Filmkritiken - von Independent bis Hollywood
 
2008 Filmkritiken | 10468 Personen | 3323 Kommentare  
   
Bitte wählen Sie

Email

Passwort


Passwort vergessen

> Neu anmelden

Auch interessant



Die Töchter des chinesischen Gärtners
von Dai Sijie




Meist gelesen¹

1. 
Cannibal Holocaust (Nackt und Zerfleischt)  

2. 
Auf der Alm da gibt's koa Sünd  

3. 
Martyrs  

4. 
Troll Hunter  

5. 
Supernatural  

6. 
Antikörper  

7. 
Das Zeiträtsel  

8. 
Harry Potter und der Orden des Phönix  

9. 
Andromeda - Tödlicher Staub aus dem All  

10. 
Midnighters  
¹ gilt für den aktuellen Monat

  FILMSUCHE
  Sie sind hier: Filmkritiken > Wolfgang Petersen > Die Unendliche Geschichte
Die Unendliche Geschichte RSS 1.0


Die Unendliche Geschichte

Die Unendliche Geschichte

Ein Film von Wolfgang Petersen

Auf der Flucht vor ein paar Schulkameraden und einer weiteren, drohenden Erniedrigung findet sich Bastian Balthasar Bux (Barret Oliver) in einer antiquarischen Buchhandlung wieder. Der Besitzer, Herr Koreander (Thomas Hill), hat für den unverhofften Besuch zunächst nichts übrig. Jedoch schafft Bastian es, dem alten Mann mit einer Beschreibung seiner eigenen Buchsammlung ein anerkennendes Nicken abzuringen. Herr Koreander selbst ist gerade in die Lektüre eines Buches vertieft, dass – wie er sagt – anders ist als alles, was Bastian bisher gelesen hat. Als das Telefon die beiden stört und Herr Koreander vorübergehend das Zimmer verlassen muss, um den Anruf entgegenzunehmen, gelingt es Bastian, einen Blick auf eben jenes Buch zu werfen. Ohnehin neugierig geworden durch Herrn Koreanders geheimnisvolle Andeutungen und fasziniert von dem geheimnisvollen Symbol auf dem ledernen Umschlag – zwei Schlangen, die sich gegenseitig in den Schwanz beißen und mit ihren ineinander verschlungenen Körpern ein Oval bilden – entschließt sich Bastian kurzerhand, das Buch „auszuleihen“. Mit dem dicken Folianten unter seinem Sweatshirt rennt er durch die Straßen der Stadt und gelangt schließlich zu seiner Schule. Hier bemerkt er, dass er eigentlich in der Klasse sitzen und wie seine Mitschüler eine Mathearbeit schreiben sollte. Die Aussicht auf einige interessante Lesestunden ist jedoch weit verlockender, und so versteckt sich Bastian auf dem Schulspeicher und beginnt, „Die
Unendliche Geschichte“ zu lesen:

Das Land Phantásien ist von einer geheimnisvollen Macht bedroht, die das Nichts genannt wird und langsam aber stetig die Bewohner sowie ganze Landstriche Phantásiens einfach verschwinden lässt. Die Kindliche Kaiserin (Tami Stronach) wird zur selben Zeit von einer schweren und nicht zu bestimmenden Krankheit heimgesucht, die scheinbar mit dem Nichts zusammenhängt. Die Kaiserin hat bereits den Krieger Atréju (Noah Hathaway) zu sich rufen lassen, und als dieser endlich am Elfenbeinturm ankommt, erhält er den Auftrag, ein Heilmittel für die Erkrankte und damit gleichzeitig eine Waffe gegen das Nichts zu finden. Obwohl selbst noch ein Kind macht sich Atréju mit seinem Pferd Artax auf die Reise. Er sucht die Uralte Morla, das weiseste Wesen Phantásiens, auf und erfährt von ihr, dass der entscheidende Hinweis auf ein Heilmittel wahrscheinlich nur vom Südlichen Orakel zu bekommen ist. Bevor sich Atréju jedoch auf den Weg dorthin machen kann, erliegt er fast ebenfalls der bedrückenden Atmosphäre von Morlas Heimat, den Sümpfen der Traurigkeit, die ihm bereits Artax genommen haben. In letzter Sekunde wird er durch den Glücksdrachen Fuchur vor dem Versinken im Sumpf ebenso wie vor dem tödlichen Gesandten des Nichts, dem Gmork, der sich auf die Verfolgung Atréjus gemacht hat, gerettet. Fuchur bringt ihn zum Südlichen Orakel, und hier erfährt Atréju, dass nur ein Menschenkind Phantásien retten kann, indem es der Kindlichen Kaiserin einen neuen Namen gibt. Denn Phantásien ist die Welt der menschlichen Phantasie und von der Zerstörung bedroht, weil die Menschen ihre Träume und Wünsche langsam aufgeben und vergessen. Langsam begreift Bastian, dass er eben jenes Menschkind ist, dass Phantásien retten kann. Doch vermag ausgerechnet er, ein sonst so unbedarfter Junge, der sich in seiner eigenen Welt schon kaum behaupten kann, genug Mut aufzubringen, um diese wichtige, verantwortungsvolle Aufgabe anzunehmen und zu erfüllen?...

