Schauspieler wie Al Pacino sind jedem Menschen ein Begriff. Mit seiner Darstellung des Michael Corleone, der sich zunächst aus den Mafiageschäften seiner Familie raushält und sie später übernehmen muss, konnte er 1972 mit Marlon Brando vor der Kamera stehen und ihm das Wasser reichen. In der Folgezeit konnte er seinen Status festigen - es entstanden auch zwei Projekte mit Regiesseur Sydney Lumet. Hundstage, 1975, und eben Serpico, 1973 - ein Jahr vor Der Pate II.
Lumet, 1924 geboren, hat 2005 den Oscar für sein Lebenswerk erhalten - und mit Serpico die Biographie des gleichnamigen Polizisten verfilmt.
Frank Serpico, der seine Ausbildung beendet hat, und jetzt seinen Polizeidienst antritt, fällt es schwer sich in den Polizeialltag zu integrieren. Seine Vorliebe für Kultur und das Bedürfnis den Menschen auf der Straße nahe zu sein, authentisch zu sein, isolieren ihn langsam. Seine Vorstellungen von einem guten Cop sind andere, seine Methoden sind andere. Im Gegensatz zu seinen Kollegen würde er einen Verdächtigen niemals schlagen, aber er schluckt das, genauso wie die Tatsache dass sie ein Auge zudrücken, wenn sie dafür eine kleine Gefälligkeit bekommen. Seine Karriere führt ihn schließlich zur Kriminalpolizei, wo er das ganze Ausmaß der Korruption begreift - und konsequent ablehnt. Serpico, der mit seinen Werten und Ansichten scheinbar alleine dasteht, wird geschnitten - und muss, als er sich an die Öffentlichkeit wendet, sogar um sein
Leben fürchten.
Serpico macht es einem nicht unbedingt einfach. Al Pacino, ohnehin ein Hundsknochen, zeigt sein gesamtes Können - und hat dafür zurecht eine Oscarnominierung erhalten. Ob es der junge oder später deillusionierte Serpico - und auch die Stationen dorthin -, der sein Privatleben durch die Obsession zu seinem Beruf zerstört, ist - Pacinos Darstellung ist und bleibt nahezu perfekt. Gerade auch weil er von Sydney Lumet, die nötige Zeit erhält um seine Figur vollkommen auszufüllen. Hier sitzt aber auch das Problem von Serpico: Lumets Inszenierung geht auf die Kosten aller anderen Figuren. Dem Polizeiapperat gesteht er keinerlei Transparenz zu: entweder ist jeder bestechlich oder vollkommen abgebrüht. Es gibt eine handvoll Cops, die etwas Tiefe bekommen, deren Charaktere über die Schwarzweißmalerei hinausgeht - das sind aber ausschließlich welche, die Serpico unterstützen. Die Motive seiner Kollegen bleiben im Dunkeln. Alles, was man erfährt ist, dass sie korrupt sind und sich gegen jeden wenden, der es nicht ist. Lumet schafft es zwar in diesem Rahmen einen konstanten Spannungsbogen zu erzeugen. Aber dem kritischen Element, nämlich der Korruption innerhalb der Polizei, wird zu wenig Spielraum gegeben - ein Fehler, der besonders deutlich wird, da sich der Film überwiegend um die Karriere und das Privatleben der Person Serpico dreht und damit das Symbol Serpico vollkommen vernachlässigt.
Der Film ist ein bisschen wie Serpico: cool, aber noch lange nicht perfekt. Er eignet sich durchaus zum einmaligen Sehen, alleine Al Pacinos Performance rechtfertigt das. Wer nicht zuviel erwartet, ob des Plots wegen - denn letztendlich hat Lumet nur einen klassischen Cop-Film gedreht -, wird sich durchaus mit Serpico anfreunden können.