Lisa lädt ihre Freundin Margaret ein, die Weihnachtsferien zusammen mit ihren Eltern zu verbringen, woraufhin die beiden den nächsten Zug nehmen und außer einer öden Fahrt und noch „beschaulicheren“ (sprich: langweiligeren) Ferien nichts Großartiges erwarten.
Doch scheinbar haben sie den letzten Zug links gewählt, denn im Abteil treffen sie 2 kleinkriminelle Schläger in Begleitung einer seltsamen Dame, die nichts Gutes im Schilde zu führen scheinen.
Die naiven Mädchen erkennen die Gefahr etwas zu spät und da sitzen sie auch schon in der Falle:
Auf dem Nachtzug nach Verona beginnt für die beiden unschuldigen Girlies ein nicht enden wollender Alptraum aus Folter und Vergewaltigung, der den schlimmstmöglichen Ausgang nimmt.
Durch Zufall finden sich die Schläger und die scheinbar wohlhabende, jedoch vollkommen pervertierte Dame bei den Eltern Lisas wieder , die von dem Schicksal ihrer Tochter erfahren und grausame Rache nehmen.
Die Handlung kommt euch bekannt vor?
Ist ja auch kein Wunder: „Night Train Murders“ der bei uns den sinnigen Titel „Mädchen in den Krallen teuflischer Bestien“ trug, ist ein dreistes Rip-Off von Wes Cravens „The last House on the Left“ (bei uns bekannt als „Das letzte Haus links-gut wenigstens einmal ein Titel der originalgetreu übersetzt wurde…..) - nur eben auf Schienen.
Regisseur Aldo Lado, der uns schon Genreperlen a la „Short night of the glass dolls
“ oder „Who saw her die?“ bescherte, gibt seinen Ideenklau auch freimütig zu - aber wen kümmerts?
Denn „Late Night Trains“(einer der unzähligen Alternativ-Titel des Films) ist in allen Belangen ein besserer Film als Wes Cravens etwas überschätztes Vorbild-unfehlbar ist der Streifen zwar auch wieder nicht, aber kommen wir zunächst zum Positiven.
Wo Cravens (Mach-)werk mit dilettantischen Schauspielern, eigenartigen comic relief-Sequenzen und Billigst-Produktion im wahrsten Sinne des Wortes folterte, ist Aldo Lados „Neuinterpretation“ ein ideales Beispiel dafür, wie es die Italiener verstehen sogar dem schmutzigsten und düstersten Exploitation - Film Unmengen an Style zu verpassen: Clevere Kamerafahrten wechseln sich mit einer ausgezeichneten Farbgestaltung bzw. Ausleuchtung ab. Der Soundtrack wurde von Maestro Ennio Morricone(Stammgast sowohl bei zahllosen Spaghettiwestern als auch bei ebenso vielen Gialli und Eurocult-Streifen) beigesteuert. Und bei aller Kritik die der Mann einstecken musste - ich kenne wahrlich keine besseren Filmkomponisten als ihn. Wiedereinmal verwöhnt er den Zuschauer mit eingängigen Kompositionen und zitiert sich dabei sogar selbst. Einer der Schläger spielt eine ziemlich beunruhigende Melodie auf - ja woll-einer Mundharmonika, ganz sowie Charles Bronson in Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Bei den Titel-und Endcredits bekommt man dann noch einen kultigen Song von Demis Roussos (der Mann mit der Kopfstimme, der u.a. auch den Hit „Goodbye my love, Goodbye“ schmetterte) dargeboten - Regisseur Lado dürfte Schlager-Fan sein, den schon in „Short night of the Glass Dolls“ setzte er Jürgen Drews singenderweise ein.
Alle Darsteller agieren solide, im Gegensatz zum Craven-Original das zu einer David Hess - One Man Show wurde. Zwar sind keine herausragenden Leistungen zu vermelden, aber überzeugen können vor allem Flavio Bucci, bekannt als Pianist der Ballettschule aus Dario Argentos „Suspiria“ und Genre-Haudegen Enrico Maria Salerno.
Atmosphärisch gehört der Film auch zum Besten was man im (italienischen) Genre-Kino zu Gesicht bekommen kann.
Denn Aldo Lado versteht es, wie schon in seinen empfehlenswerten Vorgängerwerken, eine düstere und unheilsschwangere Atmosphäre der ständigen, lauernden Bedrohung zu schaffen- die durch das klaustrophobische Zugsetting und den „unheimlichen“ Soundtrack nur noch verstärkt wird.
Tarantino - Protegé Eli Roth ließ sich dadurch zu seinen Zugsequenzen in „Hostel 2“ inspirieren - nicht das schlechteste Vorbild, würde ich sagen.
Die teils derbe Rape and Revenge - Handlung von „Night Train Murders“ gerät leider dennoch streckenweise etwas behäbig und ausladend- da hätte ein wenig Straffung gut getan.
Lado scheint zudem in diesem Film weitaus exploitation-freudiger zu sein, als in seinen anderen Werken - weshalb noch anzumerken sei, dass der Film nichts für zarte Gemüter ist. Denn was den armen Mädchen auf ihrem Zugtrip in die Hölle angetan wird, ist schon ziemlich heftig und auch ebenso inszeniert, wie schon die Screenshots andeuten.
Dem relativ jungen englischen Label Shameless Films ist es zu verdanken, dass dieser Klassiker des Paracinemas nun auch in Europa in einer komplett ungeschnittenen Fassung vorliegt. Bei britischen Onlinehändlern wie zB amazon.co.uk kann man sich so eine schöne ganz in „Giallo“(gelb) gehaltene DVD nach Hause holen, die zwar tontechnisch weniger überzeugen kann, dafür aber das Auge mit remasterter Bildqualität erfreut.
Genrefans (und Zughasser) sollten sich diese Perle des italienischen „Schundfilms“ nicht entgehen lassen, denn trotz signifikanter Mängel bekommt man hier die ausgereifteste Variante des „Last House….“-Themas präsentiert, die zusätzlich mit einem moralisch - na ja sagen wir mal interessanten - Ende aufwartet.
Credit und Copyright Coverfoto/Coverimage:
Shameless Screen Entertainment