Auch interessant |
Meist gelesen¹ |
¹ gilt für den aktuellen Monat
|
|
Babel |
RSS 1.0 |
|
|
Babel
Ein Film von Alejandro Gonzalez Iñárritu
Das Problem der Kommunikation ist allgegenwärtig, denn egal wo man sich befindet immer sind irgendwo welche Sprachbarrieren vorhanden, die es uns nicht ermöglichen mit unseren Mitmenschen zu kommunizieren. Der Film Babel greift dieses hoch komplexe Thema auf und versucht dieses anhand von mehreren Handlungssträngen gekonnt darzustellen. Und wer wäre besser für ein solches Projekt geeignet, als Regisseure Alejandro Gonzales Innaritu. Schon mit „Amorres Perros“ hat sich der gebürtige Mexikaner einen Namen gemacht. Kurz darauf folgte „21 Gramm“, welcher dieses Ausnahmetalent in die obigen Reihen der Regisseure hievte.
In Marokko schießen zwei Jungs mit dem neu gekauften Gewehr des Vaters aus Langeweile in der Gegend herum. Eigentlich ist die Waffe einzig dafür gedacht, um Kojoten zu töten, damit sich diese nicht an den Schafen vergreifen. Doch bald fangen die Jungs an auf Autos zu schießen, und ehe sie sich versehen, haben sie auch schon ein Frau erwischt. Ihr Name ist Susan (Cate Blanchett). Sie ist zusammen mit ihrem Mann Richard (Brad Pitt) und einer Reisegruppe unterwegs. Eigentlich wollten sie den Trip nach Marokko nützen, um die zerbröckelte Ehe zu retten.
Weit weg in den sicheren USA passt die Mexikanerin Amelia (Adriana Barazza) auf die Kinder des Pärchen auf. Sie freut sich schon auf die kommende Hochzeitsparty ihres Sohnes. Da Richard keinen Ersatz für sie gefunden hat, ist Amelia gezwungen noch länger auf die Kinder aufzu passen. So begeht sie eine törichte Entscheidung, sie nimmt sie einfach mit nach Mexiko.
Auf der anderen Seite der Welt sucht das gehörlose Mädchen Chieko (Rinko Kikuchi) verzweifelt Annerkennung und Liebe, ohne dabei fündig zu werden.
Babel ist somit der letzte Film seiner Episodentriologie, doch unterscheidet sich dieser durchaus von seinen Vorgängern. Denn während in „21 Gramm“ und in „Amorres Perros“ sich die Schicksale der verschiedenen Charaktere kreuzten, ist das hier nicht unbedingt der Fall.
Natürlich, die Geschichten der zwei marokkanischen Kinder, die aus Langeweile auf einen Bus schießen und dabei ein amerikanisches Touristenpärchen treffen hängen schon zusammen. Aber die anderen beiden Handlungsstränge, welche in Mexiko, so wie auch in Japan spielen, haben keine Auswirkung auf diesen Plot.
Das ist aber auch nicht weiter schlimm, denn Alejandro verdeutlicht ein weiteres Mal, dass er ein wahrer Meister der Bildsprache ist. Ohne viele Dialoge schafft er es den Charakteren so viele Emotionen zuzuschreiben, dass es für den Zuschauer ein Leichtes ist mit ihnen mitzufühlen. Ein gutes Beispiel wäre wohl der Gang des taubstummen japanischen Mädchens Chieko in die Disco. Ein ständiges Wechseln zwischen lauter Musik und der beängstigenden Stille verdeutlicht, wie sie sich fühlen muss und mit welchen Problemen sie zu kämpfen hat.
Man benötigt für so ein Charakterkino grandiose Schauspieler, und natürlich sind diese auch vorhanden. Zu Brad Pitt und Cate Blanchett muss man wirklich nichts mehr sagen, da diese wieder mal eine tolle Leistung abgelegt haben. Eine richtige Neuentdeckung, zumindest fürs westliche Kino, ist wohl die junge Japanerin Rinko Kikuchi. Mit einer Selbstverständlichkeit wird der Charakter der Chieko gespielt, so als ob sie schon immer taubstumm gewesen wäre. Ebenfalls gefällt das mexikanische Kindermädchen Amelia, gespielt von Adriana Barazza. Anfänglich noch voller Vorfreude auf die Hochzeit, durchlebt sie im weiteren Verlauf einen waren Albtraum und verliert am Ende ihre ganze Existenz. Wirklich zu Recht sind diese beiden Frauen für den Golden Globe nominiert und haben auch sicherlich gute Chancen auf eine Oskarnominierung.
