Agata ist nachts auf einer dunklen Landstraße unterwegs, als sie bei Kilometer 31 einen kleinen Jungen überfährt. Als sie anhält und den Jungen untersucht, wird sie jedoch selbst überfahren - der Junge bleibt unauffindbar. Sie landet im Krankenhaus, ohne Beine und im Koma, während ihre Zwillingsschwester Catalina zusammen mit zwei Freunden selbst Ermittlungen wegen dem angeblichen Jungen anstellt. Schon bald treffen sie auf Kommissar Ugalde, der sich auch sehr für den Fall interessiert, sowie auf ein düsteres Geheimnis aus der Vergangenheit...
Horrorfilme rund um Geister haben ja eine lange Tradition, und gerade in den letzten Jahren erlebten sie mit den japanischen Ring-Filmen einen ungeheuren Popularitätsschwung. Dementsprechend drehen nicht nur die Japaner unzählige weitere Geisterfilme (manche gut, manche schlecht), sondern viele weitere asiatische Länder versuchen auf dieser Welle mitzuschwimmen. Natürlich lassen sich auch findige Hollywood-Produzenten die Chance auf schnelles Geld nicht nehmen, und kassieren gerne sichere Dollar mit Remakes der bekannten Filme, die ja im Kino immer ganz gut laufen, trotz sehr schwankender Qualität. Es bleibt also kaum eine Filmindustrie von diesem Trend verschont, womit wir schon bei dem vorliegenden Film angekommen wäre. Natürlich möchten auch mexikanische Firmen was vom großen Kuchen abhaben, und zusammen mit der spanischen Filmax wurde mit "Km. 31" der - laut Cover - "erfolgreichste Horrorfilm in der G
eschichte des mexikanischen Kinos" vorgelegt. Der Film basiert laut Texttafel auf einer wahren Geschichte (...), wobei es sich wohl um die Legende von La Llorona handelt, aber darauf weiter einzugehen könnte den Filmgenuss trüben, da es einige Geschehnisse vorwegnehmen würde. Dazu kommen noch Elemente aus sehr populären Geschichten von Straßengeistern, und der mexikanische Geisterhorror wäre komplett.
Der Einstieg in den Film ist dann auch passend gewählt und sorgt für angenehme Gänsehaut. Dunkle Straßen funktionieren bei mir seit
Die Mächte des Wahnsinns eigentlich immer, und auch hier erfüllen sie wiederrum ihren Zweck. Ankreiden könnte man dem Film jedoch fast schon, dass der Einstieg eventuell einen Tick zu schnell geht, das sind aber Kleinigkeiten und persönlicher Geschmack. Zumindest hatte ich zuerst Orientierungsschwierigkeiten, da man über viele Personen eigentlich am Anfang sehr wenig bis nichts erfährt, was natürlich den Beziehungsaufbau zu den handelnden Charakteren besonders erschwert. Loben muss man allerdings die Schauspieler, gerade Iliana Fox macht ihre Sache als die beiden Zwillingsschwestern sehr gut. Erster gruseliger Höhepunkt ist dann sicherlich der Besuch von Catalina im Krankenhaus, kurz nachdem die Beine von Agata amputiert wurden und sie im Koma liegt. Hier bekommen wir doch stellenweise sehr gruseliges Material zu sehen, und auch die "telepathische" Verbindung zwischen den Zwillingsschwestern wird als Handlungselement etabliert. Wobei ich auch hier ankreiden muss, dass diese Telepathie als Kommunikationsform zwischen eineiigen Zwillingen in dem Film dann später irgendwie im Sande verläuft, aber dazu komme ich im Laufe dieser Kritik noch.
Das größte Problem seines Films dürfte jedoch er selbst sein. Sicherlich, der Film war erfolgreich, ist handwerklich gut gemacht, und auch spannend, aber genau das ist auch sein Problem, was man aber nicht nur ihm, sondern eigentlich fast allen Geisterfilmen nach japanischem Vorbild ankreiden kann: kennt man einen, kennt man alle. Hat man bereits ein paar Filme dieser Richtung gesehen, könnte man sich von den immer wieder auftauchende Elementen eine Checkliste anlegen, und diese im Laufe des Films wahrscheinlich fast vollständig abhaken. "Km. 31" verläuft eben sehr eng in den abgesteckten Grenzen des Genres, er hält sich an die bekannten Konventionen und bringt doch wenig eigene Einfälle ein. Wir bekommen das halbnackte Geisterkind, das Geheimnis aus der Vergangenheit, alte Frauen, die in ihrer Weisheit selbst geisterhaft wirken, Bilder mit Grün und Blau als dominierende Farben, und so weiter und so weiter. Dazu kommt noch ein Ende, dass dem Film in meinen Augen nicht gut tut. Denn - so muss ich zugeben - ich habe den Streifen irgendwie nicht so wirklich gerafft. Das Ende ist dann zwar recht fies (soweit ich das beurteilen kann), aber zwischendrin habe ich dann einfach den Faden verloren, was aber natürlich auch an mir persönlich liegen kann, und nicht unbedingt ein Problem des Films sein muss. Trotzdem kann ich für mich sagen, dass der Film irgendwann recht wirr wurde, und mehr sein wollte, als er tatsächlich zustande gebracht hat. Festhalten kann man aber, dass es sehr schade ist, dass sich diese Produktion aus Mexiko nicht ausreichend gegenüber den fernöstlichen Vorbildern emanzipieren kann.
