von Asokan Nirmalarajah
Who the fuck is Uwe Boll? Als ich das erste mal den Namen Uwe Boll vernahm, hatte sich der deutsche Filmemacher mit dem unvergleichlichen Geschäftsinn bereits einen Namen in den Filmforen dieser Welt gemacht: als jener, von dem man nicht spricht, oder sehr ungern spricht. Und genau dort hallte mir dieser Name mit Wut und Hass entgegen, insbesondere aus der Ecke der sonst so scheuen Videospiele-Geeks, die sich über die schockierend bodenlose Qualität der Boll’schen Videospielverfilmungen
House of the Dead (2003),
Alone in the Dark und
BloodRayne (beide 2005) empörten. Von weit größerem Interesse als die von Kritikern wie Videospiele-Fans einhellig verrissenen Filme, die er stets produzierte und inszenierte, waren jedoch die Aktionen, die sich Boll außerhalb seiner Regietätigkeit einfallen ließ: erzürnt über die durchweg negativen bis hin zu ketzerischen Reaktionen seiner Kritiker, insbesondere der jungen Internetkritiker, auf seine zumindest kommerziell oft ertragreichen Filme, forderte er sie zu einem Boxkampf heraus, in dem sie auf ihre scharfen Worte auch konkrete Taten folgen lassen sollten. Der fluchende, bockige Wermelskirchener Boll mit seinem Doktortitel in der Literaturwissenschaft und als früherer Amateurboxer schlug sämtliche Gegner aus dem Ring, und gilt nun n
icht mehr nur als legitimer Nachfolger des einst schlechtesten Regisseurs der Welt, Ed Wood, sondern auch als besonders selbstgerechter und belustigend antagonistischer Meister des Trash-Films.
Doch die Frage ist: sind seine Filme denn wirklich Trash? Trash-Filme setzen zumindest, abgesehen von qualitativen Mängeln, voraus, dass die Macher mit einem Enthusiasmus ans Werk gehen, das die Werke zuweilen recht putzig erscheinen lässt. Doch Bolls Filme, trotz seiner Beteuerung, das Medium zu lieben, zeigen nicht ein Fünkchen Enthusiasmus für die eigene Kunstform. Sie wirken eher wie lieblos zusammengeschusterte Werke, die ganz und gar auf Profit hin erstellt wurden. Besonders seine jüngste Regiearbeit, das für satte 60 Millionen Dollar produzierte Fantasy-Action-Abenteuer
Schwerter des Königs – Dungeon Siege (2006; englischer Titel:
In the Name of the King: A Dungeon Siege Tale), das wie ein Worst-of der
Herr der Ringe-Trilogie anmutet, läßt aufgrund des hohen Budgets und der recht beachtlichen Besetzung bekannter Darsteller an der Trash-Kategorisierung zweifeln. Einmal mehr basierend auf einem Videospiele-Klassiker, an den sich nur noch die echten Enthusiasten vom Fach erinnern mögen, taucht Boll hier in eine arg klischeehafte Fantasy-Welt ab, die weit aufwendiger realisiert ist als es seine Billigproduktionen bisher vermochten, doch in Sachen Schauspiel, Drehbuch und Regie immer noch so stümperhaft, einfallslos und unfreiwillig komisch daherkommt wie früher. So finden sich in diesem durch und durch schlechten, aber angesichts seines bisherigen Oeuvres womöglich gelungensten, weil professionellsten Werk am deutlichsten die zehn unverkennbaren Anzeichen dafür, dass man es mit einem Boll-Film zu tun hat. Nun also gar: Uwe Boll, der Auteur?
10. Kristanna Loken spielt mit. Freilich, Loken hat bislang nur einen weiteren Film mit Boll gemacht, aber die vitale Schauspielerin mit dem durchtrainierten Körper ist eine der wenigen Darsteller mit Widererkennungseffekt, die einen zweiten Film mit Boll gedreht hat. Nach der Hauptrolle in dem Vampirfilm-Debakel
BloodRayne, stellt sie als Wald-Amazone in
Schwerter des Königs eine der wenigen Schauwerte des Films dar, neben anderen fehlgeleiteten Schönheiten wie Leelee Sobieski, Claire Forlani, und sogar Model Eva Padberg in einem Kurzauftritt, die allesamt auf ihre Texte hätten getrost verzichten sollen.
