„The chessboard is the world... the rules of the game are what we call nature. The player on the other side is hidden from us but we know that his play is always fair, just, and patient. We also know that he never overlooks a mistake.“
(Thomas Huxley)
1972:
Während eines Kinder-Schach-Turniers sitzen sich zwei Jungen gegenüber. Der eine schafft es, seinen Rivalen durch ein geschicktes Manöver „Schach“ zu setzen, wodurch jener keinen Ausweg aus seiner Situation erkennt und die Partie als verloren anerkennt. Anstatt jedoch seinen Gegner mit einem Händedruck zu verlassen, attackiert der Verlierer ihn mit seinem Füller.
Der offensichtlich gestörte Junge wird kurze Zeit später Zeuge, wie seine Mutter sich mit aufgeschlitzten Pulsadern das Leben nimmt. Völlig teilnahmslos nimmt er allerdings ein Schachbrett aus der Kommode und setzt sich in die Küche um zu üben, während schon Blut von der Decke trieft…
Jahrzehnte danach findet an der amerikanischen Westküste ein Schachturnier der Weltmeister statt, an welchem auch der alleinerziehende Vater Peter Sandersen (Christopher Lambert, „Highlander“, „Der Sizilianer“, „Fortress“) teilnimmt, dessen Frau vor einigen Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Die einzigen dauerhaften Kontakte, die der verschlossene Profispieler p
flegt, sind die zu seiner kleinen Tochter Erica (Katharine Isabelle) und seinem blinden Trainer Jeremy (Ferdy Mayne) - lediglich auf gelegentliche One-Night-Stands mit attraktiven Frauen lässt er sich ein.
Als eine Bekannte, mit der er kurz zuvor Sex gehabt hat, grausam ermordet wird, steht Sandersen zunächst als Hauptverdächtiger für die ermittelnden Polizisten Sedman (Tom Skerritt, „
Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“, „Top Gun“) und Wagner (Daniel Baldwin, „John Carpenters Vampire“) da. Der Täter hat dem Opfer die Pulsadern aufgeschnitten und nach dem Tod sämtliches Blut beseitigt – nur eine Botschaft hat er auf der Wand hinterlassen: „Erinnere dich“.
Sandersen bekommt nach dem Besuch der beiden Gesetzeshüter eine Nachricht übermittelt, in welcher der Killer seine Tat als Beginn eines Spiels bezeichnet, das er mit ihm weiterführen möchte. Auch telefonisch wird der Schachmeister von nun an von dem Unbekannten herausgefordert, wobei ihm jedes Mal ein neues Rätsel aufgegeben wird, das ihn zum nächsten Opfer führen soll.
Obwohl auch die Polizei bei den Anrufen anwesend ist, sind Sedman und Wagner noch immer nicht völlig von der Unschuld ihres Verdächtigen überzeugt – schließlich könnte auch ein Komplize an der Sache beteiligt sein. Als sich weitere Morde nach demselben Schema ereignen, bitten die Ermittler die Psychologin Kathy Sheppard (Diane Lane, „Die Outsider“, „Untraceable“, „
Killshot“) um Hilfe, um ein Profil von Sandersen zu erstellen. Dabei kann die attraktive Kathy dem mysteriösen Charme ihres Untersuchungsobjektes, an dessen Schuld sie zunächst nicht glaubt, nicht wiederstehen, und es entwickelt sich eine Beziehung zwischen den beiden.
Bald stellt sich heraus, dass es sich bei dem teuflischen Spiel des Serienkillers um eine besonders grausame Real-Variante des Schachs handelt. Langsam beginnen zudem immer mehr Indizien gegen Sandersen zu sprechen, und nachdem Kathy selbst nur knapp einem Angriff des maskierten Killers entkommen konnte, ist auch sie sich nicht mehr sicher, ob ihr neuer Liebhaber wohlmöglich doch eine dunkle Seite besitzt…
Schach ist das in Europa populärste Brettspiel und zählt für viele Menschen auch eher zu der Kategorie „Denksport“. Es besitzt eine nahzu ungeschlagene Komplexität in den Möglichkeiten der Spielvariationen und es können bereits nach zwei Zügen 72.084 unterschiedliche Stellungen der Figuren entstehen.
Eben dieses Spiel dient dem in der Schweiz geborenen, 2003 bereits verstorbenen Regisseur Carl Schenkel („Abwärts“, „Exquisite Tenderness“) als Herzstück seines hochgradig spannenden Psycho-Thrillers „Knight Moves“. Genau wie beim Schach selbst versuchen die Jäger die nächsten Schritte des Killers im voraus zu erahnen, doch müssen natürlich zunächst einige Protagonisten dem Unbekannten zum Opfer fallen, bis das Geheimnis gelüftet werden kann. Der Film hat es bei seinem Erscheinen nicht gerade zu besonderer Popularität gebracht, und auch die Kritiken sind zwar nicht schlecht, aber im Großen und Ganzen eher durchschnittlich gewesen.
Dieser Umstand ist eigentlich nicht nachvollziehbar, da es Schenkel wirklich vortrefflich gelingt, die Spannungsschraube bis zum Anschlag kräftig anzuziehen. Dabei mag zwar kein Meilenstein herausgekommen sein, da „Knight Moves“ mit Sicherheit auch ein paar Logiklöcher aufzuweisen hat und das Finale hätte besser ausfallen können, aber in Sachen „falsche Fährten“ kann der Streifen sich ein Siegertreppchen unter den modernen Thrillern sichern.
Auch die düstere Atmosphäre und der bedrohliche Soundtrack sind vom allerfeinsten und sorgen dafür, dass der Zuschauer zwei Stunden lang an den Sessel gefesselt bleibt. Obwohl es sich bei dem Film um eine amerikanisch/deutsche Koproduktion handelt, hat man zudem das Gefühl, dass der Regisseur auch schwer von dem italienischen Giallo-Kino der Siebziger begeistert gewesen ist – vor allem die Killer-Szenen, in denen das Phantom mit schwarzer Kleidung und Handschuhen seinen Opfern auflauert, erinnern manchmal an die Frühwerke eines Dario Argento („
The Bird with the crystal Plumage“). Die Darstellung der Gewalt an sich hält sich allerdings doch eher in Grenzen, und die meisten Morde finden
„Off-camera“ statt.
Die Hauptrollen von „Knight Moves“ sind mit dem Quartett Lambert/Lane/Skerritt/Baldwin besetzt worden, und man muss wirklich sagen, dass alle Darsteller eine wirklich gute, wenn auch bestimmt nicht Oscar-verdächtige, Leistung abliefern, wobei vor allem der inzwischen meist in B-Filmen auftauchende Christopher Lambert hier seiner Figur genau die passende, geheimnisvolle Aura verleiht.
Fazit: Freunde spannender Thriller, die noch durch den Einsatz von Suspense anstelle von inflationären Blut-und Gedärme-Einlagen zu begeistern sind, sollten sich den Film wirklich nicht entgehen lassen…diese Art von Nervenkitzel bekommt man heutzutage kaum noch serviert.