„Where there's blood, there's more blood.“
Manchmal weiß man nicht, was schlimmer sein soll, denn die Vorstellung von einer schlechten Schauspielriege, die sich grenzdebil an jeden noch so dünnen Strohhalm klammert, um mangelndes Talent zu kaschieren, ist für sich genommen wahrlich schon traurig genug. Kommt jedoch wie hier noch eine Schippe in Gestalt von schlecht animierten Schlangen und einer sich viel zu ernst nehmenden Inszenierung oben drauf, befindet sich der mutige Filmfan bereits vollends im hypnothischen Würgegriff von
„ANACONDA: OFFSPRING“ und hat in den folgenden 87 Minuten viel Zeit zu überlegen, ob es so eine gute Idee war, sich für diesen Film zu entscheiden...
Dabei waren die Weichen eigentlich von Anfang an auf amüsante B-Movie-Unterhaltung gestellt, erwiesen sich doch bereits die beiden Quasivorgänger „
Anaconda“ [1997] und „
Anacondas: Die Jagd nach der Blut-Orchidee“ [2004] als unfreiwillig komische Vertreter des so beliebten Tier-Horrorfilms, an denen auch Freunde des gepflegten Trashs Gefallen fanden. Aber little
Don E. FauntLeRoy – seines Zeichens Regisseur des ironischerweise überaus lahmen „
Lightspeed“ [2006] – begeht im nunmehr zweiten Nachklapp einen einf
achen, nichtsdestotrotz eklatanten Fehler: er nimmt seinen Film zu 100 Prozent
so ernst, dass abgesehen von der an eine überdimensionale Kaulquappe erinnernden Hauptattraktion nicht sonderlich viel Anlauffläche für unfreiwillige Komik, sondern lediglich Kopfschütteln übrigbleibt, das sich mit blankem Entsetzen ob des dargebotenen Unfugs paart. Sehr zum Leidwesen all derer, die sich bisher eigentlich nicht zu den Kostverächtern zählten, im vorliegenden Fall aber durchaus ihre „Essgewohnheiten“ hinterfragen könnten. Prost Mahlzeit...
Wie soll man aber auch satt werden, wenn sich eine –
hüstel – Geschichte, die innerhalb einer Minute inklusive aller überraschender Wendungen erzählt werden kann, über elend (sch)lange 87 Minuten zieht wie eine zweckentfremdete Strumpfbandnatter? Kurzen Abriss gefällig? Milliardär Murdoch (John Rhys-Davies, „
Der Herr der Ringe“) will Krankheiten wie Krebs und Alzheimer endgültig besiegen, lässt daher Experimente an einer mittlerweile mutierten Anakonda durchführen, die das gar nicht lustig findet, nach einer fiesen Taschenlampen-Blendaktion ihre Zelte im Labor-Terrarium abbricht und sich mächtig wütend zusammen mit einem weiteren Artgenossen (einem schwangeren Weibchen) auf in den großen, weiten Wald macht. Wäre man doch bloß dem Wunsch der Forscherin Amanda (Crystal Allen, „And She Was“ [2002]) gefolgt, die sooo gerne stabileres Panzerglas für das Terrarium gehabt hätte! Zumindest die Forderung nach mehr Personal sollte nun tunlichst überdacht werden, hat es sich das schnuckelige Riesengetier auf seiner Flucht doch nicht nehmen lassen, so ziemlich jedes Mitglied der Forschungscrew mittels inniger Umschlängelung zu töten. Jetzt kann wirklich nur noch einer helfen: Söldner Hammet (David Hasselhoff, „Klick“ [2006]) heftet sich mit seiner Crew an die nicht vorhandenen Fersen der Anakondas.
