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Gravity

Gravity

Ein Film von Alfonso Cuarón


KAMMERSPIEL DES LEBENS.


Der packende Weltraum-Thriller „GRAVITY“ ist wie eine Momentaufnahme, die man sich spontan mitten aus dem Leben greift: offenkundig einfach gestrickt, bisweilen jedoch komplexer, als es zunächst den Anschein hat. Und der Schein trügt meist gewaltig beim Regie-Wunderkind Alfonso Cuarón („Children of Men“ [2005]), welcher in seiner hier betrachteten – man entschuldige dem Verfasser das sich geradezu aufdrängende Wortspiel – ganz eigenen Alltagssituation zwei gestandene Schauspieler in ein schwereloses Abenteuer stürzt, an dessen Ende es eigentlich nur um eines geht: das Leben.


Ausgerechnet ihre erste gemeinsame Weltraummission endet im Desaster: Während eines Routineausflugs außerhalb der Raumkapsel wird das Shuttle, das die Bio-Medizinerin Dr. Ryan Stone (Sandra Bullock) und den erfahrenen Astronauten Matt Kowalski (George Clooney) wieder heil zur Erde bringen sollte, zerstört. Ohne Kontakt zur Erde, nur verbunden mit einem schmalen Band, das verhindern soll, dass die beiden voneinander getrennt werden, sind Ryan und Matt plötzlich gänzlich auf sich allein gestellt. Denn in den Weiten des Alls hört dich niemand schreien...


„GRAVITY“ erfindet das Kino nicht neu, auch wenn vielerorts überraschend einstimmig ebendies verlautbart wird. Vielmehr gräbt der stri
ngent und kurzweilig inszenierte Film in Altbeständen und fördert etwas ans Licht, was schon vergessen geglaubt wurde: die Konsequenz des einfach Erzählten. Ohne allzu große Haken zu schlagen und unter Zuhilfenahme einiger teils repetitiv wirkender Katastrophenszenarien, präsentiert Cuarón die (Überlebens-)Geschichte zweier Individuen, die in einer Extremsituation an ihre Grenzen stoßen. Und der Zuschauer ist dank des gelungenen Einsatzes der 3D-Technik immer ganz nah am Geschehen. Wenn die beiden Astronauten hilflos durch die Weiten des Alls und damit von einer Katastrophe in die nächste gleiten, ist die Anspannung, die Intensität sowohl durch die Augen der Darsteller als auch besonders durch die alleinige Wucht der tricktechnisch brillanten Bilder vernehmbar. Hier gibt sich Cuarón keinerlei Blöße und zeigt in seinem für Blockbuster-Verhältnisse vergleichweise günstig produzierten Film die vielleicht besten Digitaleffekte der jüngsten Zeit. Das Zauberwort lautet dabei: Zurückhaltung. Denn auch wenn im Laufe der 90 Minuten Spielzeit Einiges in die Luft fliegt oder von herumfliegendem Weltraumschrott zerlegt wird, so ist doch stets ein gesundes Maß an Realismus gewahrt, was leider nicht mehr allzu selbstverständlich ist. So verzichtet Cuarón in „seinem“ All auf jegliche Soundeffekte, während andere Regisseure, die scheinbar in der Schule nicht sonderlich gut aufgepasst haben, es entgegen aller Logik ordentlich krachen lassen würden. Wie schön, dass ein teurer Blockbuster heutzutage noch für einige Überraschungen gut sein kann. „GRAVITY“ ist der lebende Beweis dafür.