Es sind lediglich Kleinigkeiten, die den ganz großen Wurf verhindert haben. Man kann durchaus von ein paar Längen sprechen, denn auch wenn die Geschichte packend und emotional inszeniert ist, wünscht man sich an ein paar Stellen eine kleine Straffung. Von der Länge mal abgesehen, hätte man auch beim Wechsel der Geschichten nicht ganz so grob sein sollen. Beinhart wird da von der einen auf die andere Geschichte gewechselt. Genau dann wenn man sich wünscht noch ein bisschen am Platz zu verharren, schreitet die Story voran. Ehe man sich versieht, befindet man sich wieder am anderen Ende der Welt. Das führt einerseits dazu, dass man immer am Ball bleibt, da man wissen will wie die Geschichte weitergeht. Leider wird es für den Zuschauer durch diesen Wechsel schwer, sich mit Leib und Seele in den Film zu verlieren. Es wird nicht ganz so schnell hin und her gesprungen wie in „21 Gramm“, aber ab und zu hätte man sich schon gewünscht, dass die Kamera noch ein bisschen länger draufhält.
Abgesehen von diesen Punkten bekommt man einen grandiosen Episodenfilm geboten, der mit allen aufkommt, was man von so einem Werk erwartet. Spannung, Emotionen und tolle Schauspieler, die mit einer spielenden Leichtigkeit den Film tragen und somit eine wunderbare Trilogie abschließen.
Kommentar schreiben | Einem Freund empfehlen
|
Kommentare zu dieser Kritik
|
Florian TEAM sagte am 04.01.2007 um 19:57 Uhr
Hab bei dem Hin- und Herspringen der Szenen einen richtigen "Kulturflash" bekommen.
Längen sind mir aber keine aufgefallen, dazu hat mich das Geschehen viel zu sehr mitgerissen und fertig gemacht. |
Axel sagte am 09.01.2007 um 11:07 Uhr
Ich habe viele Meinungen zu dem Film gehört. Zusammengefasst kann ich sagen, dass die Kritiker den Film loben, der normale Zuschauer (ohne Zugang zum Arthouse Kino) den Film schlecht findet.
Mit diesem Wissen habe ich mir den Film gestern angesehen.
Meine Wertung ist unterschiedlich. Der Film hat weniger Unterhaltungswert als beispielsweise 21 GRAMM. Ich denke, er ist mit Pitt und Blanchet in sofern falsch besetzt, da er dem standard Zuschauer vorgaukelt, er würde einen Unterhaltungsfilm sehen. Das ist nicht der Fall, es ist definitv ein Art House Film.
Durch die verschiedenen Episoden schafft es der Zuschauer in meinen Augen nur schlecht, sich emotional an den Film zu binden. Aus diesem Grunde geht das ganze Geschehen mehr oder weniger spurlos an einem vorbei. Ich würde den Film an sich daher als einen grauen Brei bezeichnen. Allerdings gibt es immer wieder Momente, die erstklassig inszeniert sind, die aus diesem Brei heraus stechen.
Ein Beispiel ist die Notoperation von Susan, ohne Betäubung mit einer Stricknadel. Der Schrei, den sie ausstößt bleibt lange erhalten und schmerzhaft, da sofert umgeschnitten wird auf das Mädchen aus Japan, allerdings ohne Ton, wir hören also, was sie hört ... nichts. Nachdem der Schmerzensschrei in unserem Inneren verhallt ist, leiden wir schon wieder mit dem tauben Mädchen. Eine grandiose Stelle.
Zusammengefasst sage ich ... den Film empfehle ich niemandem, der sich nicht wirklich mit dem Thema Film intensiv auseinander setzen möchte. Der Film ist in meinen Augen lediglich eine Bereicherung an teilweise neuen und interessanten Ideen der Regieführung ... mehr aber auch nicht. |
sagte am 17.01.2007 um 12:37 Uhr
Da ich mit dieser Kritik sehr unzufrieden bin, möchte ich eine eigene hinzufügen:
Arrogant war das Menschenvolk zu der Zeit, als es nur eine Sprache besaß. Einen Turm wollte es bauen, "mit einer Spitze bis zum Himmel". Der entzürnte Gott, so berichtet es das Buch der Bücher, verwirrt die Menschen daraufhin, indem er die einheitliche Sprache zerschlägt, und die Menschen seither unter Kommunikationsschwierigkeiten leiden lässt. Dieser biblischen Geschichte ist der Name des Films "Babel" entnommen, ohne dass diese dort jemals zitiert wird. Der Turmbau zu Babel, das ist der Kontext in dem sich Alejandro González Iñárritus großartiger Themenfilm bewegt.
