein, die Weihnachtszeit. Wenn allüberall auf den Tannenspitzen plötzlich goldene Lichter blitzen, die letzten Einkäufe erledigt und die noch fehlenden Geschenke besorgt sind, dann kehrt allmählich wieder die längst überfällige Ruhe ein. Vormals geschäftiges Treiben gehört zumindest über die sich ankündigenden Feiertage der Vergangenheit an – nun werden die alten, längst vergessen geglaubten Gefühle wieder entmottet, wird heißer Glühwein nach einjähriger Durststrecke mit leckerem Spekulatius gekreuzt. Fast alles feiert und frohlockt. Düstere Schatten haben da eigentlich nichts verloren.
~ ALLE JAHRE WIEDER. ~ Jedes Jahr zu Weihnachten wird in einer Kleinstadt in Neuengland die traditionelle Parade zum Fest veranstaltet. Auch die Lehrerin Samantha Caine (Geena Davis) lässt sich in diesem Jahr das Spektakel nicht entgehen. Die seit einem etliche Jahre zurückliegenden Unfall an retrograder Amnesie Leidende ahnt während des heiteren Treibens freilich nicht, dass schon bald gefährliches Unheil ins Haus steht. Denn spätestens als plötzlich ein ausgebrochener Gefängnisinsasse, der sie während der TV-Übertragung der Parade gesehen hat, in ihr Haus einbricht und Samantha zu töten versucht, ist es vollends vorbei mit Jubel, Trubel, Heiterkeit. Die Lehrerin ist zwar in der Lage, sich erfolgreich zu verteidigen, doch fortan quälen die Amnes
ie-Geplagte noch mehr Fragen als sowieso schon. Woher kommen etwa die ungeahnten Kampfkünste? Und warum wollte der Verbrecher sie umbringen? Zusammen mit Privatdetektiv Mitch Henessey (Samuel L. Jackson) begibt sich Samantha auf die Suche nach Antworten – und fördert eine ungeheure Wahrheit zutage...
~ MORGEN, KINDER, WIRD'S WAS GEBEN. ~ Manch einer kann sich nicht so recht vom Heiligen Abend lösen: 1990 schickte er im Actionklassiker „
Stirb langsam 2“ noch den angehenden Actionhelden Bruce Willis kurz vor Weihnachten auf schießwütige Mission; sechs Jahre später übergab Regisseur
Renny Harlin im Zuge der Realisierung seines Actioners
„TÖDLICHE WEIHNACHTEN“ (
„The Long Kiss Goodnight“) das hoffentlich kugelsichere Staffelholz an seine damalige Ehefrau
Geena Davis („Thelma and Louise“ [1991]). Und dieser (vergebliche) Liebesbeweis der brachialen Art (die Ehe ging nach fünf Jahren in die Brüche) kann sich durchaus sehen lassen. Die Geschichte nach einer Idee von
Shane Black („Lethal Weapon - Zwei stahlharte Profis“ [1987]) entfaltet sich innerhalb kürzester Zeit zum leuchtenden Actionfeuerwerk, das jede noch so aufwendige Weihnachtsdekoration in Grund und Boden stampft. Die weibliche Actionheldin Davis verschwendet erst gar nicht Gedanken an überteuerte Geschenke und fettiges Festtagsessen, sondern ist einzig darauf aus, ihre alte Erinnerung zurückzugewinnen. Ein Schelm, wer beim Überfliegen dieser Zeilen und dem Stichwort „Amnesie“ an Robert Ludlums
Bourne-Reihe denkt.
~ LASST UNS FROH UND MUNTER SEIN. ~ In der Tat lassen sich gewisse Parallelen nicht leugnen, was den Spaß am lauten Getöse aber keinesfalls schmälert. Im Gegenteil. Zwar ist das Drehbuch nicht sonderlich innovativ, nichtsdestotrotz hinreichend clever, um als Quasi-Alibi für die Daseinsberechtigung von einer Vielzahl an toll inszenierten Actioneinlagen zu sorgen. Es ist müßig zu erwähnen, dass Routinier Harlin als Könner seines Fachs hierbei den Bogen mehr als einmal gehörig überspannt und ein teils wahrlich unrealistisches Spektakel auf den Zuschauer loslässt. Vor allem der explosive, optisch eindrucksvolle Endkampf mit Bösewicht
Craig Bierko („Fear and Loathing in Las Vegas“ [1998]) bleibt hier haften. Nicht unbedingt negativ, freilich, denn wirklich ernst nimmt sich der Action-Thriller über seine knapp zwei Stunden Laufzeit sowieso nicht. Geschuldet ist dies vor allem der soliden Leistung von Co-Star
Samuel L. Jackson („
Pulp Fiction“ [1994]), die nicht von ungefähr Erinnerungen an „
Stirb langsam - Jetzt erst recht“ [1995] weckt. So kommt es, dass immer wieder leise Ironie das ansonsten bluttriefende, aber nicht übertrieben harte Spektaktel durchtränkt, ohne sich jemals aufdringlich in den Vordergrund zu drängen. Denn dieser gebührt schlicht und ergreifend Actionheldin Geena Davis, die beweist, dass nicht erst Lara Croft ihre Hot-Pants auspacken musste, um in der als Männerdomäne verschrienen Actionhelden-Rolle ordentlich aufzutrumpfen.
„TÖDLICHE WEIHNACHTEN“ ist – wie der Titel schon vermuten lässt – wahrlich kein Weihnachtsfilm im klassischen Sinne, sondern eine actiongeladene, überaus solide und ansprechende Abwechslung zum ansonsten eher die Besinnlichkeit fördernden Feiertagsprogramm. Lediglich am Ende, wenn jeder wieder in den Kreis seiner Familie zurückkehrt, kreist so etwas wie Ruhe und Besinnlichkeit über dem Geschehen. Und wir erkennen, dass auch ActionheldInnen (Amnesie hin oder her) bei aller Brachialgewalt scheinbar noch nicht vergessen haben, wie man richtig Weihnachten feiert.