Hui…
Es tut dem Rezensenten in der Seele weh, doch jede Hoffnung auf eine irgendwie geartete
gute Geschichte sollte spätestens ab diesem Zeitpunkt das Weite suchen. Zumindest dürfte sie in ihrem Unterfangen schneller als das bis an die Zähne bewaffnete Team um
David Hasselhoff sein, dem die Riesenschlangen immer wieder flotten Schlängelns ausbüchsen, um noch hier flugs einen Kopf abzubeißen, oder dort einen ganzen Menschen bei lebendigem Leibe zu verschlingen. Schlangen von Heute sind wahrlich vielbeschäftigt. Auch der einstige „Baywatch“-Star Hasselhoff scheint (wer könnte es ihm übel nehmen?!) Besseres zu tun gehabt haben. Laut DVD-Cover bekleidet er zwar die Hauptrolle, wird dabei aber erst ab der Hälfte des Geschehens wirklich aktiv, um fortan übertrieben grimmig in die Kamera zu blicken, dass man meinen könnte, er hätte einen Krampf in den buschigen Augenbrauen. Dies ist freilich auch eine (zugegeben nicht sonderlich gute) Leistung, wenn schon die handelnden Charaktere keinerlei Raum für glaubhafte Figurenzeichnung zulassen und die Geschichte von einer tolldreisten Idee zur nächsten springt. Ein Teammitglied ballert etwa in der besten Szene des gesamten Films selbst noch dann, als ihm der erste Preis im Klaus Störtebeker-
Look-Alike-Wettbewerb fast sicher gewesen wäre. Und Blickfang
Crystal Allen leistet einem bereits Ketchup spuckenden Opfer, das Bekanntschaft mit dem neuerdings spitzen Schlangenende des Männchens gemacht hat, mehr oder minder erfolgreich Hilfe, besudelt bei der Kleckerei aber seltsamerweise nur ihr weißes Hemd, das sich unter (!) ihrer sauberen (!!) und verschlossenen (!!!) Jacke befindet. Entweder ist Leinen neuerdings durchlässig, oder die Gute sollte schleunigst ihre Reinigung wechseln.
So geht es dann auch munter weiter. Die Riesenschlangen wechseln willkürlich ihr Aussehen und passen zudem ihre Größe der jeweiligen Tagesform (oder der begrenzten Speicherkapazität der sie visualisierenden Atari-Rechner) an. Traurigerweise geht diese Diskrepanz zwischen gewolltem Schocken und den tatsächlichen Möglichkeiten wohl nur für die ganz hartgesottenen Artgenossen unter uns mit einem gewissen Charme einher, denn der Mehrheit dürften die Schicksale der Hauptfiguren selten zuvor so egal gewesen sein wie in diesem TV-Film, der eigentlich schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Bis auf die Tatsache nämlich, dass es sich bei den entflohenen Tieren um Anakondas handelt, gibt es keinerlei Parallelen zu den beiden immerhin im Kino gestarteten Schlangenspektakeln der Regisseure Luis Llosa und Dwight H. Little. Der Versuch, zumindest ein wenig Nähe zu den recht erfolgreichen Werken (Gesamteinspiel weltweit: $208 Mio.) zu generieren, schlägt sich somit einzig im Originaltitel „
Anaconda 3: The Offspring“ nieder, der etwas vorgaukelt, was gar nicht existiert – eine Fortsetzung. Das Fernsehen war schon immer dafür bekannt, Illusionen zu schaffen.
„ANACONDA: OFFSPRING“ möchte vieles sein – vor allem unterhaltsam –, doch herausgekommen ist ein langweiliges, unspektakuläres Nichts, das selbst für ein niedrig budgetiertes TV-Movie viel zu wenig Unterhaltungswert besitzt. Sofern der Geschichte auch nur der Funken eines etwaigen Potentials innegewohnt haben sollte, wird er bereits im Keim durch Hauptdarsteller erstickt, die sich wie der Synthie-Score von
Peter Meisner unauffällig im Hintergrund halten. Vor allem
John Rhys-Davies, der als Zwerg Gimli noch Größe bewies, verkommt trotz des laut Drehbuch undurchsichtigen Charakters Murdochs aufgrund fast nicht vorhandener Präsenz zur bloßen Statistenrolle. Da nützt es dem Film im Endeffekt herzlich wenig, dass hier und da die für die FSK 18 verantwortliche Gore-Keule geschwungen wird und das Drehbuch kurz vor Schluss noch einmal zum Rundumschlag ausholt, um eine „überraschende“ Wendung aus dem Ärmel zu zaubern, die in einem explosiven Finale gipfelt. Bezeichnenderweise entfernt sich unsere toughe Forscherin hier lässig in Zeitlupe von einer Fabrik, die daraufhin natürlich einer gewaltigen Detonation anheim fällt – ein in der langen Geschichte des Actionfilms bereits viel zu häufig verwendetes Stilmittel, das weniger zündend als gewollt über den genüsslich gähnenden Zuschauer hereinbricht. Gänzlich uninspiriert. Schlimm, wenn eine ohnehin schon niedrige Erwartungshaltung letztendlich noch getoppt wird.
Wirklich schlimm ist jedoch die mehr als deutliche Aussicht auf ein baldiges Wiedersehen.
Irgendjemand muss ja schließlich noch das von Amanda grob fahrlässig zurückgelassene Lagerfeuer löschen, in dem ihre streng geheimen Forschungskritzeleien vor sich hin kokeln.