„La Horde“ ist ein Film über eine Gruppe von Menschen, die sich in einem Gebäude vor einer Masse von Untoten verbarrikadiert. Wenn Sie sich zu den Zuschauern zählen, die keinen weiteren Film über eine Gruppe von Menschen erträgt, die sich in einem Gebäude vor einer Masse von Untoten verbarrikadiert, dürfte Sie nun auch der aktuelle Subgenre-Beitrag aus Frankreich keinesfalls interessieren und Sie können sich das Werk ohne weiterzulesen getrost schenken.
Wenn Sie sich von dieser altbackenen Formel des modernen Zombie-Kinos nicht abgeschreckt fühlen und wissen wollen, weshalb sich mit dem vorliegenden Vertreter dennoch rund 90 Minuten lang die Zeit vertreiben lässt, sind Sie hiermit herzlich eingeladen, dem Rezensenten durch die dunklen Flure eines heruntergekommenen Plattenbaus zu folgen, in welchem es sich eine brutale Gang bequem gemacht hat.
Als nicht minder zu jeder Form der physischen Gewalt bereit, stellt sich hier außerdem ein Grüppchen nicht ganz so gesetzestreuer Polizisten heraus, das blutige Rache für einen ihrer Partner, dessen Ermordung auf das Konto der zuvor genannten Gang geht, fordert.
Schon im Prolog, der die nicht wirklich andächtige Beerdigung des Polizisten schildert, wird den Zuschauern klargemacht, dass sie im Verlauf wohl kein
Shakespeare’sches Drama erwarten wird. Denn die geplante Vergeltung soll nicht etwa still und leise ablaufen, sondern – wie später auch wörtlich erwähnt – während eines
Blutbads stattfinden.
Nach einem kurzen Intermezzo in einer Gasse, während welchem die Gesetzeshüter die Unterkunft der Gang recht unsanft aus einer zwielichtigen Gestalt prügeln, verlagert sich die Geschichte in ein tristes und kaum bewohntes Hochhaus. Dort kommt es dann zur Konfrontation zwischen den feindlichen Lagern, die einem der Polizisten und dem Hausmeister das Leben kostet und schon fast zugunsten der wenig zimperlichen Schwerverbrecher ausgefallen scheint.
Wenn, ja wenn, nicht plötzlich eine Horde Untoter zu der unspassigen Runde stoßen und die ungleichen Charaktere zur widerwilligen Zusammenarbeit zwingen würde. Denn nach einem Blick vom Dach des Gebäudes, sieht es nicht so aus, dass es bei den ersten Vorboten der Apokalypse bleiben soll…
Bei „La Horde“, der das Regiedebüt der Franzosen Yannick Dahan und Benjamin Rocher markiert, handelt es sich - trotz Zombie-Thematik - im Grunde nicht einmal um einen Horrorfilm im eigentlichen Sinne: Grusel ist in dem Werk kaum auszumachen und auch Splatterfans seien gewarnt, da sich die groben Gewaltausbrüche eher auf den Anfang und das Ende des Films beschränken, während die Attacken bei einem Großteil der Spielzeit nur angedeutet bleiben.
Was den Zuschauern hier eher präsentiert wird, ist ein atmosphärischer und - trotz der vorherigen Anmerkung - natürlich auch nicht gerade harmloser Actionstampfer, der nicht zuletzt aufgrund seiner übertrieben coolen Macho-Figuren recht stumpfsinnig daherkommt, aber zugleich auch einen gewissen Trash-Charme besitzt.
Simpel zusammengefasst: Man sieht hier im Prinzip zwei Gruppen von Neandertalern zu, wie sie sich gegenseitig die Köpfe einschlagen und dabei von Zombies überrannt werden. Dass so etwas nicht unbedingt niveauvoll oder gar subtil vonstatten geht, sollte klar sein. Einen tieferen Sinn als bei diesem Film, hat man wahrscheinlich sogar auf dem Boden des letzten Biermaßes auf dem Oktoberfest gefunden.
Ähnlich wie bei dem ebenfalls auf Frankreich stammenden Genrebeitrag „
Frontier(s)“ (2007), dessen Regisseur Xavier Gens an der Produktion von „La Horde“ beteiligt gewesen ist, gilt auch hier die Warnung: Wer einen inhaltlichen Anspruch an das Werk stellt, wird gnadenlos enttäuscht nach spätestens einer Viertelstunde den Kinosaal verlassen!
Was sich neben der schwachen Story für viele Zuschauer als zusätzliche Schwierigkeit herausstellen könnte, ist das Fehlen überhaupt einer einzigen sympathischen Figur. Die Charaktere schaffen es nicht nur nicht, sich mit ihren neuen, ungewollten Kampfgefährten zu arrangieren, sie schaffen es noch nicht einmal, sich in den eigenen Reihen unter Kontrolle zu halten. Die Zombies sind somit nur ein zusätzliches Problem, das sich ihrem Überleben in den Weg stellt.
Wer und ob es am Ende ein Überlebender schafft, seinen Weg durch die Untoten zu schiessen, schlagen, schnetzeln oder fluchen, spielt dann irgendwo auch keine Rolle mehr: Der Weg ist bei „La Horde“ das Ziel – also explizit: Das Schiessen, Schlagen, Schnetzeln, Knabbern und Sprücheklopfen.
Dass das höchst dekadent und stellenweise eher wie ein brutales Videospiel anmutet, soll gar nicht erst versucht, dementiert zu werden.
„La Horde“ ist nicht mehr (aber auch nicht weniger) als ein modernes, grimmiges
Exploitation-Filmchen, das vielleicht nicht den Hunger der Horrorfans nach einer echten Genreperle stillt, aber als eine Art Nutella-Stulle für Zwischendurch durchaus einen Zweck erfüllt. Arthouse-Kino sieht natürlich anders aus, keine Frage.
Dass als
Fazit nun keine uneingeschränkte Empfehlung folgen kann, dürften die Kritikpunkte in den vorangegangenen Zeilen bereits angedeutet haben.
Allerdings wäre es auch ungerecht, ein solch kurzweiliges und technisch versiertes Exemplar mit einem bösen Verriss abzutun. Es hängt halt - wie so oft - irgendwo davon ab, wie man zu dieser Art von Streifen steht. Wer die besseren (und humorvolleren) neuen Untoten-Vertreter wie „
Zombieland“ oder „
Dead Snow“ bereits gesehen hat und den Hals einfach nicht vom betreffenden Stoff vollkriegt, kann hier ruhig einen Blick riskieren.
Und mal ehrlich: Gelegentlich zieht man dann auch einfach mal 90 Minuten sinnloser Unterhaltung dem dreistündigen Sozialdrama als abendliche Entspannung vom Alltagsstress vor…