Welches Subgenre des italienischen Exploitationkinos wurde bisher auf dieser Seite sträflichst vernachlässigt? Richtig, die Vietnamheuler! Günstig auf den Philippinen produziert turnt sich in dem vielleicht bekanntesten und besten (wir werden sehen) Dschungelgemetzel „Jäger der Apokalypse“ der Schmodder-erprobte David Warbeck (
Die Geisterstadt der Zombies) als Captain Henry Morris durch die feindliche Flora, Fauna und Soldatenwelt. Dass der Elitesoldat gleich nach dem Absprung aus dem Helikopter seine gesamte Ausrüstung im Kampf gegen eine Schlange (!) verliert, verbuchen wir unter unnötigem Drehbuchblödsinn, da es für den weiteren Verlauf des Film völlig Banane ist, ob oder ob er eben nicht sein Geraffel dabei hat.
Schon trifft er auf eine (seine?) Einheit, die ihn sogleich dabei unterstützen möchte, seinen Geheimauftrag zu erfüllen. Doch bis es dazu kommt, und der Zuschauer auch erst durch eine gruselige Rückblende voller Kitsch den Auftrag erfährt, stehen noch so einige Abenteuer im Weg der Gefährten: Vietcong-Fallen unterschiedlichster Art, die Dschungelolympiade im Obst holen, Musik-mal-anders sowie die lustig-krude Welt der italienischen Meisterschaft im Filme kopieren – denn wenn man schonmal einen Vietnamklopper dreht, dann muss man ja auch versuchen, möglichst viele bekannte Elemente aus den großen US-Vorbildern zu verwursten. Der durchaus kompetente Antonio
Margheriti hat dabei die Fäden in der Hand und beweist erneut handwerkliches Geschick. Die Fotografie taugt, die Explosionen sind gewaltig und das Tempo ist über weite Strecken ausreichend hoch. Das Drehbuch, aus der Klaue von Dardano Sacchetti, Schreiber zahlreicher Fulci-Werke, ist eigentlich mehr Mittel zum Zweck und vor allem in der ersten Hälfte sehr episodenlastig, während sich in der zweiten wiederrum ein paar wenige Längen einschleichen.
Dabei ist der Einstieg in den Film absolut vielversprechend: in einem vor Rauch geschwängerten Bordell in der Nähe Saigons treffen wir auf drei amerikanische Soldaten, wie sie nicht so recht in den amerikanischen Vietnamfilm passen wollen; verschwitzt, betrunken und überaus derb rassistisch zeichnet der Film ein düsteres und schmutziges Bild des schwelenden Konfliktes. Und nachdem die Soldaten übereinander hergefallen sind, was die wirklich gute Atmosphäre richtig unterstützt, fackelt der Film erstmal in herzallerliebsten Modellaufnahmen mit im Maßstab völlig übertriebenen Explosionen das ganze Bahnhofset ab - muss man gesehen haben! Dem Film nun eine irgendwie geartete, ernsthafte Antikriegsbotschaft zu unterstellen würde natürlich drei Schritte zu weit gehen, jedoch ist er auch kein Film im Stil amerikanischer B-Movies voller Hurra-Patriotismus und Schwarz-Weiß-Malerei von Freund und Feind. Vielmehr zeigt er fast ausschließlich fiese Amerikaner, bis an die Zähne mit Rassismus bewaffnet um die wirklich gesichtslosen Vietcong-Soldaten in die Hölle zu schicken.
„
Sie hassen den Vietcong.“ -Capt. Morris: „
Ich habe keine Zeit sie zu hassen. Ich töte sie.“
Gerade im Mittelteil beschreitet der Film dann die üblichen Exploitationpfade mit mehreren Dschungelfallen ganz in bester Kannibalentradition, die natürlich zu weiten Teilen völlig selbstzweckhaft der Darstellung ein paar blutiger Spezialeffekte dienen, die handwerklich aber ungewöhnlich versiert sind, was natürlich auch daran liegt, dass man nur das Endergebnis sieht, und sich auch darin die Kamera nicht unnötig lang vergräbt (Stichwort Vergraben: DoP Riccardo Pallottini starb bei oder während der Dreharbeiten zu diesem Film auf den Philippinen). Handwerklich aber total schlampig und jeglichen ernsten Hintergrund mit Leichtigkeit eliminierend ist aber das fürchterliche Rumgewedel der Darsteller mit ihren Gewehren, wenn sie gerade am ballern sind. Da würden sie nicht einmal das berühmte Scheunentor treffen, was aber für unsere Statisten natürlich kein wirklicher Hinderungsgrund ist, blutig oder unblutig (je nachdem ob gerade Geld und Squibs vorhanden waren) umzufallen und sich im Dreck zu wälzen.
Am bemerkenswertesten und damit auch am problematischsten für die abschließende Bewertung des Streifens ist dann aber eine lange Sequenz in der Mitte, wenn die lustige Truppe letztendliche eine Zwischenstation im Quartier von Major Cash (John Steiner!) macht. Der und seine Untergebenen haben mitten im Dschungel einen Stützpunkt errichtet, der je nach Bedarf entweder in einer Art Baumhaus/Lichtung liegt, oder aber ein enorm großes unterirdisches Höhlenareal beherbergt (das Bild der DVD ist dabei nicht wirklich hilfreich). Dabei fließt nicht nur ein Fluss durch das Lager, sondern es befinden sich mehrere Statuen und deren großen Köpfe sowie selbst eine gut ausgestattete Bar inklusive der obligatorischen Flasche J&B an prominenter Stelle sowie dem ebenfalls obligatorischen Luciano Pigozzi als Arzt, Fleischer und Barkeeper! Um nun aber endlich zu der Sache zu kommen, die diese Sequenz so bemerkenswert macht: „Jäger der Apokalypse“ driftet hier in ziemlich surreale Sphären ab, die irgendwie nicht so richtig zum Rest passen wollen, aber mindestens ebenso Spaß machen. John Steiners Lieblingsmusik ist Gefechtslärm, sein Kommentar zu einer einschlagenden Rakete (?) ist ein lässiges „Das geht jetzt aber zu weit!“, und das absolute Highlight ist sein Befehl, dass er jetzt frisches Obst aus dem Dschungel möchte. Ein Soldat (der vorher gemeinsam mit Kameraden die ebenfalls Schmodder-erprobte Tisa Farrow vergewaltigen wollte, die übrigens auch durch diesen Film turnt, aber deren Rolle ungefähr so gewichtig ist wie die von Morris' verlorener Ausrüstung zu Beginn, aber irgendwie muss man ja das Paar Brüste in den Film bringen) nimmt sich ein Bambusrohr zum Stabhochsprung und eine leuchten rote Mütze, um dann eben jene Frucht aus dem Dschungel zu holen, während der Vietcong zielsicher ungezielt das zu verhindern sucht, untermalt von einem Soundtrack, der einem wahrlich die Schuhe auszieht. Muss man ebenfalls gesehen und gehört haben, um es zu glauben.
Letztendlich ist also „Jäger der Apokalypse“ ein doch recht unterhaltsamer aber eben auch sehr kruder Vietnamheuler der italienischen Schule. So richtig was damit anzufangen wusste ich jetzt auch nicht, von daher gibt es „neutrale“ drei Sterne. Wenigstens ist es nicht die erwartete Vollgurke, auch wenn das sogenannte Twist-Ende fast schon physisch schmerzt.
Dreck, Schweiß und Philippinen? Mehr davon!
(Hoffentlich) Bald von Uwe Boll, auch an dieser Stelle wie immer natürlich.