WENN ZWEI SICH STREITEN, ...
Dass Regie-Avantgardist
Zack Snyder, der den superben „
Watchmen - Die Wächter“ [2009] verantwortet hat, kein Kind von Traurigkeit ist, wenn es um die Zurschaustellung der Folgen jedweder Form von Gewaltausbrüchen geht, dürfte mittlerweile bekannt sein. So geriet auch sein erster Film über den Mann, der seine Unterhose gerne über dem Kostüm trägt, zur pompös-brachialen Materialschlacht, die nicht nur etliche Wolkenkratzer auf der Leinwand, sondern auch die Meinungen der Zuschauer davor gehörig spaltete. Sicher ist: Snyder wird es in diesem Leben mit seinem eigenwilligen Inszenierungsstil wohl nie mehr allen recht machen können, egal, wie sehr er sich auch bemühen mag. Eine Erkenntnis, die
Warner Bros. zumindest nicht davon abhielt, für die Quasi-„
Man of Steel“-Fortsetzung
„BATMAN V SUPERMAN: DAWN OF JUSTICE“, das erste Aufeinandertreffen
der beiden DC-Aushängeschilder, geschätzte 250 Millionen Dollar springen zu lassen.
Der Wiederaufbau von Metropolis dürfte nach den Ereignissen in besagtem Film wohl etwas teurer als diese Summe werden. Nichtsdestotrotz wird Superman (ausgepumpt: Henry Cavill) nach seinem Sieg gegen die außerirdische Bedrohung frenetisch gefeiert, ja sogar gottgleich verehrt, während er selbst
der angerichteten Zerstörung trotz davongetragenen Sieges sehr nachdenklich begegnet. Schon bald regt sich Widerstand gegen die Zerstörungswut des Mannes, der eigentlich für das Gute einstehen soll. Auch in Gotham, auf der anderen Seite des Flusses. Hier sieht Bruce Wayne alias Batman (aufgepumpt: Ben Affleck) in dem Kryptonier eine tödliche Bedrohung, die es zu vernichten gilt, bevor schlimmeres Unheil geschieht. Die guten Taten des Mannes aus Stahl können Batman nicht einfach tatenlos über die aufgehäuften Schuttberge und unzähligen Menschenopfer hinwegsehen lassen. Während sich die Fronten zwischen den beiden also immer mehr verhärten, stößt mit dem Egomanen Lex Luthor (Jesse Eisenberg) ein weiterer Kandidat zum Spiel hinzu, dem die anbahnende Fehde der Superhelden gerade recht kommt...
Was für eine Ausgangslage! Die Frage, die der Film aufwirft, nämlich ob es sich bei Superman um einen Gott in Menschengestalt oder aber einen Wolfs-Dämon im Schafanzug handelt, der eine Gefahr für die Menschheit darstellt, spielt anfangs noch geschickt mit der Urangst des Menschen vor dem Unbekannten, dem Fremden. Hier ist es Batman, der sich das zu fressen weigert, was die normale Fledermaus nicht kennt. Ungeachtet Supermans Heldentaten, die allesamt auf den schwachen Schultern der Menschen ausgetragen werden, kann der Mensch hinter der schwarzen Maske die angerichtete Zerstörung nicht gutheißen, geht auf seinen nächtlichen Streifzügen aber genau genommen ebenso wenig feinfühlig vor wie der strumpfbehoste Kryptonier. Da wird schon mal im Dienste des vermeintlich Guten ein Bösewicht stilecht gebrandmarkt oder im besten Fall nur windelweich geprügelt. Während Superman sich der angerichteten Zerstörung durchaus bewusst ist, ja sogar anzweifelt, ob man in dieser Welt noch im herkömmlichen Sinne gut sein kann, macht Batman in den Gesprächen mit seinem Butler (Jeremy Irons) keinen Hehl daraus, dass er sich selbst seit jeher als Verbrecher am Rande der Legalität sieht. Und dieser Mann meint, einen außerirdischen Heilsbringer maßregeln zu können?
