Wirklich witzig ist es manchmal, wenn Filme ihre Inhaltsangabe bereits im Titel tragen. Besonders gern kommt das im Horrorgenre zum Tragen, bestes Beispiel wäre „Snakes on a Plane“. Meist erwartet den Zuschauer dann aber auch ein recht gehaltloser, wenn auch, je nach Sujet, durchaus spaßiger Film.
Auch wenn solche Titel oft etwas seltsam anmuten, lässt sich Lasse Hallströms („Chocolat“, „Hachiko“) neuester Film „Lachsfischen im Jemen“ nicht allein durch die Idee im Titel beschränken. Das hätte uns bei Hallstrom ja auch gewundert.
Er setzte die gleichnamige Romanvorlage von Paul Torday für die Leinwand um und dürfte damit, soviel sei vorweg verraten, jeden Fan des Independentkinos voll erreichen.
Der reiche Scheich Muhammad ibn Zaidi bani Tihama (Amr Waked) hat sich die Idee in den Kopf gesetzt, bei ihm im Jemen Lachse zu züchten. Logischweise ein Widerspruch in sich.
Die Agentin Harriet Chaetwode-Talbot (Emily Blunt) wird von ihm mit diesem Unterfangen beauftragt und wendet sich sogleich an den angesehenen Dr. Alfred Jones (Ewan McGregor), der eine internationale Größe in der Lachs- und Forellenzucht ist. Natürlich hält der verklemmte und privat langweilig lebende Mann das Angebot für totalen Unsinn.
Nach einem Treffen mit dem Scheich, bei dem er ihm die Hintergründe dieser seltsamen Idee näher bringt, beginnt sich in seinem Leben etwas zu verändern und gemeinsam nehmen die drei das Projekt
in Angriff…
Die Story an sich mag für den mainstreamigen Kinobesucher etwas unspannend klingen. Im Verlaufe des Films entfaltet die Idee aber ein gewisses komisches Potential und sorgt so für dauerhaftes Interesse, während sich die Geschichte mehr und mehr auch den Menschen und ihren Persönlichkeiten widmet. So werden anfangs einige alltägliche Szenen aus dem Leben der Protagonisten gezeigt, die arg trivial anmuten, später allerdings wird sich zeigen, dass gerade diese Szenen wichtig sind, um spätere Charakterentwicklungen glaubhaft zu machen.
Ganz abgesehen also davon, dass der Film weder visuell noch auf technischer Ebene neue Wege beschreitet, fällt absolut positiv auf, dass er das, was er liefert, nahezu perfekt macht.
Natürlich ist es nicht neu, eine politisch angehauchte Story mit einigen Witzen und netten Charakteren abzuliefern. Und auch die Wandlungen der Protagonisten sind für sich genommen keine revolutionären Ideensprünge.
Die Umsetzung all dessen jedoch ist dermaßen stimmig, dass es eine wahre Freude ist, dem Film jede seiner Minuten beizuwohnen. Er transportiert nicht nur die gute Botschaft, sich aus inneren und äußeren Zwängen zu befreien (McGregors Charakter) und mal gegen den Strom zu schwimmen, sondern gestaltet jede Figur individuell so präzise, dass man bereits nach kurzer Zeit mit all ihnen vertraut ist und unsere beiden Hauptfiguren ins Herz geschlossen hat.
Die immer mal wieder anklingenden Ansätze von politischer Kritik oder schwarzem Humor fügen sich nahtlos und völlig unaufdringlich ins Gesamtbild ein. So muss Harriets neuer Partner schon nach kurzer Zeit in den Krieg ziehen und lässt sich dadurch gezwungenermaßen im Unklaren; und die Pressesprecherin des englischen Premierministers Patricia Maxwell wird durch Kristin Scott Thomas als eine herrlich durchtriebene, schlagkräftige, wortgewandte Sensationsfrau dargestellt, der nichts heilig ist. Im Besonderen durch ihren Charakter kreiert der Film Anspielungen auf Presse, Politik und sonstige Institutionen, ohne derartige Inhaltspunkte zu sehr in den Mittelpunkt zu rücken.
Überhaupt punktet der Film mit seinem nahezu stringent durchgehaltenen Prinzip des Wortwitzes. Selten bis nie entsteht Humor über äußerliche Handlungsweisen, immer jedoch gibt es einige sehr nette Dialogduelle und auch viele herzerwärmende Gespräche zwischen Alfred und Harriet, bei denen sowohl ihre Verletzlichkeit und im weiteren Verlauf auch sein wunderbares Einfühlungsvermögen deutlich wird. Überhaupt ist die Figur Alfred, übrigens perfekt besetzt mit dem zurückhaltend, aber enthusiastisch spielenden McGregor, eine tolle Projektionsfläche charakterlicher Veränderungen. Es ist schön, diesem immer mehr liebenswerten Typen dabei zuzusehen, wie er einen Schritt nach dem anderen nach vorn macht, sich aus alten Zwängen befreit, neue Wege beschreitet und lernt, für sein Glück zu kämpfen und einzustehen.
Emily Blunt verkommt glücklicherweise nicht zum reinen „love interest“, sie ist auch eine bezaubernde Schauspielerin, die uns nicht nur entwaffnend sympathisch, sondern auch verletzlich gegenübertreten kann, Fehlverhalten zeigt ihre Harriet so überaus angenehm ausfüllt. Gerade die Dialoge zwischen den beiden bewegen sich auf einem angenehmen Niveau.
Der Scheich wird ebenso nicht als Typ mit Schnapsidee dargestellt, sondern, und das kommt im Film durchaus überraschend, als Mann mit einer Vision, der Idee mit den Lachsen aus vollster Überzeugung umsetzen will, um, seinem Glauben folgend, glücklich zu werden.
Bemerkenswert ist ebenso die Tatsache, dass sie zwischendurch eingestreute, zarte Liebesgeschichte keine großartigen Kuss- oder Bettszenen benötigt, um ihre Intensität zu verdeutlichen. Sie ist allgegenwärtig und wird doch nur durch kleine Andeutungen, Gespräche, Blicke, liebevolle Gesten und Berührungen ausgedrückt. Beispielhaft sei hier eine der eingestreuten, wundervollen Panoramaeinstellungen mit den beiden auf einem Felsen genannt. Eine zärtlichere Form der Darstellung von Liebe kann es kaum geben.
Am Ende steht ein feiner, durchgehend unterhaltsamer, witziger, auch romantischer Film mit tollen Darstellern und einer guten Geschichte, bei dem sich alles durch die (stil-)sichere Regie zu einem wunderbaren kleinen Film zusammenfügt, der uns zum Schmunzeln, zum Lachen und fast sogar zum Weinen bringt und unter der Oberfläche sowohl Charakterdrama als auch ein kleiner politischer Kommentar ist.