Seit Scream 1996 das Revival der Teenie- Schocker einleitete, ist dieses Subgenre wieder in. Auch Jim Gillespies Slasher “Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast” schwimmt auf dieser Erfolgswelle. Das Skript schrieb Drehbuchautor Kevin Williamson allerdings schon vor seinem Kulthit mit Neve Campbell- er fand jedoch keinen Abnehmer und konnte es erst an den Mann bringen, als “Scream” zum Riesenerfolg wurde. Bei vorliegendem Film handelt es sich um einen routinierten Schlitzerfilm, der weniger Wert auf Überraschungen oder ausgefeilte Charaktere legt als auf den artig vorgetragenen Horror- Abzählreim. Sprich: Einer nach dem anderen springt über die Klinge, während alles fieberhaft nach dem Mann hinter der Maskierung sucht. Doch Gillespies Opfer werden nicht wie in “Halloween”, “Freitag, der 13.” und Epigonen für die voreheliche Kopulation bestraft. Dafür strickt der Regisseur um das Ganze eine zugegeben nicht ganz uninteressante Geschichte um einen mysteriösen Fischer mit Haken, der sich für einen von den Teenies verschuldeten Unfall rächt.
Die Story setzt an einem Sommertag, genauer gesagt dem 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA, ein. Hier ist eine Gruppe von vier jungen College- Absolventen abends auf einer einsamen Landstraße unterwegs. Helen (Sarah Michelle Gellar), Julie (Jennifer Love Hewitt), Barry (Ryan Phillippe) und Ray (Freddy Prinze Jr.) ahnen noch nicht, in welch große Probleme sie schlittern werden. Aus Unachtsamke
it überfahren sie einen Mann, den sie kurz daraufhin- nach einiger Diskussion- ins Meer versenken. Ihre schreckliche Tat bleibt nicht ungesühnt. Ein Jahr später, wieder am 4. Juli, bekommen die Teenager Drohbriefe. Jemand weiß, was sie letzten Sommer getan haben. Und dann zieht ein Killer in Fischerkutte eine blutige Schneise…
Teenie- Horrorfilme haben einen allgemein eher schlechten Ruf. Außer der Genre- Referenz “Scream” gibt es wenige Exemplare auf diesem Gebiet, die wirklich zu überzeugen wissen. Und tatsächlich fehlt auch “Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast” das nötige Quantum, um als Kulthit genannt werden zu dürfen. “Scream” zeichnete neben den brillanten Zitatespielchen quer durch die Horrorfilmgeschichte und dem cleveren Spannungsbogen die genial platzierte Ironie aus. Diese geht Gillespies Slasher komplett ab. Ebenso versteht es Gillespie nicht, der Geschichte viel Neues abzugewinnen. Einige Klischees werden den ein oder anderen Genrefan schon ein wenig verärgern. Macht aber nichts: Was bei “Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast” herausragt, ist die grandiose Kameraführung. Schon im Eröffnungstitel bei der Fahrt über das Meer ist der Zuschauer in Stimmung gebracht. In der Folgezeit baut Gillespie mit toll düsteren Settings und ebenso düsteren Aufnahmen eine gekonnt stimmungsvolle Grusel- Atmosphäre auf.
Die urbane Schauerlegende, mit der er das Szenario unterfüttert, ist natürlich an den Haaren herbeigezogen. Einen gewissen Charme hat diese aber dennoch. Vor allem auch deswegen, weil sie nicht im Blutrausch untergeht. “Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast” mag blutrünstig sein, dennoch ist der Bodycount vergleichsweise niedrig. Gillespie konzentriert sich mehr auf die gespannte Atmosphäre und lässt mit dezenten Andeutungen des Schreckens die Frage beim Zuschauer aufkommen, was denn dort nun los ist. Das mag für manchen Splatterfreund zuweilen nicht hinreichend sein, doch es fördert die mystische Aura dieser Horrorsaga. Blut wird erst gen Ende vergossen, wenn das Handlungsgerüst auf zwar recht simple, aber dennoch schlüssige Weise aufgelöst wird.
Wer mag, kann “Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast” gleich einen ganzen Haufen Logikfehler unterstellen. Doch akzeptiert man das Gesehene als Legende, fallen diese kaum ins Gewicht. Überhaupt scheint Gillespie sich hier sehr am Fantasy- Genre zu orientieren, was auch die teils surrealen Sequenzen auf der Unabhängigkeitsparade glauben lassen.
“Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast” funktioniert am Besten, wenn man sich von vornherein damit einverstanden erklärt, dass hier mit Genrekonventionen gespielt wird. Das fällt auch gar nicht schwer. Denn neben den schon erwähnten (vor allem handwerklichen) Stärken kann vor allem die Schauspielerriege punkten. Dem Horrorgenre entsprechend spielen die Leistungen der Darsteller im Mittelmaß. Was aber eher zählt, ist ihr Äußeres. Und so bekommen beide Geschlechter etwas geboten. Weibliche Kinobesucher können sich an Ryan Phillippe und Freddy Prinze Jr. ergötzen. Und der männliche Publikumsanteil ist mit Jennifer Love Hewitt und Sarah Michelle Gellar gut bedient. Beide präsentieren sich als wahre Augenweiden und dürfen zur Freude aller Männer mit knapper Bekleidung vor dem gnadenlosen Killer davonlaufen. Vor allem Gellar wird hier ein paar mal (unter anderem als Schönheitskönigin) gebührend in Szene gesetzt, bis sie Bekanntschaft mit dem maskierten Mörder machen muss. Ein Schicksal, das sie 1997 gleich zweimal im Kino ereilte (siehe auch “Scream 2”!) Ein Kurzauftritt von Anne Heche nimmt zudem eine Schlüsselrolle in der Geschichte ein.
Was Jim Gillespie hier hervorgebracht hat, ist sicher nicht die Genre- Revolution der ersten Stunde. Doch Slasherfans werden sich von dem düsteren Teen Summer Movie, der eindeutig auf der Welle von “Scream” schwimmt, sicherlich gut unterhalten fühlen.
Zur Kritik von:
Ich weiß noch immer, was du letzten Sommer getan hast