Gonzáles erzählt im weitesten Sinne über die Auswirkungen jener göttliches Strafe und hält ihr die Globalisierung entgegen. Menschenschicksale sind miteinander verbunden und dieses Band reicht von Marokko bis Mexiko, von der USA bis nach Japan. Das Menschenvolk, das sich nun längst nicht mehr versteht, lebt miteinander, gewollt oder ungewollt, und so wird jede Tat zwangsläufig Auswirkungen auf das Leben vieler haben.
Kern des Films ist ein Schuss, ausgelöst von zwei marokkanischen Bauernjungen, der eine amerikanische Touristen trifft. Dieser Schuss ist ein kleiner Urknall, er lässt immer mehr kleine (Handlungs-)Kosmen entstehen, die Kettenreaktion ist nicht aufzuhalten. Was Böses hat niemand gewollt, doch die Menschen verstehen sich ja bekanntermaßen nicht mehr, und können sich einander nicht mehr erklären. Es kommt, was kommen musste: Es fließt etwas Blut und viele Tränen.
Was Alejandro González Iñárritu mit seinem Film erreicht, ist wirklich eine seltene Ausnahmeerscheinung in der aktuellen Medienlandschaft. Er hat einen Film inszeniert, der tatsächlich etwas zu erzählen hat. Über die Größe der Welt, über Menschlichkeit, über die Notwendigkeit von gegenseitigem Verständnis. Und er erzählt es klug, ehrlich, ohne Pathos und filmisch äußerst ansprechend. Ähnlich wie Paul Thomas Andersons "Magnolia" schafft es Iñárritus "Babel", verschiedene Episoden so dicht und dramaturgisch ausgereift aneinanderzureihen, das ein Ganzes und kein bloßes Stückwerk entsteht. Doch versinkt der mexikanische Regisseur (anders als sein amerikanischer Kollege) dabei nicht in Kraftmeierei. Alejandro González Iñárritu erzählt pur und belebt doch ganz nebenbei das filmische Epos wieder.
Die ganz große Leistung gelingt jedoch dem Schauspielerensemble. Allen voran Rinko Kikuchi als taubstummes, japanisches Schulmädchen, das sich nichts weiter wünscht, als endlich mit einem Mann zu schlafen. Bis hierhin schafft es der Regisseur sein Thema "Kommunikationsprobleme" zu dehnen - bis hin zum Körperlichen.
Letztlich geht es in Kikuchis Episode auch um Versöhnung mit ihrem Vater. Vielleicht ist es das, was sich Alejandro González Iñárritu wünschen würde: Das wir uns endlich alle mit unserem Übervater versöhnen, damit er endlich zulässt, das wir uns wieder verstehen. |
Axel sagte am 17.01.2007 um 14:46 Uhr
Der Film ist logisch und rational betrachtet so sehr gut beschrieben und sicher kann man ihm auf Grund dieser Erkenntnisse auch Bestnoten geben.
Emotional funktioniert er aber überhaupt nicht, was nicht unbedingt am Regisseur selber liegen muss, es mag sein, dass es ein Problem des Episodenfilms an sich ist. Es ändert aber nichts daran, dass der Film in seinem emotionalen Teil nicht stark genug ist. |
sagte am 20.01.2007 um 12:37 Uhr
Es muss ja nicht alles was sehr gut ist, sehr emotional sein. |
Axel sagte am 20.01.2007 um 12:42 Uhr
Ja, das stimmt sicher, aber ein Film, der Dich nicht berührt ist halt nur einseitig gut und daher keine 6 Sterne wert. |
Florian TEAM sagte am 02.02.2007 um 23:01 Uhr
So wie es aussieht steh ich mit meiner Wahrnehmung von "Babel" ziemlich alleine da, aber mich hat der Film emotional sehr mitgenommen und viel bei mir hinterlassen. Für das Hin- und Herspringen der Handlungsstränge bin ich nur dankbar, es hat das Ansehen für mich etwas erträglicher gemacht. |
legolars sagte am 09.02.2007 um 15:50 Uhr
Ich fand den Film auch sehr emotional, aber nicht so wie bei 21 Gramm was daran liegt, dass Babel ein Episodenfilm ist und der Zuschauer selber mit seinen eigenen Emotionen, die er für die grade gezeigten Akteure entwickelt hat, hin und her springen muss, so dass es schwer wird zu jeder Person einen emotionalen Bezug herzustellen. Hat aber Inarritu wieder toll hinbekommen selbst in intimen Momenten eine große Emotionalität zu schaffen und diese perfekt mit der Kamera einzufangen. |
Asokan TEAM sagte am 09.03.2007 um 23:35 Uhr
Schon seit dem Jahr 2000 beschert uns Regisseur Alejandro González Iñárritu in schöner Regelmäßigkeit - also, alle drei Jahre - einen episodenhaft strukturierten, zeitlich und räumlich quer herum springenden Film, in dessen Zentrum stets ein durch menschliche Fehler verursachtes Unglück steht, das für alle Beteiligte weitreichende Konsequenzen hat.
