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Bis zum Ellenbogen

Bis zum Ellenbogen

Ein Film von Justus von Dohnányi

Eine schwarze, aber doch angenehm beschwingte Komödie verspricht Justus von Dohnányis Spielfilmdebüt zu sein. Ich wagte mich recht vorsichtig an den Film, waren doch die Begriffe "leicht, komisch" und "deutsch" bisher nicht unbedingt zusammenzubringen. Meist verstand man darunter entweder völlig belanglose Geschmacksentgleitungen (z.B. Ballermann 6, Harte Jungs) oder aber versuchte das Ganze mit einer Portion Anspruch zu verbinden, um ja nicht in die Nähe der eben genannten Filme gestellt zu werden (z.B. Jetzt oder nie - Zeit ist Geld). Das geht leider regelmäßig in die Hose - nicht so hier!

Mit wunderbaren Aufnahmen der schweizerischen Alpenlandschaft baut der Film zu Beginn eine herrlich unbetrübte, träumerische Urlaubsstimmung auf, in der drei Menschen unfreiwillig aufeinander treffen: Willi Kolb (Stefan Kurt), ein Hartz 4-Empfänger, ergeht sich in Konzentrationsübungen und verliert sich in der Aufnahme verschiedenster Naturgeräusche, als er die plötzliche und recht intensive Bekanntschaft mir dem Manager Achim Delvental (Jan Josef Liefers) macht, der gerade downhill unterwegs war. Das Mountainbike ist daraufhin so wenig zu gebrauchen wie Achim, sodass Hilfe hermuss. Diese lässt nicht lange auf sich warten und erscheint in Form des liebenswerten, aber vereinsamten Bankangestellten Sven Hansen (der Regisseur), dem das Wort "Opfer" geradezu über das jungenhafte Gesicht geschrieben steht. Mit einem Bollerwagen ("Ich hatte lei
der nichts anderes da!") zieht er den Gift und Galle spuckenden Achim zu seiner nahe gelegenen Berghütte, Willi folgt. Während der Genesung Achims, zu der sich Willi spontan eingeladen fühlt, tischt das fleißige Bienchen Sven den beiden eine Mahlzeit nach der anderen auf, verwöhnt sie mit allen erdenklichen Kleinigkeiten (Achim: "Guter Service!") und bemüht sich in seiner gesellschaftssüchtigen Hilfsbereitschaft, die beiden ungleichen Streithähne zu versöhnen. Die lassen sich die Behandlung gut gefallen und schmarotzen schön vor sich hin; Willi nörgelt nichtsdestotrotz ohne Unterlass, während Achim sich über den schlechten TV-Empfang aufregt: Es ist WM!
Bis zum EllenbogenBis zum EllenbogenBis zum Ellenbogen
Die wird jedoch schnell wieder zur Nebensache, denn dank Svens emsigem Schaffen bildet sich schließlich sogar so etwas wie eine Freundschaft zwischen den drei Männern in der stillen, einsamen Naturkulisse. Dabei zeigt sich, wie gut Dohnányi es versteht, die drei Charaktere gänzlich unaufdringlich mit vielen Facetten zu versehen und lebendig zu zeichnen. Der Zuschauer fühlt sich regelrecht wohl in der Geschichte dieser aufkeimenden Gefühle, die den drei Gestalten bald ganz neue Züge verleihen. Doch bei einem nächtlichen Saufgelage am Lagerfeuer ist Schluss damit: Gerade hat Willi mit stolzgefüllter Brust noch sein selbstgebasteltes "Gurkenbrät" vorgestellt (eine zweifelhafte Kombination aus Nägeln, Strom und einer Gewürzgurke), als Sven in seinem Suff schon darauf fällt und ein spannungsgeladenes Ende findet. Jetzt stecken Achim und Willi bis zum Ellenbogen in der Scheiße: Was tun? Auf nach Sylt mit ihm, besser gesagt zur nördlichsten Halbinsel, dem (genau!) Ellenbogen, um ihm dort die (im angeheiterten Zustand) gewünschte Seebestattung neben seiner verstorbenen Verlobten zu gewähren. Das Wissen von Schwarzgeldkonten in einer dort ansässigen Privatbank, zu denen Sven als Mitarbeiter freien Zugang hatte, übt dabei einen nicht unbeträchtlichen Reiz auf die beiden ungleichen Partner aus.

