„Perfection“ ist ein kleines Dörfchen in der Abgeschiedenheit der Sierra Nevada, das gerade einmal ein Dutzend Einwohner zählt. Doch das Leben hier ist alles andere als perfekt. Eben war es noch so langweilig, dass die beiden Taugenichts Valentine und Earl, deren Sinn des Lebens ausschließlich im Herumhängen und im Trinken von Bier besteht, ihr weniges Hab und Gut zusammenpackten, um das Wüstenkaff ein für alle Mal zu verlassen, und schon ist die Hölle los: riesige ekelhafte Würmer, die sich unter dem Boden durch das lockerer Erdreich wühlen und über eine boshafte Intelligenz verfügen, machen Jagd auf die Menschen, welche sie mit ihren Tentakeln ergreifen, in die Erde hinabziehen und verschlingen. Das Festmahl hat begonnen!
Warum der deutsche Titel die Monstren „Raketenwürmer“ nennt bleibt unklar. Die Dorfbewohner geben ihnen zwar die seltsamsten Namen, diese Bezeichnung fällt aber nicht. Da man nicht weiß woher die Kreaturen so plötzlich kommen mutmaßt einer der Beteiligten nebst bewusst ironischer Verschwörungstheorie und Beschuldigung der Regierung, dass die Würmer nur äußerirdische Wesen sein können (wahrscheinlich deswegen „Raketenwürmer“). Zumindest erspart uns der Film die üblichen Erklärungsversuche der Klassiker wie Atomversuche, Verstrahlung und Mutationen.
Obwohl das DVD Cover behauptet „In der Tradition der Horrorstreifen aus den fünfziger Jahren gehalten, hat TREMORS eindeutig das Zeug zum Klassiker!“ (Zitat von Richard Schickel, Time Magazine), ist dem glücklicherweise nicht so. Gerade die 50er Monsterfilme nehmen sich ja selbst viel zu ernst, bieten uns nur flache sowie langweilige Charaktere und laufen immer nach dem gleichen Schema ab. Zudem ist „Tremors“ kein wirklicher Horrorfilm, eher eine Genre-Parodie, wenn auch er heute tatsächlich als Kultklassiker bezeichnet werden darf.
In „Tremors - Im Land der Raketenwürmer“ gibt es einige Neuerungen, was schon an der Zeichnung der Haupt- und Nebencharaktere offensichtlich ist.
Der sehr ungepflegte, rülpsende und sich am Hintern kratzende Valentine und der etwas cholerische aber gutmütige Earl sind das ideale Antihelden-Duo, das sich permanent in die Haare kriegt und ständig durch ihr tollpatschiges Verhalten in peinliche Situationen gerät. Wenn sie es nicht einmal schaffen eine Sickergrube zu entleeren ohne sich von Kopf bis Fuß mit Sch… zu beschmieren, wie sollen die beiden dann den Kampf gegen die listigen (nennen wir sie eben so) „Raketenwürmer“ gewinnen?
Die Antwort liegt in der jungen Geologie-Studentin Ronda, die das Denken für die beiden übernimmt. Obwohl sie permanent mit wissenschaftlichen Termini, die niemand der Landeier versteht, um sich wirft ist sie doch auch ein Mädchen fürs Praktische und hat immer wieder geniale Ideen, um den Riesenwürmern ein Schnippchen zu schlagen.
In den meisten Monsterfilmen gibt es eine Romanze zwischen dem männlichen und dem weiblichen Hauptcharakter. Das ist zwar in „Tremors“ auch so, nämlich zwischen Valentine und Ronda, allerdings passiert das auf eine sehr ironische Art und Weise. Wenn die brünette Ronda das erste Mal auf der Leinwand erscheint versucht sie Valentine, der ausschließlich auf Blondinen fixiert ist, hübsche Augen zu machen, merkt aber zu spät, dass noch ihre ganze Nase mit Sunblocker beschmiert ist, was sehr unvorteilhaft aussieht. Zudem zeigt Valentine überhaupt kein Interesse und kehrt den rauen Macho hervor. Allerdings entwickelt er im Laufe des Geschehens zunehmend Gefühle für sie, wobei er auf einmal sehr schüchtern wird und sich völlig ungeschickt anstellt.
Auch Burt und Heather, ein Pärchen mittleren Alters mit einer großen Vorliebe für scharfes Geschütz und schwere Munition, ergänzen die skurrilen Figuren. Burt wartet und hofft schon lange auf den dritten Weltkrieg, ist deswegen für die Bedrohung von unter der Erde ideal vorbereitet und sieht das Ganze, vom Jagdfieber gepackt, als einen riesigen Spaß und als eine Abwechslung von der Monotonie des abgeschiedenen Wüstenlebens.
Somit ist die überzeichnete Charakterisierung der Figuren für einen Film dieser Kategorie sehr fein und vielschichtig geworden und bildet einen interessanten Aspekt der Dramaturgie. Die Schauspieler, allen voran der noch sehr jugendliche und langhaarige Kevin Bacon als Möchtegern-Cowboy Valentine, haben offensichtlich große Freude an ihren Rollen und gehen darin völlig auf.
Dem Drehbuch gelingt es Selbstironie und Spaß mit Spannung zu verbinden und entschädigt damit für die flache und wenig einfallsreiche Handlung. Es ist sicherlich eine gute Idee das Geschehen auf den Schauplatz der einsamen Wüste zu beschränken und nur wenige handelnde Akteure auftreten zu lassen. Dabei wird einem aufgrund der anspruchslosen aber kurzweiligen Unterhaltung mit viel Wortwitz nie langweilig, vielmehr fiebert man mit den Charakteren mit und darf sich angesichts der noch immer sehr wirkungsvollen, schleimigen und gut designten Monstereffekte so richtig ekeln.
Bis auf die aufgeplatzten und zermatschten Riesenschlangen, aus denen die noch dampfenden Innereien hervorquellen, gibt es zwar wenig Splatter zu bestaunen, ersteres reicht aber ohnehin um beim Zuseher Übelkeit zu erregen.
„Tremors - Im Land der Raketenwürmer“ ist zwar nur ein kleiner vorhersehbarer Monsterfilm, tanzt dabei aber durch neue Ideen ordentlich aus der Reihe und macht sich über viele Klischees des Genres lustig. Somit ist der humorvolle B-Movie eine interessante Alternative zu Godzilla & Co, wenn auch nur „Monsterliebhaber“ diese Parodie hochschätzen werden.