Die erste Hälfte der 70er-Jahre wurde horrorfilm-technisch von einer Phase dominiert, in der Regisseure wie Tobe Hooper (“Blutgericht in Texas”) oder Wes Craven (“Das letzte Haus links”) mit ihren fatalistisch angehauchten Backwoods-Streifen einen Horror schürten, der durch die Verlagerung des Schauplatzes in die zivilisationsfeindliche Einöde des amerikanischen Hinterlandes dem damaligen Klima entsprach; und der in den Schablonen wild gewordener Rednecks als Fokus der Angst “körperlich”, sinnbildlich greifbar wurde. Bis John Carpenter die bürgerliche Idylle einer Kleinstadt als Heimat zum Leben erweckter Kino-Alpträume ausmachte, als er mit “Halloween - Die Nacht des Grauens” (1978) zugleich den Slasher-Film wie Phönix aus der Asche als neues Genre-Muster erschuf. Der mit ausdrucksloser weißer Maske hinter seinen (zumeist weiblichen und nicht selten babysittenden) Opfern her schlurfende Michael Myers litt als ikonografische Phantom-Figur allerdings wie viele seiner Schlitzer-Kollegen unter den in der Qualität beständig sinkenden und munter drauf los entmystifizierenden Sequels. Davon gibt es bis dato sieben an der Zahl - Rob Zombies Reboot und die darauf folgende Fortsetzung mal ausgenommen. Nachsichtige Nicht-Fans können den zweiten Teil der Reihe aus dem Jahre 1981 (Regie: Rick Rosenthal, nicht mehr John Carpenter) indes gerade noch so im schmerzfreien Mittelmaß angesiedelt sehen.
Sechs Kugeln hat Dr. Loomis (Donald Pleasance) au
f Killer Michael Myers abgefeuert, doch der Totgesagte ist plötzlich spurlos von einem jener schicken Vorgärten in Haddonfield, Illinois, verschwunden, um sich erneut auf die Pirsch zu machen. Es ist immer noch Halloween - und Michaels Ziel ist das Krankenhaus, in das seine letzte lebende Verwandte - seine Stiefschwester Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) - nach einem Schock infolge der Ereignisse aus dem ersten Teil eingeliefert wurde. Ihr trachtet er weiterhin unermüdlich nach dem Leben. Während Loomis alles daran setzt, den Psychopathen aufzuspüren und dessen kranke Seele zu ergründen, mordet sich dieser schon wahllos durch das Krankenhauspersonal…
Meist liest und hört man mehr über die verschiedenen Schnittfassungen von “Halloween II”, als über den Inhalt des Films selbst. Gorehounds wurde der Streifen von den Medien einschlägig als härtester Teil der Reihe schmackhaft gemacht, allerdings bekam man hierzulande nicht viel davon zu sehen. Die ungeschnittene Version ist bis heute beschlagnahmt, die frei verkäufliche FSK16-Fassung eine absolute Frechheit. Die Schnitte sind dermaßen stümperhaft, dass einem bei allem Verdruss darüber beinahe entgeht, wie sehr sich die Prüfer mit der Entscheidung blamiert haben, eine für einen 80er-Slasher nicht ungewöhnlich brutale Szene, die das Eindringen einer Injektionsnadel in ein menschliches Auge in Großaufnahme zeigt, unter den Schneidetisch fallen zu lassen. Zudem hat sich in der deutschen Synchro des Films der eine oder andere erhebliche Fehler eingeschlichen: So erklärt Dr. Loomis etwa an einer Stelle, Michael Myers sei 31 Jahre alt; der zum Kopfrechnen fähige Zuschauer weiß jedoch, dass Michael an dieser Stelle erst 21 Jahre alt sein kann.
Im Gegensatz zu vielen Horror- und Action-Sequels schließt “Halloween II” nahtlos an seinen Vorgänger an und entlarvt die Schlussszene des ersten Teils, in der Michael Myers mehrfach angeschossen vom Balkon eines Wohnhauses stürzte, nachträglich als Cliffhanger. Eine denkbar einfache Wahl für einen Regisseur, der die klassische Slasher-Struktur des Originals trotz einiger geänderter Vorzeichen eins zu eins übernimmt; nur ohne dasselbe Timing, denselben Suspense und dasselbe Gespür für eine konstant bedrohliche Gänsehaut-Atmosphäre. Rick Rosenthal, auf dessen Kappe später noch die Schlaftablette “Halloween: Resurrection” ging, übernahm den Regieposten von John Carpenter und überließ diesem das gemeinsame Drehbuchschreiben mit Co-Autorin Debra Hill. Dies lässt einen deutlichen Kurswechsel erkennen: Rosenthal betont eher den karnevalistischen Mitmach-Faktor der Grundidee, als dass er den schleichenden, mit einfachsten Mitteln erzeugten Horror Carpenters intensivieren - oder zumindest wiederholen - könnte. Dessen Nutzung des Raums als Gefängnis für die darin Lebenden - wie auch etwa in “Die Klapperschlange” - und die unheimliche Symbiose von subjektiver Kamera, sensationell düsterer Optik und dem treibenden “Halloween”-Thema kommt bei Rosenthals Inszenierung zu kurz - zugunsten eines grimmigen, straighten Katz- und Maus-Spiels zwischen einem gesichtslosen Monster und einer apathischen Traumapatientin in unwirtlichen Hospital-Korridoren, welches auf ein feuriges Finale zusteuert, sich letzten Endes aber zu sehr auf die recht uninspiriert aufbereitete Mordserie und die krampfhaften Psychologisierungsversuche seitens der Figur des Dr. Loomis verlässt.
Fazit: Der direkte Vergleich mit dem Original-”Halloween” ist Rick Rosenthals Sequel gegenüber unfair. Carpenters Genre-Klassiker machte den Slasher-Film erst salonfähig und zu dem, was er heute ist. Innerhalb des Franchises macht Teil zwei eine durchaus passable Figur - und für die geduldige Fan-Fraktion gilt ohnehin: “Halloween” bleibt “Halloween”…