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13 Semester

13 Semester

Ein Film von Frieder Wittich

Sucht man nach Filmen, die sich mit der Studienzeit befassen, landet man automatisch bei amerikanischen Vertretern à la American Pie, welche sich durch primitiv gehaltenen Humor, sowie typische Darstellung fragwürdiger Klischees im Hochglanzformat auszeichnen. Das Studium dient hierbei stets als eine Art Vorwand für Faulenzerei, Party-Eskapaden und willkürliches Paarungsverhalten.

Dass es auch weniger überzeichnet und sehr viel authentischer geht, beweist uns Frieder Wittich mit seiner Komödie aus dem Jahr 2009, welche eine Hommage an die Studienzeit und alles, was sie so besonders macht, sein soll.

Protagonist der Geschichte ist Moritz (Max Riemelt), Anfang zwanzig, aus Wusterhausen, der mit Freund Dirk (Robert Gwisdek) zusammen das lahme Heimatdorf hinter sich lassen und an der TU Darmstadt studieren will. Mit wenig Perspektive, aber großen Erwartungen beginnen für ihn sein Studium der Wirtschaftsmathematik und somit 6,5 Jahre voller Höhen und Tiefen, in denen es die typischen Hürden zu überwinden gilt: allen voran die leidige Zimmersuche.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten bezieht Moritz (genannt: Momo) schließlich eine Wohnung mit Lebemann Bernd (Alexander Fehling), welcher im Laufe der Zeit zu einem engen Freund und Ratgeber wird. Durch ihn lernt er unter anderem seine absolute Traumfrau, die selbstbewusste Architekturstudentin Kerstin (Claudia Eisinger) kennen. Die ersten Semester sind somit geprägt durch die Aufnahm
e in einen neuen Freundeskreis, sowie den ständigen Versuch, Kerstin für sich zu gewinnen. Dadurch werden Dinge wie Vorlesungen oder Seminare schon mal links liegen gelassen.

Als Moritz deshalb aber aus der Lerngruppe seines ehrgeizigen Freundes Dirk geworfen wird, erkennt er, dass das Vordiplom sich wohl doch nicht so einfach nebenbei bestehen lässt. Die letzte Rettung heißt daher Aswin (Amit Shah): ein hochbegabter Kommilitone aus Indien, mit dem er eine eigene Lerngemeinschaft gründet. Doch auch diese Lösung ist nicht von Dauer und selbst das eingeschobene Urlaubssemester in Australien bietet nur kurzweiligen Aufschub.
Nachdem letztendlich auch noch der Versuch, sich als Seifenverkäufer selbstständig zu machen, kläglich scheitert, findet Moritz sich komplett planlos, verlassen und auf der Strecke geblieben vor. Nahe daran, alles hinzuschmeißen, sucht er Zuflucht bei Dirk, der sein Studium bereits erfolgreich abgeschlossen und Karriere gemacht hat. Das Zusammentreffen der ehemals besten Freunde öffnet Moritz die Augen und mündet im Entschluss, weder das Studium, noch Kerstin einfach aufzugeben…
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Soweit, so gut.
Auf Grundlage der Inhaltsangabe könnte man dem Film durchaus vorwerfen, nichts weiter zu leisten, als das Abhaken der immer gleichen Stationen des Studiums, gepaart mit einer Schema-F-Geschichte und stereotypen Charakteren. Zugegebenermaßen stellt die Handlung keine kreative Revolution des deutschen Films dar, aber das will sie auch gar nicht. Worauf es hier ankommt, ist eine liebenswerte und extrem glaubwürdige Umsetzung des Ganzen, gepaart mit vielen frischen Ideen, die einfach Spaß machen.

Die Geschehnisse aus Moritz Studienzeit werden im Zeitraffer wiedergegeben, mal bekommen wir mehrere Episoden zu sehen, mal reicht auch nur eine einzige Szene, um ein ganzes Semester auf den Punkt zu bringen. Diese Art der Erzählstruktur vermeidet Langatmigkeit und erlaubt dem Zuschauer, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.
Die jugendliche Dynamik, die dadurch entsteht, wird verstärkt mit gut platzierten gestalterischen Spielereien, die den Erzählfluss auflockern. Für Situationskomik sorgen unter anderem eingebaute Déjà-vu-Momente und unerwartete Schnitte.
Getragen von lockerem Witz und in Verbindung mit der überzeugenden Leistung des Ensembles entwickelt der Film somit großes humoristisches Potenzial.

