1738 wird Jean-Baptiste Grenouille (Ben Whishaw) auf einem Fischmarkt in Paris inmitten des größten Gestankes in die Welt gesetzt. Obwohl er äußerlich wie ein gewöhnliches Kind aussieht fehlt ihm etwas, das allen anderen Menschen als ein göttlicher Funke anhaftet: sein Duft. Stattdessen verfügt Grenouille über einen überirdischen Geruchsinn.
Nach einer harten und einsamen Kindheit, in der er aufgrund seines nicht vorhandenen Geruches von allen Menschen instinktiv gemieden wird, stößt er auf den himmlischsten Duft, den er in seinem bisherigen Leben wahrgenommen hat: auf den Duft eines rothaarigen jungen Mädchens (Karoline Herfurth). Voller Gier ermordet er die junge Frau und saugt ihren Duft genüsslich auf, um ihn für immer bei sich zu bewahren.
Eines Tages stolpert er in die Boutique des Parfumeurs Baldini (Dustin Hoffman), wo er, überwältigt von der Fülle an Düften, beginnt seine eigenen Parfums herzustellen. Als er Paris verlässt, und lange Zeit als Einsiedler in einer geruchslosen Höhle haust, erkennt er, dass er selbst keinen Duft besitzt. Hierauf stürzt Grenouille in eine tiefe und verzweifelte Krise, zieht dann jedoch zur Stadt Grasse weiter, um dort für sich den perfekten Duft zu kreieren.
Patrick Süskinds „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“ erschien erstmals 1985, und ist mittlerweile eines der bekanntesten Werke der zeitgenössischen deutschen Literatur. Ich selbst kann dem Buch zwar nichts Intel
lektuelles abgewinnen, schätze aber Süskinds dichte und spannende Erzählweise.
Weil der Autor zögerte die Filmrechte seines Buches zu verkaufen, gab es lange Zeit keine Verfilmung seines Werkes. Erst im Jahr 2000 gelang es dem Produzenten Bernd Eichinger Süskind die Rechte abzukaufen und den Regisseur Tom Tykwer für sein Großprojekt, das die bis dato teuerste deutsche Filmproduktion werden sollte, zu engagieren.
Der Film selbst ist ganz großes Kino. Wenn Tykwer das Paris des 18. Jahrhunderts wieder auferstehen lässt, dann verschlägt es dem Zuseher ob solcher Bildgewalt geradezu die Sprache. Denn was hier geboten wird ist ein visueller Overkill, der einer Hollywood Produktion in nichts nachsteht.
Besonders gut ist dem Regisseur dabei der Einstieg gelungen. Der Fischmarkt strotzt vor Schmutz und Unrat, die Masken und Kostüme sind einmalig. Dank aufwendigsten, höchst ungewöhnlicher Kamerafahrten, interessanten Einstellungen, einer guten Schnitttechnik und geschickt eingesetzten Computereffekten werden hier Gerüche so intensiv visualisiert, dass man meint den Gestank und Dreck tatsächlich riechen zu können.
Wenn Grenouille Paris verlässt, um seine Fähigkeiten in der Parfumstadt Grasse zu perfektionieren, beeindruckt der Film immer wieder durch wunderschöne Landschaftsaufnahmen und Frontalen. Visuell hat der Film mich somit in keiner Weise enttäuscht, steht er doch ganz in der Tradition aufwendiger historischer Kostümschinken.
Wie sieht es aber nun mit der filmischen Umsetzung von Süskinds Roman aus?
Im Großen und Ganzen hält sich der Film an die literarische Vorlage. Das einzige was mich an dem Film stört (dies ist auch der Grund, warum ich ihm zwei Punkte in meiner Bewertung abziehe) ist die Darstellung Grenouilles, dessen Charakter am Endes des Films nur noch wenig mit der Romanfigur gemein hat. Zwar ist mir bewusst, dass Film und Buch zwei grundlegend verschiedene Medien sind, und deswegen gewisse Änderungen in der Dramaturgie unumgänglich sind, in Grenouilles Fall ist jedoch ein solches Vorgehen nicht gerechtfertigt.
Abgesehen von seinem viel zu guten Aussehen bin ich mit Ben Whishaws schauspielerischem Können zwar durchaus zufrieden, die Darstellung seines Charakters im Film hat mich dann aber doch sehr gestört. Während ihn Süskind als „Zeck“ oder „Kröte“ umschreibt, der zu keinerlei menschlichen Gefühlen fähig ist, präsentiert Tykwer dem Publikum beim Finale seines Films einen weinenden Grenouille, der sich vorstellt von seinem ersten Opfer liebkost und geliebt zu werden. Diese Änderung macht den Schluss unheimlich kitschig und dient in erster Linie dazu, auf die Tränendrüsen der Zuseher zu drücken (Gefühlkino vermarktet sich eben einmal besser). Offensichtlich war es den Machern zu riskant einen Protagonisten darzustellen, mit dem man sich überhaupt nicht identifizieren kann.
Die übrigen Schauspieler sind sehr gut gecastet. Vor allem Dustin Hoffman hat an der Rolle des Parfumeurs Baldini sichtlich seinen Spaß. Auch Otto Sander, der in der deutschen Sprachfassung dem Erzähler (aus dem Off) seine Stimme leiht, sei hier gewürdigt, trägt er doch als allwissender Erzähler wesentlich zur Stimmung und Dramatik des Films bei.
„Das Parfum“ ist somit ein sehenswerter, bildgewaltiger Film, prostituiert sich allerdings mit der verharmlosten, bemitleidenswerten Darstellung Grenouilles etwas zu sehr, um ja die Massen ins Kino zu locken und bei seinem Publikum zu punkten.