Abteilung „Deutsche Titelschmieden“ aka „Fortsetzungen, die eigentlich keine sind“: 1959 drehte die Legende des Filmbusiness, Roger Corman, für die American International Pictures einen Horrorfilm unter extremen Bedinungen. Mit einem Budget von knapp 25.000$ drehte der Regisseur den Film „A Bucket of Blood“ in nur fünf Tagen ab! Die Geschichte um den Künstler Walter Paisley, der in seinen Tonfiguren tote Menschen einschließt, erinnert natürlich ziemlich an „
Das Kabinett des Professor Bondi“, einer der großen Klassiker des Gruselkinos. Dies wusste auch die deutsche Verleihfirma Mercator Film, die nicht nur ganz typisch den Namen Bondi in den Filmtitel einführte und den Hauptcharakter Walter einfach umbenannte, sondern ging noch viel weiter: um inhaltlich an den Klassiker anschließen zu können, wurde sogar ein ganzer Prolog gedreht, der den Versuch darstellt, mit einem verstümmelten Professor Bondi eine Verbindung zum Erstling herzustellen – ein Aufwand, der nichtmal den unzähligen Django-Epigonen zuteil wurde.
Ein Erzähler informiert uns über die Geschehnisse des Erstlings um uns dann den verunstalteten Professor Bondi in diesem Prolog, der exklusiv Teil der deutschen Fassung ist, vorzustellen. Dieser redet minutenlang wirres Zeug und zelebriert seinen Monolog, der ohnehin nicht viel Sinn gibt, um letztendlich scheinbar ein Paket an seinen einzigen verb
liebenen Verwandten, Walter Bondi, zu schicken um ihm seine Arbeit zu vermachen. Taadaa, „Das Vermächtnis des Professor Bondi“ wäre somit etabliert, der Anspruch des Titels erfüllt, und wir können endlich zur tatsächlichen Handlung schreiten. Walter Bondi (englische Version: Paisley) kellnert in einer Künstlerkneipe und ringt verzweifelt um Anerkennung. In seiner Unterkunft bei einer älteren Dame bekommt er ein Paket mit 'Ton zugeschickt (was übrigens
nichts mit dem Prolog zu tun hat) und alsbald erschafft er sein erstes Kunstwerk: aus Versehen tötet er die Katze seiner Vermieterin. Um den Körper verschwinden zu lassen, verpackt er ihn in Ton und alsbald melden sich in der Künstlerkneipe erste Interessenten für seine Skulptur. Parallel dazu ermitteln zwei Polizisten in diesem Etablissement in Sachen Heroinhandel, und durch unglückliche Verwicklungen tötet Walter einen der beiden im Affekt. Und wieder „versteckt“ er die Leiche unter Ton, so dass er schon sein zweites Werk geschaffen hat...
Das klingt jetzt mal wieder vielfältiger als es eigentlich ist. Gerade in den ersten 20 bis 30 Minuten passiert eigentlich fast nichts, was wirklich relevant für das Geschehen ist.Vielmehr nimmt sich der Film an diesem Anfang die Zeit, Walter vorzustellen und ihn als schüchternen Schwächling zu zeichnen, während die Künstler allesamt fast schon Karikaturen sind. „A Bucket of Blood“ ist überraschenderweise kaum ein Gruselfilm, sondern fast schon eine schwarze Komödie mit Horroruntertönen. Der Humor lässt sich nicht verleugnen, ebensowenig wie die ständigen Seitenhiebe auf die elitäre Kunstgesellschaft, die ihren neuen König Walter in ein absurd-lächerliches Kostüm samt Pümpel als Zepter kleiden. Selbst die Werbekampagne rief dazu auf, mit einem Eimer Blut ins Kino zu gehen, um dafür eine Freikarte zu bekommen; ob das tatsächlich geklappt hat, weiß irgendwie niemand so recht. Gesteigert wird dies noch durch die exzellente One-Man-Show von Hauptdarsteller Dick Miller als Walter. Der legt seine Figur irgendwo zwischen sympathischen Zurückgebliebenen und schüchternem Loser an und zieht die Show mit diesem unglaublichen Gesichtsausdruck von vorne bis hinten durch.
Dabei gewinnt die Story durchaus noch ein paar unspektakuläre Facetten, die den eigentlichen Billigfilm auf den zweiten Blick noch interessanter erscheinen lassen. So ist Walter zwar eigentlich der nominelle Bösewicht, aber tatsächlich keine böse Figur. Vielmehr sucht er verzweifelt nach Anerkennung (und einer Frau), bekommt diese aber erst, als er aus Versehen auf (zugegebenermaßen seltsame Weise) die Katze seiner Vermieterin tötet. Auch seine zweite Skulptur entsteht nicht unbedingt aus Bösartigkeit, sondern im Affekt aufgrund einer unglücklichen Verwicklung, für die Walter wenig kann. Erst später begeht Walter bewusst Morde, um weiterhin seine Schnöselfreunde mit Skulpturen versorgen zu können – das der gute Herr nämlich vor Talent nicht gerade strotzt zeigt sich recht bald. Überhaupt sind die Figuren so grotesk und abstoßend, dass man sich tatsächlich fragen muss, wer sich die Dinge überhaupt ernsthaft in die Wohnung stellen würde?
Abgesehen davon merkt man dem Film zwar sein knappes Budget an vielen Ecken und Enden an, aber nicht so dass die Sache wirklich negativ billig wirkt. Am Ende fehlt der Maske zwar irgendwie die...nunja...Maske eben, aber ansonsten halten sich die handwerklichen Fehler über weite Strecken in Grenzen. Die Gewalt findet natürlich offscreen statt, und zumindest ein bisschen angedeutete Nudity gibt es in Form eines nackten Rückens eines zukünftigen weiblichen Opfers. Dass die Dramaturgie natürlich stellenweise etwas vor sich hinrumpelt versteht sich von selbst; ja, vor allem das Auffliegen von Walters dunklem Geheimnis ist irgendwie nicht richtig nachvollziehbar, sondern halt ein dummer Zufall – und das gleich doppelt!
Insofern ist also auch der zweite Film aus der „Galerie des Grauens“ von Anolis äußerst gelungene Unterhaltung für den verregneten Sonntag Nachmittag oder so. Zwar mit Sicherheit kein großes Kino, aber definitiv eine Angelegenheit die richtig Spaß macht in all ihrer altmodischen Herrlichkeit. Und die DVD-Edition ist natürlich erneut top-notch!