Transsilvanien Ende des 19. Jahrhunderts: der Glaube an Vampire und die Pfählung von Toten ist hier immer noch Alltag. Der Arzt Dr. John Pierre wird zu Unrecht wegen seiner medizinischen Versuche verurteilt und eingesperrt. Nach wenigen Tagen der Haft wird er auf einmal in ein Gefängnis für geisteskranke Kriminelle unter der Leitung von Dr. Callistratus verlegt. An der Seite des geheimnisvollen Wissenschaftlers darf Pierre wieder im Labor arbeiten, und kommt schnell einem düsteren Geheimnis auf die Spur, das seinen Arbeitgeber Dr. Callistratus und seinen buckligen Diener umgibt...
In den 50er Jahren erblickte ein neues Filmgenre das Licht der Welt, der europäische Gothic Horror war geboren. Dieses Subgenre erlebte einen rasanten Aufschwung und brachte viele Stars hervor. Vincent Price, Peter Cushing oder auch Christopher Lee sind Namen, die heutzutage noch viele Filmfans kennen. Auch Roger Corman sammelte hier viele Lorbeeren in Form seiner Edgar Allan Poe Verfilmungen. Den Höhepunkt erlebte dieses Subgenre bei den Hammer-Studios aus Großbritannien, ein Name, der noch heute oft direkt für das ganze Genre steht. Hammer-Horror, das sind Vampire, schöne Frauen mit tiefen Ausschnitten, Spinnweben, wabernder Nebel und so weiter. Wohliger Grusel in ländlichen Gegenden des Europas des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Leider ist das Genre eigentlich praktisch tot inzwischen, aber die Filme haben es doch in großen Zahlen auf DVD geschafft. Die britischen Hammer-
Studios sind natürlich die bekanntesten Hersteller dieser Filme, aber auch zahlreiche Nachahmer haben es zu mehr oder weniger großem Erfolg gebracht: die Trigon Studios oder auch Eros Film ist hier zu nennen. Eros Film ist eben auch jene Firma, die den hier vorliegenden Film in England verliehen, produziert wurde er wohl aber von einer amerikanischen Firma.
Der Film ist eigentlich ziemlich klassischer Gothic-Horror. "Der Dämon mit den blutigen Händen" beginnt mit einer sehr atmosphärischen Prologsequenz und verarbeitet hier auch viele Motive die man aus anderen Filmen dieser Richtung kennt: ein Toter wird begraben und bekommt einen großen Pflock durchs Herz getrieben, aus Angst der Bevölkerung vor den Vampiren. Hier präsentiert der Film - immerhin Baujahr 1958 - auch schon sogleich einen ersten recht drastischen Effekt. Der Pflock in dem Körper mitsamt Blut wird später noch von einem Kopf im Einmachglas sowie einem aufgespießten Wärter getoppt, so dass der Film für sein Alter überraschend grafisch ist. Nach dieser schönen Eingangssequenz folgt eine Szene in einem Wirthaus, erneut ein beliebtes Motiv in diesen Filmen. Sogleich wird uns der traditionell bucklige Karl vorgestellt, der nicht nur im Gesicht entstellt ist, sondern auch an den Händen gelähmt ist und stumm zu seien scheint. Das Make-Up ist hier wirklich ziemlich gut, das "träge Auge" ist überraschend gelungen, aber leider schwächelt die Maske im Verlauf des Filmes etwas. Absolut klassisch ist dann aber die Grundhandlung des rationalen Menschen, der an das Fantastische gerät, in diesem Falle den bösen Gerüchten über Vampmire und Dr. Callistratus, der aber tatsächlich so manch Leiche im Keller hat.
Eben jener Dr. Callistratus ist vielleicht das beste an dem ganzen Film. Donald Wolfit verleiht dem undurchsichtigen Wissenschaftler eine großartige Präsenz an der Leinwand, erinnert optisch auch sehr an den großen Bela Lugosi. So manch memorabler Satz verlässt seine Lippen und gibt dem Bösewicht einen leicht ironischen Unterton, der ihm mehr Tiefe verleiht. Zu seinen Gefangenen ist er natürlich unmenschlich und sieht sie nur als Versuchskaninchen, doch er wird ausreichend charakterisiert um nicht nur als austauschbarer Bösewicht zu wirken. Dem Drehbuch gelingen darüberhinaus ein paar tatsächlich gelungene neue Aspekte der Vampirthematik hinzuzufügen. Hier werden tatsächlich ausgetretene Pfade verlassen und neue und tatsächlich gelungene Ideen finden Einfluss. Um jetzt nicht zu viel zu verraten sei nur soviel gesagt: Dr. Callistratus ist kein echter Vampir, wie es etwa der englische Titel vorgibt, sondern Mediziner und Wissenschaftler mit einem ganz speziellen Problem. Hierbei weichen die Vampiraspekte schon eher traditionellen Mad-Scientist-Motiven. Diese Thematik führt auch noch zu wunderbaren Ideen, vor allem im dunklen Keller des Anstaltsleiters. Vor allem der eingefrorene Gefangene im Eisblock hat es mir angetan. Hervorzuheben ist noch die deutsche Synchronstimme, die einen herrlichen "KARL!"-Ruf zustande bringt.