9. Ungelenke Liebesszenen. Und wenn wir schon bei den Damen sind, dann sind wir auch schon bei den Liebesszenen, in denen sie Boll bevorzugt zur Schau stellt. Während das Ex-Model Loken gerne Haut zeigt, sich aber in
Schwerter des Königs im Vergleich zu
BloodRayne zurückhält, dürfen so hübsche Frauen wie Forlani und Sobieski, die jeweils schon mit Brad Pitt (
Rendezvous mit Joe Black, 1998), respektive mit Tom Cruise (
Eyes Wide Shut, 1999) flirteten, hier mit widerlichen Kerlen wie Ray Liotta schmusen oder mit der humorlosen Bulldogge Jason Statham völlig unglaubhafte Romantik suggerieren. Das gestaltet sich vielleicht nicht so schlimm wie die lachhafte Chemie zwischen Christian Slater und Tara Reid in
Alone in the Dark, ist aber umso nervtötender und abstoßender.
8. 08/15-Handlung. Die stupiden Vorgänge in
Schwerter des Königs, die sich Handlung schimpfen, sind schnell erzählt, aber Boll braucht mehr als zwei Stunden Laufzeit dafür, mit der Androhung eines zweieinhalbstündigen Director’s Cut, der noch bald folgen soll: ein Bauer mit Kampfvergangenheit (Jason Statham) muss mit ansehen, wie seine Familie von der Armee eines irren Magiers (Ray Liotta) niedergemetzelt wird, der im Auftrag eines machthungrigen Prinzen (Matthew Lillard) den König (Burt Reynolds) entthronen soll. Doch der Magier hat seine eigenen Machtansprüche, und der Bauer zieht mit seinen Freunden (Ron Perlman und Will Sanderson) los, den Hexenmeister aufzuhalten, bevor dieser das Königreich ins Chaos stürzt. In den Kampf um das Königreich schalten sich dann noch ein alter Magier (John Rhys-Davies), dessen begriffsstutzige Tochter (Leelee Sobieski), des Bauern Ehefrau (Claire Forlani), die vom Magier als Geisel gehalten wird, und einige fliegenden Waldamazonen ein, geführt von einer schrecklich frisierten Kristanna Loken…
7. Namhafte Schauspieler jenseits ihres Zenits. Die vorab erwähnte Forlani, der nach ihrem Rendezvous mit Brad Pitt eine große Karriere prophezeit wurde, Matthew Lillard, dem das gleiche nach einer Reihe hyperaktiver Vorstellungen in Teenager-Filmen der 90er Jahre, speziell
Scream (1996), versprochen wurde, und auch Ray Liotta, einst als Henry Hill in
Goodfellas (1990) gefeiert, hier als ulkiger Magier verlacht, tummeln sich hier grundlos vor der Kamera und erreichen neue Tiefen ihrer scheinbar längst verlernten Schauspielkunst. Vielleicht sollten sie den gelifteten, und damit mumifiziert wirkenden Burt Reynolds fragen, der seinen großen
Boogie Nights-Bonus (1997) längst verspielt hat und nun alles für Geld zu tun scheint. Auch nicht zu vergessen: Sobieski, ein weiterer Teen-Star aus den späten 90ern und Opfer dieses Jahrzehnts. Doch all diesen Akteuren mag man verzeihen, da sie ihren künstlerischen Höhepunkt wohl schon längst überschritten haben. Auch Slater, Reid, Stephen Dorff, Michael Madsen und Meat Loaf wollte wohl keiner mehr sehen. Denn sonst wären sie in keinen Boll-Machwerken zu finden.
6. Populäre Mimen mit einer Hand in der Geldbörse. Was sagt man aber über helle Köpfe wie Jason Statham (
Crank, 2006), Ron Perlman (
Hellboy, 2004) und John Rhys-Davies (
Der Herr der Ringe, 2001), die dank erfolgreicher Filmserien sich auf dem Höhenflug befinden? Warum sollten sie bei einem so dilettantischen Aufguss Tolkien’scher Fantasy mitmachen wollen? Waren die Gagen wirklich so hoch? Oder ist Boll als Regisseur eloquenter als es in Interviews den Anschein macht, und kann so fast jeden überzeugen, bei seinen Filmen mitzuspielen? Immerhin konnte er Oscar-Gewinner Ben Kingsley für
BloodRayne gewinnen. Das mache ihm in seiner Gewichtsklasse erstmal einer nach.
Und nun noch ganz schnell…
5. Lachhafte Dialoge. Sofern sich jemand an sie erinnern mag…
4. Aufwendige, aber miserable Effekte. Sofern sich jemand an…
3. Stümperhaft gefilmte Actionszenen. Sofern…
2. Der Film macht keinen Sinn. Aber wer hat das schon erwartet…
1. Uwe Boll im Interview: “I’m a very critical film …uh, uh… looker, also! So I go and look every movie... and, and… if people tell me, they think Electra is better than BloodRayne, or Catwoman? They are retards, they have no idea.“ Enough said.