Juan Quin Quin (Julio Martínez) ist ein Abenteurer, der einfachsten Verhältnissen entstammt und sein Brot als Diener der Kirche verdient. Als er durch eine Verkettung kurioser Umstände gemeinsam mit seinem Freund Jachero (Erdwin Fernandez) des Dorfes verwiesen wird, schlägt sich das Duo von nun an quer durch das um irgendwie den Lebensunterhalt zu bestreiten. Ihr Weg führt sie vom Hahnenkampf über eine selbst veranstaltete Corrida bis zur harten Arbeit auf den Plantagen und darüber hinaus unverhofft in die Wirren der kubanischen Revolution. Juan und Jachero schließen sich den Truppen Fidel Castros an, doch der Kampf gegen die Obrigkeit fordert auch seinen Preis...
Julio Garcia Espinosa verschränkt in seiner burlesken Komödie verschiedenste Genres zu einem wilden, genuin kubanischen Cocktail, zu dem sich erst ein entsprechender Zugang erarbeitet werden muss. Stilistisch bedient sich Espinosa sowohl am amerikanischen Western alter Schule (von denen auch der epische Score geprägt scheint) als auch am italienischen Neorealismus und am vornehmlich sowjetischen Stummfilm. Darüber hinaus setzt er diverse Verfremdungstechniken ein, um seine Geschichte in einen spielerischen Kontext zu setzen, was er unter anderem mit dem Einsatz von Schrifttafeln und eingeblendeten Sprechblasen erreicht. Eine Nacherzählung der breit angelegten Handlung, die sich etwas umständlich in langen Rückblicken entfaltet, würde den Rahmen einer gewöhnlichen Rezension sprengen,
so vielfältig und detailreich sind die einzelnen Etappen der beiden Protagonisten ausgefallen. Dramaturgisch folgt der Film den Traditionen des spanischen Schelmenromans und zeichnet auch die beiden Hauptfiguren dementsprechend mitunter unbedarft bis naiv. Juan Quin Quin selbst verkörpert keineswegs das Ideal des heroischen Revolutionärs sondern gerät zufällig in die Wirren der Kämpfe und ist als er sich den Truppen Castros anschließt, noch als gänzlich unpolitisch zu sehen.
Die Biographie des Regisseurs ist eng verknüpft mit jener des Filmemachers Tomás Gutiérrez Alea (DIE ZWÖLF STÜHLE) – beide studierten ihr Filmhandwerk in Italien, gemeinsam drehten sie 1955 den kritischen Dokumentarfilm EL MEGANO , der von der Batista-Diktatur verboten wurde. Beide wurden infolgedessen eingesperrt und entwickelten sich nach der Revolution rasch zu den Vorzeigeregisseuren des neuen Kubas. Für DIE ABENTEUER DES JUAN QUIN QUIN erhielt Espinosa den Grand Prix des renommierten Internationalen Filmfestes in Moskau. Wie für zeitgenössische kubanische Filme üblich ist der Film in vitalen schwarz-weißen Bildern eingefangen und randvoll gespickt mit nationalen Eigenheiten, die auch den sehr speziellen, typisch lateinamerikanischen Humor betreffen. Ebenso typisch ist der ungeschönte und klare Blick auf die Lebensverhältnisse der sozial schwach gestellten Menschen, der mit nachdrücklicher Grimmigkeit gegen die gestürzte Obrigkeit wettert. Beinahe die gesamte Handlung spielt vor dem politischen Umsturz und stellt überzeugend die kochende Stimmung innerhalb des Landes ein. Es ist unter anderem dem agil auftretenden und wandlungsfähigen Hauptdarsteller Julio Martinez zu verdanken, das die sich aufstauende Wut nicht zum zentralen Thema wird. Leicht gedankenverloren wandelt er durch seine Abenteuer, bis er durch äußere Umstände in die Rolle des Aufrührers und Kämpfers gezwungen wird.
Trotz oder vielleicht gerade wegen der eingeschränkten Möglichkeiten der Produktion, bietet DIE ABENTEUER DES JUAN QUIN QUIN beeindruckend gefilmte Landschaftsaufnahmen und eine rasante Montage, die auch mal zu durchschaubaren Tricks greift um den gewünschten Effekt zu erzielen. Angesichts der so klugen wie versierten Handhabung unterschiedlicher Stilmittel kann Espinosas Werk durchaus auch als großes Kino bezeichnet werden, das (ungeachtet des geringen Budgets) sich nicht vor aufwändigen Hollywoodfilmen verstecken muss. Auch tragische Schicksalsschläge und eine Liebesgeschichte ist für Juan Quin Quin installiert, was charakterliche Veränderungen begreifbar und glaubwürdig macht. Auf pathetische Gesten und große Reden verzichtet Espinosa konsequent, denn es ist ihm nicht daran gelegen, eine saubere Heldengeschichte zu zelebrieren. So nahe die Sympathien des Regisseurs auch auf Seiten Castros lagen, so behielt er doch immer einen nüchternen Blick auf die herrschenden Umstände. So kommt auch die Revolution hier nicht nur als große Feier weg sondern auch als harter Kampf – es ist bezeichnend, das Espinosa nicht nur unter Batista aneckte sondern selbst den Unmut Castros auf sich zog. Natürlich nicht mit den gleichen drakonischen Folgen, wie es ihm noch in der vorigen Diktatur ergangen war.
Fazit: Über DIE ABENTEUER DES JUAN QUIN QUIN muss man nicht viele Worte verlieren, da der beherzte und entspannt in Szene gesetzte Film eben nicht unbedingt komplex aufgebaut ist – was nicht zwangsläufig als Kritik verstanden werden muss. Viele Sequenzen gönnen sich gemächlichen Leerlauf, um das Auge des Zuschauers auf beinahe dokumentarisch anmutende Alltäglichkeit zu richten, nur um im nächsten Moment mit Schauwerten aufzutrumpfen oder sich einfach an heiteren Details zu ergötzen. Letztlich also ein vergnüglicher, mitreißender aber auch streckenweise langatmiger Film, der nach einem eher seichten Beginn schnell zu einer adäquaten Form findet.