Das durchaus spannende Konfliktpotential, welches sich aus den unterschiedlichen Standpunkten, allen voran Batmans zur Schau gestellter Doppelmoral speist, entlädt sich folgerichtig in der bereits im Titel angeteaserten Konfrontation. Und enttäuscht dabei auf ganzer Linie. Denn viel Eindruck hinterlässt dieser nur zehnminütige Kampf erstaunlicherweise nicht (immerhin ein leerstehendes Fabrikgebäude darf dran glauben). Denn Snyder versteht es nicht, den eigentlichen Konflikt hinter dem Konflikt nachhaltig zum Vorschein zu bringen. Motivationen stehen und fallen somit wie die sich bekriegenden Charaktere, und am Ende vermischen sich die eingangs so konträren Seiten gar völlig in einem einzigen Hau-drauf-Spektakel, in dem der Eine nicht viel besser ist als der Andere – was an sich nicht schlimm wäre, würde Snyder mit seinen Autoren nicht auf Gedeih und Verderb weiterhin versuchen, mehr sein zu wollen als ein weiteres Superhelden-Augenwischspektakel. So kraftvoll die Action choreographiert wurde, so lieblos wurden diesmal die sie ausübenden Charaktere mit Leben gefüllt. Superman zweifelt, Batman pumpt sich auf und sieht finster drein (mitunter sogar in die Zukunft). Immerhin: Der im Vorfeld völlig zu Unrecht gescholtene
Ben Affleck vermag selbst diese kruden, wie Fremdkörper wirkenden Visionen gekonnt durchzustehen und gibt einen Batman, der körperlicher, menschlicher und damit auch fehlbarer als ein Nolan-Batman daherkommt.
Überhaupt ist es vor allem Afflecks Batman-Interpretation zu verdanken, dass sich der abgehackt erzählte und zuweilen verworrene Film, der fälschlicherweise Anteasern mehr als einmal mit Erklären verwechselt, noch im Mittelmaß wiederfindet. Ansonsten gehen die Schauwerte wieder einmal über alles, der brachiale Score sowieso, und letzten Endes kapituliert die zumindest auf dem Papier hintersinnige Geschichte, indem sie die weiße Fahne schwenkt. Gut, dass der Kurzauftritt von
Gal Gadot als
Wonder Woman noch als Lichtblick in dem dynamisch geschnittenen und zum Teil die Übersichtlichkeit vermissenden Getümmel durchgeht, verbreitet sie doch inmitten des Altbekannten ein gewisses Maß an Mystik. Ganz anders verhält es sich mit
Jesse Eisenberg, der seinen Lex Luthor per
Over-the-top-Acting zum überkandidelten Psychopathen vom Kaliber eines Jim-Carrey-Riddlers degradiert, der ab einem gewissen Punkt im Film einfach nur noch nervt. Schade.
Dem Film bei aller berechtigter Kritik Herz- und Lustlosigkeit zu attestieren, würde allerdings zu weit gehen. Dafür stecken zu viele Möglichkeiten in der zugrundeliegenden Geschichte, die sich vage an Motiven von Frank Millers legendärer Graphic Novel
Batman: The Dark Knight Returns [1986] entlang hangelt. Es sind teils verschenkte Möglichkeiten im Schatten eines regelrechten 3D-CGI-Gewitters, freilich, aber hier und da blitzen sie dann doch auf. Und wenn letzten Endes alles in einem Punkt kulminiert, der frappierend an die Ereignisse im denkwürdigen Comic
Superman #75 [1993] erinnert, ist zumindest der geneigte Comic-Fan ob der Vorlagentreue wieder etwas besänftigt. Mehr sei an dieser Stelle jedoch nicht verraten. Nur so viel: Wer bis kurz vor Schluss denkt, der Film werde wohl auf ein nettes Cliffhanger-Finale verzichten, irrt gewaltig.
Justice League of America, anyone?
Fazit: Dieser Kampf läuft nicht rund. Batman und Superman geht recht schnell die Puste aus, was das Fanherz womöglich noch verschmerzen mag. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei
„BATMAN V SUPERMAN: DAWN OF JUSTICE“ um einen überraschend mängelbehafteten Film handelt, der vergeblich versucht, eine offenkundige Materialschlacht (die „
Man of Steel“ [2013] noch war) mit der Tiefgründigkeit eines „
The Dark Knight“ [2009] zu vermischen. Herauskommt ein seltsam inkohärenter 250 Millionen-Blockbuster, der optisch wie erwartet abermals frontal einschlägt, in Sachen Geschichte und vor allem Inszenierung diesmal jedoch streckenweise ordentlich Federn lassen muss. Dies ergibt unterm Strich leider ein allzu deutliches K.O. in der ersten Runde.
Das kommende DC Extended Universe im Überblick: „Suicide Squad“ (18.08.2016), „Wonder Woman“ (22.06.2017), „The Justice League Part One“ (16.11.2017)
Cover: © 2016 Warner Bros. Ent.