Besonders die Besetzung der Hauptperson erweist sich als ideal, da Max Riemelt die Rolle des sympathischen und immer leicht verpeilten Moritz auf den Leib geschneidert scheint.
Als Identifikationsfigur eignet er sich deshalb gut, da ihm der Film die Rolle des Antihelden zuschreibt, welcher auf seinem Weg zum Diplom viele Rückschläge und Misserfolge in Kauf nehmen muss. An diesen Stellen schlägt die Geschichte durchaus ernstere Töne an und nimmt Bezug auf die Kehrseiten des Studierens: Zukunftsängste, Lerndruck und allgemeine Orientierungslosigkeit gestalten den Weg zum „Leben als Erwachsener“ unerwartet steinig.
Somit wirkt das Gezeigte oft wie aus dem Leben gegriffen, denn es präsentiert uns die Studienzeit als das, was sie nun mal ist: ein äußerer und innerer Reifeprozess, bei dem neue Freunde und Erfahrungen gesammelt werden, aber auch so mancher Wunschtraum auf der Strecke bleiben muss.

Das Spiel mit Stereotypen, welches dem Film teilweise vorgeworfen wurde, bewerte ich hierbei keinesfalls negativ, denn es handelt sich trotz ruhiger Momente immer noch um eine Komödie, deren Erfolg nun einmal auf leicht(!) überzeichnender Darstellung beruht. So kann man sich zwar daran stoßen, dass gerade ein Inder für die Rolle des Mathegenies herhalten muss (was nebenbei bemerkt für ein paar der lustigsten Szenen sorgt), jedoch sollte man dabei nicht den Aspekt aus den Augen verlieren, welcher einen der größten Pluspunkte des Films bildet: nämlich die Figurenentwicklung.
Nicht nur Moritz, sondern auch jeder seiner Freunde durchläuft im Fortgang der Geschichte einen Wandlungsprozess, welcher ihn am Ende merklich von der Person unterscheidet, die uns zu Beginn vorgestellt wurde. Die Figuren entwachsen gewissermaßen ihren eigenen Stereotypen und treten uns zu guter Letzt als deutlich gereifte Persönlichkeiten gegenüber. Ein schönes Beispiel dafür bietet das Gespräch zwischen Moritz und dem erfolgreichen Studienabgänger Dirk, welcher rückblickend erkennt, dass Arbeit und Disziplin, die ihm immer so am Herzen lagen, letztendlich doch nicht alles sind, was zählt.
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Dass der Streifen gewissermaßen auch ein Nostalgieprodukt ist, merkt der aufmerksame Zuschauer an der stellenweise nicht ganz zeitgemäßen Darstellung von Studentenwohnungen- und kleidung (man denke dabei an die aktuell sehr beliebte Ausstattung mit Hornbrille, Markenkleidung und Macbook). Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass der Film auf eigenen Erfahrungen von Frieder Wittich und Co-Autor Oliver Ziegenbalg beruht. Schmälern tut es die Qualität des Werkes aber nicht.

Was schlussendlich auf keinen Fall unerwähnt bleiben darf, ist die Untermalung des Ganzen mit einem abwechslungsreichen, stimmungsvollen Soundtrack. Hervorgehoben sei dabei das Mitwirken der Berliner Band Bonaparte, die neben dem berühmten Titelsong „Anti Anti“ auch einen Gastauftritt beisteuerte, der Tempo in den vergleichsweise eher ruhigeren Verlauf der Geschichte bringt.

Aber 13 Semester ist eben kein lauter, übertriebener Genrefilm mit Hau-Drauf-Humor, sondern eine kleine Huldigung an die bekanntermaßen besten Jahre des Lebens, der trotz humorvollem Grundton durchaus relevante Thematiken anspricht und mit Lebensnähe, sowie liebevoller Umsetzung zu begeistern vermag.
Fazit: Absolut sehenswert, ob nun für Studenten, Ehemalige oder alle, die es mal werden wollen!

Eine Rezension von Caren Pauli
(08. Mai 2012)
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Daten zum Film
13 Semester Deutschland 2009
Regie Frieder Wittich Drehbuch Frieder Wittich, Oliver Ziegenbalg
Produktion Jakob Claussen, Uli Putz Kamera Christian Rein
Darsteller Max Riemelt, Robert Gwisdek, Alexander Fehling, Claudia Eisinger, Amit Shah, Dieter Mann
Länge 101 Minuten FSK 0
Filmmusik Oliver Thiede
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