„Ja, wo sind denn all die fiesen Nazis hin?“ – Diese Frage stellen sich regelmäßig einige unserer lieben Austauschschüler aus den US of A, wenn sie im Land des Sauerkrauts und der Brezeln angekommen sind…von Hakenkreuzen und Reichsflaggen keine Spur. Wie merkwürdig – oder??!
Vielleicht hätten es die sensationsgeilen Oberstufler lieber mal im guten alten Frankreich versuchen sollen, denn wenn man Xavier Gens´ Splatterschinken „Frontier(s)“ Glauben schenken darf, treiben sich in der dortigen Provinz einige ganz schlimme Vögel rum.
Der Film beginnt mit einigen pseudo-gesellschaftskritischen Einblendungen, in welchen Bilder von den Unruhen aus Paris vor den anstehenden Wahlen gezeigt werden. Eine Gruppe Jugendlicher gerät ebenfalls in die Konflikte, und schafft es gerade noch, die Stadt zu verlassen und in einer abgewrackten Absteige im Nirgendwo Unterschlupf zu finden.
Blöd nur, dass eben diese Pension von einer Familie menschenfressender Nazi-Relikte betrieben wird, denen es schon nach dem frischen Fleisch schmachtet.
Ein paar werden gleich verspeist, einige müssen später dran glauben und die schöne Filmheldin darf sich sogar geehrt fühlen, in die Riege des „reinen Blutes“ (aus dem Film!) aufgenommen zu werden. Natürlich hat sie da gar keinen Bock drauf, und so qualmt bald die Hütte…
Mehr kann man zu diesem inhaltlich grenzdebilen Machwerk gar nicht sagen – zuviel verraten hat man indes auch nicht, da die „Story“ ohnehin im durchaus gegebenen Blutbad ersäuft wird.
Jetzt könnte so mancher Zuschauer aufgrund der moralisch fragwürdigen Darstellung des Ganzen ordentlich auf die Barrikaden gehen, doch lassen wir einfach mal die „political correctness“-Diskussionen bei den Bubblegum-Punks in den Unis und versuchen diesem Schund andere Pluspunkte als das Drehbuch abzugewinnen. Einer drängt sich – wie schon erwähnt – für den Gorehound auf: Der Film macht in Sachen Gewaltdarstellung wirklich keine Gefangenen und geht noch einige Schritte weiter als aktuelle Genrehits wie „
Saw“ (2004) oder „
Hostel“ (2005). Aber mal ehrlich, reicht ein hoher Gewaltpegel tatsächlich für ein gelungenes Werk aus? Wohl kaum.
Den absoluten Tiefpunkt von „Frontier(s)“ stellt die dreiste Regie von Xavier Gens dar. Nun hat der Franzose sich schon mit seinem gurkigen Actionstampfer „
Hitman“ (2007) nicht gerade als innovativer Bilderstürmer empfohlen, aber was er dem Zuschauer hier serviert, kann schon als Frechheit bezeichnet werden. Sowohl optisch, wie auch inhaltlich und dramaturgisch bedient er sich 1:1 bei angesagten Streifen wie dem „Texas Chainsaw Massacre“-Remake (2003), „
Wolf Creek“ (2005), „
The Descent - Der Abgrund des Grauens“ (2005), „Blair Witch Project“ (1999), erwähntem „
Hostel“ und ganz besonders bei seinem Landsmann Alexandre Aja, dessen Debüt „
High Tension“ (2003) einem nicht nur einmal in den Sinn kommt. Außerdem soll wohl mit einigen Anspielungen auf Jean-Pierre Jeunets „Delicatessen“ (1991) noch ein bisschen der französische Nationalstolz unterstrichen werden, aber nun gut…
Es ist ja gerade auf dem Horrorsektor nicht unbedingt ein Verbrechen, sich mal hier und da bei ein paar Vorbildern zu bereichern, aber Gens hat es bei seinem Debüt eindeutig übertrieben.
Was „Frontier(s)“ noch ganz knapp auf die Mittellinie rettet – und das auch nur für echte Genrefans – , ist die Tatsache, dass die verschiedenen Filmpuzzle-Teile nur selten gar nicht harmonieren. Was allerdings völlig daneben gegangen ist, ist eine recht offensichtliche Anspielung auf Alan Parkers Klassiker „Midnight Express“ (1978) gegen Ende – am besten selbst mal sehen…oder auch nicht.
Dass aus Frankreich ja seit einigen Jahren sehr gelungene Beiträge aus dem Horror-und Thrillergenre gekommen sind, sollte hier aber auch noch kurz Erwähnung finden: „
High Tension“ von genanntem Alexandre Aja gehört wohl zu den besten Werken der momentanen Horrorwelle, Mathieu Kassovitz´ „Die purpurnen Flüsse“ (2000) ist ein wirklich packender Mystery-Krimi geworden, und auch „
Them“ (2006) von David Moreau und Xavier Palud kann durch seine exzellente Umsetzung überzeugen.
Diese Kritik soll also keinesfalls gegen das französische Genrekino an sich gerichtet sein, sondern den vorliegenden Film-Mischmasch von den ansprechenden Produktionen absondern.
Also nee, Monsieur Gens – das hier ist inhaltlich echt mal
merde! Dafür darf man aber hoffentlich mit Vorfreude dem auch aus Frankreich stammenden „
Inside“ entgegenfiebern, der zur Zeit aufgrund seiner extremen Gewaltszenen bei den Eingeweihten für Furore sorgt. Und auch der in die USA übergesiedelte Schock-Meister Aja bastelt an seinem vielversprechenden „
Mirrors“ – einem nach eigenen Aussagen freien Remake eines koreanischen Gruselstreifens.