Allerdings sind das vor allem wohl eher Dinge, die einen stören, wenn man schon einige Filme aus dieser Richtung gesehen hat. Denn handwerklich ist der Film sehr gut gemacht, keine Frage. Wir bekommen ein paar schöne Masken, gegen Ende noch den ein oder anderen CGI-Geist (auch wenn hier beim Sounddesign in meinen Augen sehr übertrieben wurde, weniger ist halt manchmal doch mehr), und auch viele gruselige Szenen geboten. Blutig ist das Geschehen eher weniger, es gibt zwar so manchen saftigen Effekt bei Beinen, aber alles noch im zahmen Geisterfilmbereich. Dafür wirken die Masken der Toten und der untoten Geister doch sehr verstörend und sind wirklich gut gelungen, Gratulation an die Designer. Sogar echte CGI-Effekte werden aufgefahren, die einen zwar nicht vom Hocker reißen, aber ihren Zweck erfüllen, ohne unnötig billig zu wirken. Daher kann letztendlich auch bzgl. dem wohl wichtigsten, der Atmosphäre, Entwarnung gegeben werden. "Km. 31" ist stellenweise irre spannend, wird nie wirklich langweilig (trotz einiger Hänger im Mittelteil) und bietet immer wieder passende Schockeffekte, ohne in lautes Geplärre auf der Tonspur zu verfallen. Auch die eingeflochtene Dreiecksbeziehung zwischen den Protagonisten fällt nicht negativ auf, denn diese wird weniger selbstzweckhaft und vordergründig eingebunden, sondern bleibt angenehm im Hintergrund zurück.
Da das eine mexikanisch-spanische Co-Produktion ist, sind die Leute bei Cast & Crew eher unbekannt. Rigoberto Castañeda hat hiermit seinen ersten Langfilm vorgelegt, der ihm von diesem Standpunkt aus sicherlich gelungen ist. Er drehte danach "Blackout" auf den man wohl sehr gespannt sein darf. Iliana Fox spielte eigentlich nur in mexikanischen TV-Serien. Adrià Collado könnte man aus "Deadly Cargo", "Heart of the Warrior" und "Bloody Mallory" kennen. Raúl Méndez war immerhin in "Die Legende des Zorro" zu sehen, und war auch bei "Matando Cabos" dabei, der wohl sehr gut sein soll. Die Musik stammt von Carles Cases, der viele weitere mexikanisch/spanische Horrorfilme vertonte, darunter unter anderem "Darkness" und "Dagon".
Der Film lief beim letzten Fantasy Film Fest und liegt nun auch als deutsche DVD vor. Bild und Ton sind ziemlich gut, wir bekommen auch deutsche Untertitel für den ganzen Film, sowie für einzelne Einblendungen. Es gibt darüberhinaus noch ein paar Extras, darunter ein über 20-minütiges Making-Of. Ankreiden kann man das Cover, dass irgendwie nicht so wirklich zum Film passt, ansonsten aber eine gute Veröffentlichung zu diesem eher unbekannten Film. Natürlich geht auch wieder ein herzlicher Dank an e-m-s für das Rezensionsexemplar.
Fazit: Insgesamt kann man wohl festhalten, dass "Km. 31" ein doch sehr durchschnittlicher Geisterhorror ist, der leider fast keine eigenen Ideen auffahren kann. Handwerklich ist das sicherlich gut gemacht, spannend ist er auch, aber er ist eben auch symptomatisch für dieses Subgenre, das häufig in bekannten Konventionen verläuft. Es gibt daher nur drei Sterne, da mir
The Abandoned doch besser gefallen hat. Ansonsten kann man aber auch noch gut einen Stern dazu rechnen.