Als über weite Strecken unerwartet fesselnd stellt sich „Dans ton sommeil“, ein neuer Thriller aus französischen Landen, heraus.
Nun ist es allerdings nicht so, dass das Erstlingswerk von Caroline und Éric du Potet etwa besonders viele Neuerungen zum Spannungskino beisteuern würde - im Prinzip basiert nämlich auch der vorliegende Film auf einer kompetenten Zusammensetzung von Versatzstücken aus bereits bekannten Genre-Streifen.
Dass hier dennoch ein recht ansehnliches Ergebnis entstanden ist, lässt sich zum einen auf das Talent des Regie-Duos zurückführen, die schon vorhandenen Elemente so zu drehen und zu wenden, dass sie die Zuschauer das eine oder andere Mal trotzdem noch eiskalt erwischen.
Zum anderen funktioniert „Dans ton sommeil“ nicht zuletzt aufgrund seiner kleinen Darstellerliste und den übersichtlich gehaltenen Schauplätzen wie ein beklemmendes Kammerspiel, dessen Gelingen natürlich vor allem vom Identifikationspotential der Protagonisten abhängig ist.
Und das Konzept geht auf, die Spannungsschreibe beginnt sich zu drehen – zunächst allerdings nur sehr langsam.
Der Film steigt deshalb auch in einem angenehm ruhigen Tempo mit einer geradezu typischen Exposition ein:
Die Krankenschwester Sarah (Anne Parillaud, „Nikita“) bezieht mit ihrem Mann (Jean-Hugues Anglade, „Betty Blue“) und ihrem gemeinsamen Sohn Loic (Siméon Starck) ein idyllisches Anwesen, fernab vom Lärm der Stadt.
Obwohl das Familienglück zunächst nur leicht durch die üblichen kleinen Streitigkeiten getrübt scheint, ereignet sich schon bald ein Drama, das die gesamten Zukunftspläne zum Einstürzen bringt:
Loic findet nach dem Fall aus seinem Zimmerfenster einen grausamen Tod.
Auch ein Jahr nach dem fürchterlichen Ereignis wirkt Sarah noch wie ein Geist – ihr Mann hat sie verlassen, das Haus ist noch immer nicht fertiggestellt und auf der Arbeit handelt die Trauernde fahrlässig, weshalb sie kurzfristig von ihrer Tätigkeit beurlaubt wird.
Auf ihrer Heimfahrt geschieht dann etwas Mysteriöses:
Der junge Arthur (Arthur Dupont) läuft der schockierten Frau auf einer dunklen Landstraße vors Auto.
Als sich die schuldgeplagte Sarah dem Leichtverletzten annehmen und ihn zur Versorgung zu sich mit nach Hause nehmen möchte, deutet dieser völlig panisch auf einen weiteren Wagen, der ihnen aggressiv folgt und dessen Fahrer offensichtlich etwas Finsteres mit Arthur im Schilde führt.
Nach der Ankunft im Haus seiner Retterin erzählt ihr der Junge endlich, was es mit seinem unheimlichen Verfolger auf sich hat – es handelt sich bei diesem um einen brutalen Einbrecher, welcher bei einem seiner Beutezüge von Arthur gesehen worden ist und nun seinen einzigen Zeugen aus der Welt schaffen will.
In der Nacht erhalten die Beiden noch unerwünschten Besuch…
„Dans ton sommeil“ ist ein Film, der stark von seinen geschickt platzierten Überraschungen und Wendungen profitiert.
Von Letzteren gibt es genau drei zu erleben.
Um welche es sich dabei handelt, soll selbstverständlich nicht verraten werden – wohl aber, dass der erste Twist trotz einer möglichen Vorahnung von Seiten den Zuschauer aufgrund seiner schockierenden Kaltblütigkeit sehr gut funktioniert, während der zweite Versuch, den Inhalt in eine andere Richtung zu überführen, etwas unglaubhaft herüberkommt und in seiner Form mit Sicherheit nicht zwingend notwendig gewesen wäre.
Auch das Werk selbst besteht dann aus drei Teilen (um Spoilern vorzubeugen, hat sich der Schreiber in der Inhaltsangabe nur auf den ersten Part beschränkt – wer sich gerne auch überraschen lassen möchte, sollte deshalb auch Trailer oder andere Zusammenfassungen meiden), die aber am Ende ein recht schockierendes Gesamtbild ergeben.
Sicherlich hätten die du Potets ihre Geschichte noch ein Stückchen
straighter erzählen können - allerdings wäre auf diesem Weg dann das offensichtlich angedachte Spiel mit den Erwartungen der Zuschauer auch auf der Strecke geblieben und sicherlich ein wesentlich weniger inspirierter Beitrag zum Thriller-Genre dabei herausgekommen.
Im Mittelpunkt des Films stehen natürlich zunächst einmal die Charaktere, mit denen man als Zuschauer auf ein langsam immer wackeligeres Gerüst aus Vertrauen klettert.
Man muss kein eingefleischter Fan des Spannungskinos sein, um früh zu durchschauen, dass die Ausführungen des als unschuldiges Lamm dargestellten Arthur, der quasi von seiner neuen Mutter vor dem bösen Wolf gerettet worden ist, nicht so ganz der Wahrheit entsprechen. Vielleicht verheimlicht der Junge etwas. Oder er lügt.
Wenn dann die Nacht hereinbricht und das Werk leicht in den Horrormodus schaltet (welcher hier angenehm an David Moreaus und Xavier Paluds fantastischen „
Them“ (2006) sowie die ältere französische Produktion „Mord an einem regnerischen Sonntag“ (1986) erinnert), kristallisieren sich nach und nach auch die Motive und die Beziehungen der Figuren untereinander heraus.
Doch man sollte sich auf eine zu seichte Auflösung des letztlich gar nicht so zahmen Schockers nur bedingt einstellen – wie bereits erwähnt, täuscht hier der erste Blick gerne…