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Kontroll

Kontroll

Ein Film von Nimród Antal

Das Leben ist für viele Leute kein Zuckerschlecken.
Während einige auf recht komfortable Weise viel Geld verdienen, müssen andere für einen Hungerlohn wahre Drecksarbeit verrichten.

So auch der junge Bulcsú (Sándor Csányi), der zusammen mit seinem Team in der Budapester U-Bahn als Fahrkartenkontrolleur tätig ist.
Die Arbeit in den dunklen Tunneln ist frustrierend, aber trotzdem versuchen die Angestellten das Beste aus der täglichen Aufgabe zu machen, indem sie leidenschaftlich bestimmte Dauer-Schwarzfahrer wie den jugendlichen „Bootsie“ (Bence Mátyássy) jagen oder sich Konkurrenzkämpfe mit den anderen Teams liefern. In der letzten Zeit ist es außerdem zu einer erhöhten Zahl von Selbstmördern gekommen, die ihren Tod unter den voll besetzten Zügen gefunden haben.
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Aus diesem Grund sind jetzt alle Kontrolleure nochmals auf höchste Alarmbereitschaft gesetzt worden, damit der Verkehr nicht durch noch mehr Vorfälle aufgehalten wird. Wie sich jedoch bald herausstellt, handelt es sich bei den Toten keineswegs um Suizid-Opfer: In der U-Bahn treibt eine Gestalt in schwarzem Anzug ihr Unwesen und schubst die Passanten in ihr Verderben…

Bei „Kontroll“, dem Spielfilmdebüt des gebürtigen Ungarn Nimród Antal, macht eine lange Inhaltsangabe eigentlich nicht wirklich Sinn, da der Regisseur hier weniger eine stringente Geschichte erzählt, als vielmehr ein interpretierbares Bild entwirft.

Das Werk stellt eine Reihe interessanter Charaktere vor, die trotz sparsamer Informationen über deren Privatleben wesentlich vielschichtiger gezeichnet sind, als manche Figuren in anderen Genre-Produktionen – wobei der zuletzt genannte Begriff bei „Kontroll“ nicht so recht greifen will, da sich der Film kaum in eine bestimmte Kategorie einordnen lässt: Er ist zugleich Drama, Mystery-Thriller, Horror, Romanze, Action und Komödie, wobei diese Elemente zusammen einen kafkaesken Albtraum ergeben, der aber am Ende doch noch einen Lichtstrahl in die Dunkelheit eindringen lässt.

Bulcsú, den man wohl am ehesten als Helden des Films bezeichnen würde, verlässt die U-Bahn auch nach dem Ende seiner Schichten nie, und lebt quasi in den Katakomben. Bevor er in die bildliche Hölle herabgestiegen ist, hat er als Architekt an in den Himmel ragenden Gebäuden gearbeitet.
Nun unterscheidet er sich von den Obdachlosen nur durch sein Dienstarmband, mit dem er den zahlreichen Schwarzfahrern das Leben schwer macht.
Irgendwann lernt er Szofi (Eszter Balla), ein Mädchen in einem Bärenkostüm, kennen, die ihm von nun an öfter begegnet und in seinem tristen Alltag wie ein Engel wirkt.

Auch die anderen Mitglieder des Kontroll-Teams werden, wie bereits erwähnt, nicht als gesichtsloses Beiwerk verpulvert, sondern durch eine markante Charakterisierung voneinander abgehoben:
So z.B. der „Professor“ (Zoltán Mucsi), der schon am längsten Tickets überprüft und in seiner Tätigkeit eine höhere Aufgabe sieht, oder der an Narkolepsie leidende Muki (Csaba Pindroch).
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Obwohl „Kontroll“ ein insgesamt düsterer und im Kern ernster Film ist, gibt es dennoch genügend humorvolle Momente, die das Geschehen gekonnt aufhellen und damit kein rein pessimistisches Bild entstehen lassen. Allerdings sind einige dieser Szenen auch nur in ihrer Darstellung lustig – wenn beispielsweise ein Schwarzfahrer einen der Kontrolleure mit einer Spritze bedroht, wirkt das zwar komisch, besitzt aber – wie man bereits aus dem wahren Leben weiss – einen äußerst bitteren Beigeschmack…

Vor dem Vorspann werden die Zuschauer übrigens von einem Sprecher der Budapester U-Bahn begrüßt, der darauf hinweist, dass es sich bei dem Werk um eine fiktive Geschichte handelt, die keineswegs das Verhalten der angestellten Kontrolleure wahrheitsgemäß widerspiegelt.
Dieses Vorwort ist eine Auflage gewesen, auf die der Regisseur eingehen musste, um den Dreh an Originalschauplätzen weiter durchführen zu können.
Während der Produktion ist es nämlich aufgrund des Drehbuchs kurzzeitig zu einem Konflikt zwischen Nimród Antal und dem Vorsitzenden der Einrichtung gekommen, wobei eine Eskalation die Entstehung des Films wohl verhindert hätte.

Trotz des Kommentars gibt Antal in einem Interview an, die tägliche Tätigkeit der Menschen dort unten durchaus in einem richtigen Licht dargestellt zu haben. Er zeigt diese nicht als Idioten oder unsympathische Gestalten, sondern als Helden des Alltags, deren Job vom Rest der Bevölkerung nicht gewürdigt wird und die sich trotzdem weiterhin der oftmals gar nicht ungefährlichen Aufgabe stellen.
Damit ist „Kontroll“ ein Film, der auch mal einen anderen Blick auf die untere Gesellschaftsschicht wirft, indem er sich etwas detaillierter mit einem kaum beachteten Arbeitsfeld beschäftigt.

Nimród Antal, der in Ungarn geboren, aber in den USA aufgewachsen ist, gelingt mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm ein kleines Wunderwerk, das vor allem auf visueller Ebene vollends überzeugen kann. Er bildet nicht nur plump die düsteren Tunnel ab, sondern erschafft dort unten eine eigene, mysteriöse Welt, die man durchaus als „Hölle“ ansehen kann.
Die Charaktere kommen nicht nur dorthin um zu arbeiten, sondern es wirkt so, als ob es für sie gar kein Entrinnen aus der Finsternis gibt, als ob sie dort leben und auch sterben werden – nur dass sie sich mit der Situation abgefunden haben und so weiter existieren können.
Was hingegen der personifizierte Totbringer in „Kontroll“ für eine Funktion erfüllt, soll in dieser Rezension nicht besprochen werden, sondern dem jeweiligen Zuschauer überlassen bleiben…
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Dieser Film ist eine kleine Perle des europäischen Kinos und hat dem Regisseur den Weg zurück in die Staaten - genauer: nach Hollywood - geebnet…auch wenn der dort inzwischen von ihm inszenierte „Motel“ (2007) aus künstlerischer Sicht ein Schritt zurück ist.

Eine Rezension von Bastian G.
(04. November 2008)
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Daten zum Film
Kontroll Ungarn 2003
(Kontroll)
Regie Nimród Antal Drehbuch Jim Adler & Nimród Antal
Produktion Café Film, Bonfire Kamera Gyula Pados
Darsteller Sándor Csányi, Zoltán Mucsi, Csaba Pindroch, Eszter Balla, Sándor Badár, Zsolt Nagy, Bence Mátyássy, Gyözö Szabó
Länge 105 min. FSK ab 16 Jahren
http://www.kontrollfilm.hu/
Filmmusik Neo
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