Es beginnt also eine Odyssee quer durch das fußballverrückte Deutschland '06 mit Leiche im Gepäck, die natürlich häufig in den ungünstigsten Momenten auf sich aufmerksam macht. Aber anstatt daraus eine nochnotpeinliche, dümmliche Blödelei zu machen, entwickelt sich bald ein spritziges, auch ein Stück weit nachdenkliches, aber doch immer zutiefst komisches Road Movie, das seine elegante Leichtigkeit jederzeit zu bewahren vermag. Selbst die Verwesungsgerüche und -geräusche Svens, die schließlich sogar mit einer WC-Reiniger-Mundspülung bekämpft werden, wirken im Film nicht als die plumpen Ekeleffekte, als die man sie aus dem Kontext gerissen verstehen könnte. Der Fokus liegt vielmehr auf Achim und Willi, deren Charaktere auf ihrer Odyssee so manche ungeahnte Seite aufzeigen und neue hinzugewinnen. Das unfreiwillige Duo, von Sven gar noch posthum zur (Zwangs-)Freundschaft verdammt, ist völlig isoliert vom WM-Trubel, der um es herum tobt, sodass sich der Film fast völlig auf die beiden konzentriert, die den Raum mit ihrer Präsenz spielend zu füllen wissen. Meist führt der Weg die beiden durch menschenleere Landschaften; treffen sie dann tatsächlich auf die feiernden Massen, so scheint es fast, als hätte man die beiden nachträglich ins Bild geschnitten, so falsch wirken jene Szenen; sehr erfrischend, einmal auch die zu zeigen, die im allgemeinen Freudentaumel untergehen, und daraus dann kein im Tränenmeer versinkendes Drama, sondern eine leicht melancholische, dabei aber beschwingte und sympathische Komödie zu zimmern.
Bis zum EllenbogenBis zum EllenbogenBis zum Ellenbogen
Bis zum Ellenbogen ist nahezu rundum gelungen. Trotz niedrigem Budget (das ich lediglich in zwei Szenen als störend empfand), manch platterem Spaß und dem dann leider wieder etwas simplem Ende wurde hier mit einem Gespür für Situationskomik und Wortwitz sowie wunderbare Bilder eine intelligente Komödie geschaffen. Die Schauspieler schlüpfen locker in ihre Rollen und haben sichtlich Spaß am Spielen (schließlich kennen sich die drei schon länger); das Glanzstück aber sind die so elegant und gleichzeitig sorgfältig ausgearbeiteten Charaktere, die ihre guten wie schlechten Seiten haben und trotz aller Skurrilität stets natürlich wirken. Dohnányi ist hier ein beachtenswertes Debüt gelungen, dessen unverhältnismäßig schlechte Aufnahme bei vielen Kritikern auf keinen Fall davon abhalten sollte, sich selbst ein Bild von dieser augenzwinkernden Komödie zu machen. Solange man sich nicht zu sehr auf das Genre "schwarze Komödie" versteift oder gar ein Remake von The Trouble With Harry erwartet, sollte man auch nicht enttäuscht werden.

Eine Rezension von Thorsten Schulze
(27. November 2007)
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Daten zum Film
Bis zum Ellenbogen Deutschland 2007
Regie Justus von Dohnányi Drehbuch Justus von Dohnányi
Produktion Element e
Darsteller Jan Josef Liefers, Stefan Kurt, Justus von Dohnányi, Susanne Wolff, Antoine Monot Jr., Katharina Matz, Devid Striesow
Länge 85 min. FSK freigegeben ab 12 Jahren
http://www.ellenbogen-derfilm.de/
Filmmusik Timo Blunck, Ralf Denker, Stefan Will
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