Schon mehrere Male hier erwähnt, ist er nun doch endlich mal zentrales Subjekt unseres Interesses: „Panik in New York“ aka „The Beast from 20.000 Fathoms“ (was übrigens herzlich wenig Sinn macht weil das Meer nicht ansatzweise so tief ist), war nicht nur ein echter Überraschungshit und Kassenschlager, sondern vielmehr war diese Billigproduktion auch noch Inspiration für den legendären
Godzilla und erhielt darüber hinaus noch ein Remake vom selben Regisseur, das neulich erst hier unter dem Titel
Das Ungeheuer von Loch Ness auftauchte und gerade durch die Verbindung mit dem großen Grünen aus Japan sowie der „Umbesetzung“ von Ray Harryhausen durch dessen Lehrmeister Willis O'Brien filmhistorisch interessant erscheint.
Professor Tom Nesbitt nimmt an der Operation Nordpol teil: dabei wird eine Atombombe in der Arktis getestet, was fatale Folgen haben wird. Als Nesbitt verschiedene Messstationen im Gebiet nach der Explosion ablesen will, verliert er nicht nur seinen Kollegen sondern sichtet auch noch ein gigantisches Tier im ewigen Eis. Halberfroren findet er sich im Krankenhaus wieder, doch niemand glaubt ihm natürlich. Erst als eine Spur der Verwüstung von der Arktis Richtung New York ersichtlich wird und Augenzeugen dasselbe Tier beschreiben, wird ihm Glauben geschenkt. New York sieht sich einem 100 Millionen Jahre
alten „Rhedosaurus“ gegenüber, der zu allem Überfluss auch noch prähistorische Krankheitserreger mit sich trägt, also auch nicht einfach gesprengt werden kann...
„Panik in New York“ ist eine interessante Erfahrung, wenn man ihn wie ich nach Godzilla und dem Remake gesehen hat. Dieses besitzt nämlich vor allem in den Monsterszenen 1:1 Übernahmen, so dass sich durchaus öfter ein gewissen Deja-Vu einstellt. Auch etliche Szenen mit den menschlichen Darstellern lassen sich wieder erkennen, so dass „Panik in New York“ wie der Loch Ness Streifen wirkt, wenn man aus diesem die offensichtlichen Godzilla-„Inspirationen“ entfernt und durch den obligatorischen Subplot mit einem weiblichen Love-Interest ersetzt. Dieser wirkt übrigens äußerst konstruiert und erzwungen, so dass dadurch weniger „romantische“ als vielmehr wirklich massig „awkward“ Szenen entstehen. Denn dass die weibliche Darstellerin nicht mehr zu tun hat als Nesbitt anzuhimmeln versteht sich ebenso von selbst wie das die Dialoge zwischen den beiden manchmal doch äußerst peinlich wirken. Ansonsten ist aber die Inszenierung gerade am Anfang äußerst gefällig: „Panik in New York“ beginnt richtig spannend im ewigen Eis, der Film baut hier eine tolle Atmosphäre auf – und enthüllt das Monster auch schon ziemlich deutlich.
Womit wir bei einem wichtigen Punkt wären, der bei solchen Billigproduktionen (das Budget betrug ungefähr 200.000$) immer etwas fragwürdig wirkt: die Spezialeffekte. Niemand geringeres als Ray Harryhausen, Schüler von Willis O'Brien, war für die Stop-Motion-Animation zuständig und sorgt damit natürlich für einen enormen Anteil des Erfolgs des Films – sein Name scheint untrennbar mit dem Streifen verbunden zu sein. Mit der Erschaffung des Rhedosaurus hat Harryhausen trotz der eingeschränkten finanziellen Mittel wirklich ganze Arbeit geleistet. Mit nur einem Modell zur Verfügung zaubert die Tricklegende flüssige Animationen des Urviehs auf die Leinwand, lässt es einen Leuchtturm niederreißen und sogar ein massives Haus durchbrechen. Die Tricks sind in ihrer altmodischen Machart einfach ganz wunderbar und besitzen die vielbeschworene „Seele“, die manchen CGI-Spektakeln dann halt doch irgendwie abgeht. Häufig lassen sich zwar die Bildhintergründe als solche erkennen, aber das weniger in den Monsterszenen als vielmehr in den Szenen mit Schauspielern: es wird oft ersichtlich, dass im Studio und nicht in New York gedreht wurde, aber das ist nur eine Kleinigkeit am Rande.
Viel interessanter ist dann das Finale: inmitten eines Vergnügungsparkes macht das Biest aus 20.000 Faden Tiefe eine Holzachterbahn platt und setzt diese in Brand. Tricktechnisch spektakulär, inszenatorisch fein gelöst, aber in der Narrative leider als Finale nicht vollends überzeugend. Nicht nur, dass die Lösung für das Virenproblem (ein Plotpoint wie im Remake) völlig aus dem Hut gezogen wird, vielmehr findet sich im Finale kein „Sense of Urgency“ in irgendeiner Art und Weise. Anstelle das Monster den ganzen Vergnügungspark plattmachen zu lassen und sich dabei Scharmützel mit der Armee zu liefern, begnügt sich der Rhedosaurus bzw. Regisseur Lourié bzw. Trickmeister Harryhausen damit, eine Achterbahn äußert gemächlich zu zerlegen, während unser Held Nesbitt sowie die Armee einfach darum herumsteht. Mit einer Seelenruhe erledigt dann ein Scharfschütze seinen Job, ohne in wirkliche Gefahr zu geraten – übrigens von niemand anderem gespielt als Lee Van Cleef, den man kaum erkennt! Der Spezialist für Italo-Western lässt sich halt nunmal auch nicht von einem amoklaufenden Riesenmonster aus der Ruhe bringen. Insofern ist der eigentliche Showdown eher antiklimaktisch, was wie eine verschenkte Chance wirkt.
Andererseits kann auch die restliche Inszenierung nicht immer vollends überzeugen. Eine Szene fällt dabei ganz besonders auf: als ein Team auf Tauchstation geht um den Rhedosaurus zu finden, schneidet Regisseur Lourié immer wieder auf einen Hai, der gegen einen Tintenfisch kämpft. Nicht nur, dass das ganze mit der Story rein gar nichts zu tun hat, zu allem Überfluss wird auch noch deutlich erkennbar, dass der Kampf in einem Aquarium gedreht wurde. Weder weiß man, ob der Film damit etwas aussagen will, oder einfach die Laufzeit gestreckt werden soll nach dem Motto „Wenn wir das Stock Footage schon einkaufen, dann benutzen wir es auch.“ - die Italiener wie Bruno Mattei hätten es nicht schlechter hinbekommen. Auch wirken viele Sets leider ziemlich kahl, was ihre Setherkunft noch deutlicher werden lässt. Ansonsten ist die Inszenierung aber gelungen, das Tempo hoch, die Szenerien abwechslungsreich, und letztendlich sieht man dem Film seine Low-Budget Herkunft nicht zuletzt aufgrund der fantastisch getricksten Monsterszenen eigentlich nur selten an.
Zusammenfassend bekommt der Film also einen Stern mehr als sein Remake: als Vorläufer von Godzilla und quasi-Showcase für Ray Harryhausen kann zwar die Inszenierung nicht immer vollends überzeugen, dies schadet dem Film in seinem Klassikerstatus aber keineswegs, sondern ist viel mehr seiner Low-Budget-Herkunft sowie natürlich dem Filmalter zuzurechnen.