War das in "Amores perros" (2000) noch recht ansprechend, berührend, rasant, lebendig und erinnerte im Erzählstil etwas an "Pulp Fiction", so stießen einem in dem chronologisch völlig wirren, aber grandios gespielten, hochemotionalen und fabelhaft fotografierten "21 Grams" (2003) die eindimensionalen Figuren und die unnötig überbordende Laufzeit schon etwas übel auf.
Der von allen drei Filmen am meisten gelobte "Babel" jedoch ist auch der enttäuschendste. Sicherlich geht es hier um den globalen Effekt eines einzigen unbedachten, tragischen Schutzes, ebenso wie es um Verständnisprobleme und Vorurteile zwischen und innerhalb der Kulturen, den Verlust der Kindheit, die schwierige Phase sexuellen Erwachens, und vielem vielem mehr geht. Nur wird das hier alles so sinnleer, berechenbar und substanzlos erzählt, daß man schnell wegnicken würde, gäbe es da nicht die gewohnt kraftvolle Kameraarbeit, den dynamischen Schnitt, die elektrisierende Musik und die stets solide Besetzung, die man Iñárritu mittlerweile erwarten darf, der wieder mal zwischendurch Menschen zu bedächtiger Musik herumirren läßt, um irgendwie an Tiefe zu gewinnen und Relevanz zu erzwingen. Viel neues oder interessantes hat er aber weder zu zeigen, noch zu erzählen, oder gar zu sagen. Eine milde, mittelprächtige Enttäuschung, die schnell wieder vergessen ist. Schade. |
Zombie-mower TEAM sagte am 12.03.2007 um 02:51 Uhr
Ich gebe Aso hier vollkommen recht.
Babel ist eine herbe Enttäuschung. Doch die schauspielerische Leistung von Cate Blanchett und Rinko Kikuchi, sowie insbesondere vom Vater des taubstummen Mädchens und Oldboy-Darsteller Min-sik Choi, sind grandios. Auch hat mir das Kindermädchen Maria sehr gut gefallen.
Doch das Gesamtbild, geformt durch die Inhalte der drei Episoden und die langatmige Filmweise, ist sehr fade.
Besonders die Szene in der Marokko-Wüste erscheint sehr lange-weilig, an inhaltlichem Wert minimal und unbeeindruckend.
Bei der Geschichte um das illegal immegrierte mexikanische Kindermädchen kommt endlich Schwung in der Erzählweise auf und endlich wird man von der Erzählung gepackt. Um ehrlich zu sein, war ich nur bei dieser Episode interessiert wie sie ausgeht. Die anderen haben mich total kalt gelassen.
Das Nachfühlen mit den Charakteren und die emotionale Identifizierung in den jeweiligen Situation fiel mir größtenteils schwer.
Die Geschichte um die Taubstumme war sehr interessant in der Chemie der Schauspieler und ihrer jeweiligen Leistungen. Vor allem Kikuchi und ihr Filmvater Choi waren großartig. Wie sie zusammen diese sensible, bruchhafte, von einem schweren Trauma erschütterte Vater-Tochter-Beziehung darstellten war superb und nicht besser zu spielen. An den Stellen, wo die beiden Schauspieler gemeinsam auftraten hatte mir die Kameraarbeit sehr gefallen. Schöne ruhige Nahaufnahmen, in denen die Schauspieler richtig aufgehen konnten.
Dafür hat der Schluss, mit des Mädchen sehnlichsten Wunsch, den ermittelnden Polizisten zu verführen, alles zunichte gemacht.
Was bleibt ist ein lauer Nachgeschmack. |
travisbickle TEAM sagte am 03.09.2009 um 15:49 Uhr
In diesem noch frischen Jahrtausend gab es wenige Filme, die mir besser gefallen haben als "Babel" - endlich läuft Innaritus Meisterwerk zum ersten Mal im Free-TV: Heute abend um 23:00 Uhr in der ARD! |
Willem sagte am 10.12.2011 um 23:49 Uhr
Überall wird erzählt, daß das Gewehr neu gekauft worden sein soll....
Blödsinn, der Vater des japanischen Mädels hat es seinem marokkanischen Jagdführer geschenkt.
wenn schon schreiben, dann vorher: "Sitz und guck!"
Nur dann kommt Babel zu seinem Recht. |
Kommentar schreiben | Einem Freund empfehlen
|
|
Impressum
|