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Ja, dieser Film lebt. Er lebt einerseits, indem er visuell berauschend das Leben beschreibt, was vom Kameravirtuosen Emmanuel Lubezki in beeindruckende Weitwinkelpanoramen, klaustrophobisch-eindringliche Nahaufnahmen und teils mehrminütige, von vorne bis hinten perfekt durchchoreographierte Plansequenzen gekleidet wird. Andererseits werden dem Leben artverwandte Themen wie Tod und Verlust behandelt, was letztlich und konsequenterweise in dem gipfelt, was gewissermaßen vor allem bisher Angesprochenen liegt: einer (Wieder-)Geburt. Dies ist zweifelsohne schon sehr drastisch formuliert, und diejenigen unter uns, die den Film noch nicht gesehen haben, fragen sich nun womöglich, was es mit der angesprochenen Geburt auf sich haben könnte. Entmystifizifieren wir das Ganze daher schleunigst: Wenn ein Film im Angesicht der gezeigten Katastrophe derart lebensbejahend daherkommt, dass immer irgendwo ein kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont verbleibt, ist des Rätsels Lösung nämlich plötzlich zum Greifen nah: Regisseur und Co-Drehbuchautor Cuarón zeigt uns hier mit einfachsten, aber ungleich effektiveren Mitteln, wie einzelne Menschen, denen sich ihr individueller Beitrag zum Lebensgefüge noch nicht so wirklich erschlossen hat, wieder zu sich selbst finden. Indem sie über sich hinauswachsen, Unmenschliches leisten, entdecken sie sich gleichzeitig neu und lernen schließlich, das Gegebene zu akzeptieren. In „GRAVITY“ ist jeder auf seine persönliche Art mit sich und der Welt im Reinen. Ganz gleich, was war, ist und noch kommen wird.

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Es sind die Oscar-Preiträger Sandra Bullock („Blind Side – Die große Chance“ [2009]) und George Clooney („Syriana“ [2005]), die sich für Alfonso Cuarón und seine Crew ins Kammerspiel des Lebens stürzen und dabei teils hervorragende Leistungen an den Tag legen. Gerade Bullock meistert die Strapazen eines „schwerelosen“ Drehs bravourös und schafft es, ihren Charakter mit wenig Dialog und noch weniger Hintergrundinformationen mit ausreichend Leben zu füllen. Der Zuschauer liest einfach in ihrer Haltung, in ihrem angsterfüllten Blick, und plötzlich weiß er bereits weitaus mehr über sie, als es 30 detailierte Drehbuchseiten je vermitteln könnten. Dies ist zweifellos eine Kunst und ganz klar der Versiertheit Cuaróns zuzuschreiben, der aus einer vermeintlich einfachen Grundidee wieder einmal ein Maximum an Spannung und mehr oder minder subtilem Anspruch herauskitzelt. Zu einem beträchtlichen Teil liegt dies wohl auch am gelungenen Soundtrack von Steven Price („The World`s End“ [2013]), der dem lautlosen Geschehen einen interessanten, bedrohlich-intensiven Klangteppich entgegensetzt. Ohrwürmer werden hier zwar keine generiert, und zum Teil meint es Price dann doch etwas zu gut. Doch im direkten Zusammenspiel mit den faszinierenden Bilderwelten ist das nunmehr sogar oscarnominierte Ergebnis einfach nur als beeindruckend zu bezeichnen. Diese Musik wirkt.

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Fazit: Die Komplexität des Einfachen siegt und beschert dem jeweiligen Zuschauer ein zwar nicht makelloses und sicherlich streitbares, in jedem Fall jedoch intensives, sich auf das Wesentliche konzentrierende Kinoabenteuer, das sich gewaschen hat. Dem einen wird das genügen, dem anderen eher nicht. Oder um es anders zu formulieren: „That`s Life“.


Cover & Szenenbilder: © 2013 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. / Courtesy of Warner Bros. Pictures


Eine Rezension von Stefan Rackow
(02. Februar 2014)
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Daten zum Film
Gravity USA 2013
Regie Alfonso Cuarón Drehbuch Alfonso Cuarón & Jonás Cuarón
Produktion Warner Bros. / Esperanto Filmoj / Heyday Films Kamera Emmanuel Lubezki
Darsteller Sandra Bullock, George Clooney
Länge 87 Minuten FSK ab 12 Jahren
http://gravitymovie.warnerbros.com/
Filmmusik Steven Price
Preise und Auszeichnungen Gewinner von 7 Oscars 2014: Best Achievement in Cinematography (Emmanuel Lubezki), Best Achievement in Directing (Alfonso Cuarón), Best Achievement in Film Editing (Alfonso Cuarón & Mark Sanger), Best Achievement in Music Written for Motion Pictures, Original Score (Steven Price), Best Achievement in Sound Editing (Glenn Freemantle), Best Achievement in Sound Mixing (Skip Lievsay, Niv Adiri, Christopher Benstead, Chris Munro), Best Achievement in Visual Effects (Timothy Webber, Chris Lawrence, David Shirk, Neil Corbould)
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