Meist ist es kein gutes Zeichen, wenn der Starttermin eines Films aufgrund von Nachbearbeitungen gleich um mehrere Jahre verzögert wird.
Auch der Release von „Killshot“, der aktuellsten Adaption eines Elmore Leonard-Romans („Schnappt Shorty“, „
Jackie Brown“), stand unter keinem guten Stern, nachdem das Publikum bei diversen Test-Screenings bittere Kritik geübt hat, so dass drei Jahre an dem Werk herumgeschnitten worden und sogar eine von Johnny Knoxville verkörperte Figur infolge dieses Prozesses auf der Strecke geblieben ist.
Tatsächlich verwundert der im Vorfeld entstandene, negative Wirbel um den von John Madden („Shakespeare In Love“) inszenierten Thriller ein wenig – schließlich hat sich mit Lawrence Bender und den Weinstein-Brüdern das Gespann für die Produktion verantwortlich gezeigt, das bereits unter anderem Quentin Tarantinos „
Pulp Fiction“ (1994) auf die weltweiten Leinwände gehievt hat. Und auch die Besetzungsliste kann mit einigen vielversprechenden Darstellern aufwarten...
Wie darf nun also die lange Wartezeit gewertet werden? Ist aus „Killshot“ wirklich ein unerwarteter Rohrkrepierer geworden, oder resultiert die Verzögerung wohlmöglich aus dem typischen Kontroll-Wahn der Filmindustrie...?
Gleich zu Beginn wird dem Zuschauer der eiskalte, halbindianische Auftragskiller Armand „Blackbird“ Degas (Mickey Rourke, „Angel Heart“, „Im Jahr des Drachen“) vorgestellt, der während eines Jobs für die Mafia in Toronto aus Versehen einen seiner Brüder erschießt.
Bei einem weiteren Auftrag verscherzt es sich der in die Jahre gekommene Profi dann auch noch mit seinem Boss, als er aufgrund seines Credos, keine Zeugen am Leben zu lassen, einer Person zuviel eine Kugel verpasst.
Nach seiner Rückkehr in die Staaten lernt „Blackbird“ den jungen, psychopathischen Kriminellen Richie Nix (Joseph Gordon-Levitt, „Mysterious Skin“, „
Brick“) kennen, der ihn eigentlich in seinem Auto überfallen wollte, aber, nach Klarstellung der jeweiligen Stellung in der Nahrungskette, schließlich zum Partner des ruhigen Einzelgängers wird.
Zusammen planen die Beiden, einen Immobilien-Makler zu erpressen, was sich bei der Durchführung aber als einziges Fiasko entpuppt. Am Ende bleiben mit dem zerstrittenen Paar Carmen (Diane Lane, „Rumble Fish“, „
Knight Moves - Ein mörderisches Spiel“) und Wayne Colson (Thomas Jane, „
The Punisher“, „
Der Nebel“) sogar zwei Augenzeugen, die nach dem Vorfall an einem Schutz-Programm teilnehmen, zurück – ein Umstand, der ganz und gar nicht mit der gründlichen Arbeitsweise von „Blackbird“ harmoniert, weshalb dieser mit seinem neuen Gefährten nun alles daran setzt, den Fehler auszuradieren…
Ob man John Maddens Ausflug in die Welt der Kriminellen jetzt als totales Desaster oder als kleine, unterhaltsame Genre-Produktion betrachtet, hängt wohl von der individuellen Erwartungshaltung ab – fest steht: Ein Meisterwerk ist „Killshot“ bei weitem nicht geworden, ein guter (weil straff erzählter) Thriller aber durchaus!
Obwohl man sich das Werk also mit gutem Gewissen anschauen kann, dürfte es dennoch auch für angetanere Zuschauer eine leichte Enttäuschung darstellen.
Schließlich wäre in Anbetracht von Elmore Leonards Vorlage wesentlich mehr Potential in der Story – oder zumindest den Figuren – gewesen, als der recht konventionelle Film letztendlich hergibt. Vielleicht sind aber auch die aufgrund der erwähnten Test-Screenings durchgeführten Straffungsmaßnahmen in erster Linie daran schuld, dass „Killshot“ echten Tiefgang vermissen lässt, und die Charaktere eindeutig viel zu knapp vorgestellt werden.
Diese Kritikpunkte sind sehr schade, denn auf der Haben-Seite kann das Werk auch so einige Qualitäten verbuchen.
So geben beispielsweise sämtliche Schauspieler ihr Bestes, um ihren limitierten Rollen genügend Leben einzuhauchen, damit die Spannung über die kurze Laufzeit auf einem konstant hohen Level gehalten wird – für Mickey Rourke, der gerade in „
The Wrestler“ die bisher beste Performance seiner Karriere abgeliefert hat, stellt die Figur des brutalen „Blackbird“ wohl mehr so etwas wie eine kleine Fingerübung dar, während Joseph Gordon-Levitt als
Billy The Kid-Verschnitt ein wenig
over-the-top agiert, was aber perfekt zu dem unberechenbaren Richie Nix passt.
Auch Diane Lane, Thomas Jane und Rosario Dawson („
Sin City“, „
Death Proof - Todsicher”) können überzeugen, werden aber am Ende trotzdem von den interessanteren „bösen Jungs” an die Wand gespielt.
Neben den guten schauspielerischen Leistungen verpackt Kameramann Caleb Deschanel („
Die Stunde des Jägers“, „
Die Passion Christi“) die Geschichte zudem in ansprechend-atmosphärische Bilder, und der krachende Score von Klaus Badelt („Constantine“, „Rescue Dawn“) untermalt souverän die gelegentlichen Gewalt-Eruptionen.
Bereits 2002 ist Leonards Roman bereits für eine Verfilmung im Gespräch gewesen – damals noch unter der Regie von Tony Scott („True Romance“, „
Domino“) und mit Robert De Niro als „Blackbird“ und Quentin Tarantino als Richie Nix in den Hauptrollen. Ob aus dieser Konstellation zwangsläufig ein besserer Streifen resultiert wäre, darüber lässt sich nur spekulieren.
Möglicherweise hätte aus dem Stoff sogar eine Großtat wie der inhaltlich etwas ähnliche „
No Country For Old Men“ (2007) entstehen können – in der fertigen Version erinnert der Film nun stimmungsmäßig eher an gute, unspektakuläre Independent-Produktionen wie „One False Move“ (1992) mit einer Prise „Getaway“ (1972).
Alles in allem gibt es hier also nichts, was man in ähnlicher Form nicht schonmal irgendwo sonst hätte sehen können.
Dennoch hat das Werk nicht nur von Fans der Schauspieler eine faire Chance verdient – schraubt man seine Ansprüche in Anbetracht der problematischen Entstehungsgeschichte etwas herab, bleiben knapp 90 Adrenalin-haltige, spannende Minuten.
Manchmal will und braucht man auch nicht mehr als das...