von Asokan Nirmalarajah
Ich bin falsch hier. Eigentlich bin ich nicht die Person, die diesen Film rezensieren sollte. Als ein junger Mann in seinen 20ern ohne erkennbaren Sinn für Mode und ohne Freundin bin ich definitiv nicht die Zielgruppe für eine Geschichte in dem ein Mädchen in ihren 20ern mit ihrer (Mode-)Identität, trügerischen Vorbildern und der Beziehung zu ihrem Freund hadert, während sie Gefahr läuft, in der dekadenten Arena verloren zu gehen, in der die Kleidermode entsteht, die sie vermeintlich als Menschen definiert: Kleider machen Leute und in diesem Fall auch Karrieren. Ich kann mich wohl aber schnell damit beruhigen, dass Andy (Anne Hathaway) zu Beginn des Films und der gleichnamigen Romanvorlage „Der Teufel trägt Prada“ von Lauren Weisberger ebenso deplatziert wirkt wie ich es wohl tun würde, wenn ich die heiß begehrte Anstellung als zweite Assistentin von Miranda Priestly (Meryl Streep) bekommen würde.
Während sich aber Andy zu Anfang noch verwundert fragt, wer diese so bewunderte wie gefürchtete Mode-Ikone und Chefredakteurin des Mode-Magazins „Runway“ eigentlich ist, kann sich jeder Zuschauer schon denken, welche narrativen Bahnen diese oft zuvor erzählte, arg konstruierte Geschichte einschlagen wird, um eine moralinsaure Botschaft über Selbstfindung zu vermitteln, die sich
gerne jenseits kapitalistischer, karrieresüchtiger Bestrebungen positionieren möchte, ohne die Verführungsgewalt von Macht und Status dabei zu schmälern. Wie die meisten Hollywood-Filme dieser Art, versteht sich auch diese ansprechend erzählte, etwas überlange, aber solide produzierte Komödie als Versuchung und Warnung vor der Versuchung. Nicht umsonst trägt der Film seinen Titel.
Der Teufel in Menschengestalt ist nun fortan Andys neue Vorgesetzte. Während Andy jedoch ihre Stellung erst nur als nötigen Stolperstein zu einer Journalistenkarriere sieht, wird sie ohne ihr Bewusstsein zusehends in die Welt der Miranda gezogen und eignet sich auch bald deren zynische, kalkulierende Weltsicht an. Natürlich verwirrt diese Wandlung der unscheinbaren Andrea in ein modisches, oberflächliches Karriere-Mädchen bald nicht nur ihre Mitarbeiter, den cleveren Mode-Experten Nigel (Stanley Tucci) und die konkurrierende Assistentin Emily (Emily Blunt), sondern auch ihren Freund Nate (Adrian Grenier). Doch bald merkt auch Andrea, dass Miranda wohl das Leben führt, das alle gerne führen würden, aber nicht immer glücklich mit ihrem schwierigen Privatleben ist…
In einer ungemein sympathischen Rolle, die man vor mehr als einem Vierteljahrhundert noch sicherlich Julia Roberts angeboten hätte, glänzt Anne Hathaway, die alles hat, was man sich von einem modernen Hollywood-Star wünscht: Ausstrahlung, Talent für Komik und Gefühl, ein sympathisches Lächeln und die Zerbrechlichkeit und Bodenständigkeit, das man mit dem Mädchen von nebenan verbindet. Mag ihr schauspielerisches Potential fraglos limitiert sein, so wird diese Lücke im Film – wie gewohnt virtuos – gefüllt von Meryl Streep. Als eine der meist prämierten und bekanntesten Schauspielerinnen ihrer Zeit vermag die Streep, die dieses Jahr für die Rolle der Miranda ihre 14. Oscar-Nominierung erhielt, doch immer wieder mit ihrem Spiel zu begeistern, ohne in Manierismen zu verfallen. In einer Rolle, die leicht eine Karikatur der plumpsten Sorte hätte werden können, brilliert die Streep mit Witz, Charme und sehr viel Feingefühl für die Obsessionen und Schwächen einer Frau, die ihr Umfeld rein oberflächlich wahrzunehmen scheint, aber durch ihr Auge auf die Mode ihrer Mitmenschen auch auf deren Charakter zu schließen weiß. Bei soviel Frauenpower in den Hauptrollen sollte die weitere Besetzung eigentlich verblassen. Doch dass ist wundersamerweise nicht der Fall: abgesehen von den uninteressanten Freunden Andys und Adrian Grenier in der danklosen, langweiligen Rolle des meckernden Freundes, ist hier auch die wunderbar aufgedrehte, bittersüße Emily Blunt zu bewundern, die sich mit dem gewohnt großartig aufspielenden Stanley Tucci die besten Dialogfetzen teilt.
Freilich,
The Devil Wears Prada erzählt weder eine originelle Geschichte, noch tut er das auf eine originelle Art und Weise. Nett und harmlos, aber dafür mit Humor und Herz weiß der Film aber über seine gesamte Laufzeit den Zuschauer zu unterhalten, und sicherlich nicht nur sein Zielpublikum von Mädchen und jungen Frauen. Meiner hypothetischen Freundin hätte er sicherlich auch gefallen, selbst wenn sie wohl recht gehabt hätte mit dem Einwand, dass das Ende des Films wieder zu idealistisch und harmonisch ausgefallen ist für manch eine treffende, unangenehme Wahrheit, die dem vorausging. Meine Freundin ist nämlich klug. Auch wenn sie nur hypothetisch existiert.