Leider leider leider hat der Film aber auch so seine Schwächen. Am auffälligsten, vor allem im Vergleich zu den großen Vorbildern - sprich die Hammer-Filme - ist die mangelnde Ausstattung der Kulissen sowie den sonstigen fehlenden Stilelementen dieser Filme. Normalerweise wabbert hier der Nebel in Aussenszene, Verliese sind mit Ketten verhängt, es gibt zahlreiche rustikale Möbel, Fledermäuse und Ratten machen den Menschen das Leben schwer, und in jeder dunklen Ecke hängen dicke Spinnweben. Bei "Der Dämon mit den blutigen Händen" ist das Bild leider ein anderes, hier ist die optische Gestaltung des Ganzen eher kahl ausgefallen. Die Kulissen wirken wie eben solche und es wirkt irgendwie leicht steril. Dieser Kritikpunkt wirkt aber vor allem im Vergleich mit den Hammer-Produktionen. Viel auffälliger sind dann doch eher die durchaus vorhandenen Drehbuchlücken. Nicht nur gibt es so manch unlogisches Verhalten und Probleme mit der logischen Abfolge des Geschehens, vor allem die suspension-of-disbelief des Zuschauers wird so manches Mal doch sehr herausgefordert. Es gibt Szenen, wo man doch schon sehr die Konstruktion der Geschichte akzeptieren muss und nicht hinterfragen sollte, da das dann doch zu unglaubwürdig erscheint.
Der bekannteste Name im Ensemble des Films ist sicherlich Barbara Shelley, mit der auch auf dem Cover geworben wird. Sie spielte in vielen Filmen der 60er Jahre mit, darunter "Blut für Dracula" oder auch "Quatermass and the Pit". Darüberhinaus war sie noch in vielen TV-Serien zu sehen, ist in diesem Film aber eher Eyecandy, da ihre Rolle zwar nicht unwichtig, aber sehr klein ist. Leading Man Vincent Ball als Dr. John Pierre war unter anderem in "Agenten sterben einsam" mit Clint Eastwood zu sehen. Donald Wolfit der hier eine prima Leistung als Bösewicht abliefert spielte auch in "Lawrence von Arabien" und "Angriff der leichten Brigade" mit. Henry Cass führte bei 15 Filmen Regie, aber keiner von denen scheint sonderlich bekannt zu sein.
Der Film hat es nun auch auf deutsche DVD geschafft, und zwar als Nr. 2 der Reihe "Der phantastische Film" aus dem Hause e-m-s. Und der Name der Reihe passt zur DVD! Der Film wird in ansprechendem Bild (der ist immerhin 50 Jahre alt) gezeigt, und auch der Ton geht in Ordnung. Womit die DVD aber punkten kann ist die absolut liebevolle Aufmachung! Der Film liegt in einem Amaray vor mit schön gezeichnetem Motiv, und das Amaray steckt dann wiederrum in einem Pappschuber mit anderem, aber ebenfalls gezeichnetem, Motiv! Wunderbar, wenn dieses Design beibehalten wird! Vielen Dank mal wieder an die netten Menschen bei e-m-s, die die DVD zur Verfügung gestellt haben.
Fazit: "Der Dämon mit den blutigen Händen" ist ein ganz guter Gruselfilm, der leider rein ausstattungstechnisch nicht ganz mit den großen Hammer-Filmen mithalten kann. Auch das Drehbuch sorgt für so manchen Minuspunkt. Aber punkten kann der Film mit dem tollen Bösewicht, der absolut interessanten Variante der Vampirthematik sowie der gelungenen DVD Veröffentlichung. Vielleicht hätten es vier Sterne auch getan, aber im Hinblick auf hoffentlich kommende Filme dieser Reihe soll es erstmal bei drei bleiben. Die DVD bekommt aber eine absolute Kaufempfehlung, solche liebenswerten Veröffentlichungen sind sicherlich unterstützenswert!