Leseratten haben Bastian und Atréju schon länger auf ihren abenteuerlichen Reisen begleitet. Michael Ende hat mit seinem Roman "DIE UNENDLICHE GESCHICHTE" (genauso wie mit dem ebenfalls verfilmten Buch "Momo") einen modernen Klassiker geschaffen, der nicht nur Kinder und Jugendliche fesselt, sondern ob seiner vielschichtigen Deutungsebenen auch erwachsenen Lesern jede Menge Anregungen zum Nachdenken und Mitträumen bietet. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Filmemacher des Romans, der oftmals als modernes Märchen bezeichnet wird, annehmen würde, und so wurde er schließlich von Wolfgang Petersen ("Das Boot", "Air Force One") in ein Kinoabenteuer verwandelt. Bekanntlich war Michael Ende mit der Umsetzung seines Romans mehr als unzufrieden und distanzierte sich vom Film. Den Kinogängern jedoch hat er gefallen. Und sieht man davon ab, dass mit diesem Film nur der erste Teil des Romans verfilmt wurde (genauso wie man unbedingt die beiden Sequels ignorieren sollte, die sich eher schlecht als recht dem Rest des Buches bzw. einer völlig frei erfundenen Erweiterung annehmen), kann man "DIE UNENDLICHE GESCHICHTE" mehr als genießen. Die mechanisch zum Leben erweckten Figuren wie Fuchur, Morla und der Gmork, würden nach den heutigen technischen Standards natürlich niemanden mehr überzeugen. Doch der Nostalgie-Faktor zeigt sch gerade in diesem Punkt besonders einflussreich. Denn trotz der etwas hölzernen Bewegungen strahlen die Figuren Wärme und viel Charme aus und bereichern die phantasievoll gestaltete Optik des Films.
Die menschlichen Charaktere sind gut besetzt, besonders Tami Stronach als Kindliche Kaiserin zeigt in ihrem Mimikspiel eine beeindruckende Mischung aus Unschuld und Erfahrung, aus Unsicherheit und Souveränität, und bringt damit das Wesen der Figur nachhaltig zum Ausdruck. Es ist schade, dass gerade von den hier noch sehr jungen Schauspielern nur einige weniger beachtete Filmprojekte folgten.

Ein bemerkenswerter Umstand ist die Tatsache, dass es für die deutsche und die US-amerikanische Kinoversion zwei verschiedene Eingangssequenzen gibt. Ist der Eröffnungstitel der deutschen Version mit einem weißen Schriftbild auf schwarzem Grund zumindest visuell eher schlicht gehalten, so wird der Zuschauer in der US-Version durch einen wortwörtlichen Blick in die Wolken zu den Klängen von Limahls „Neverending Story“ bereits auf die später folgenden Ritte auf dem Glücksdrachen Fuchur vorbereitet. Diese zweite Variante bietet einen deutlich fröhlicheren Eingang in die Geschichte, wogegen die deutsche Eröffnungssequenz durch die geheimnisvolle, atmosphärische Musik von Klaus Doldinger ("Das Boot", "Living Dead") fast ein wenig unheimlich daherkommt. Hier liegt auch der Knackpunkt in der Entscheidung, welche Version man sich zu Gemüte führen möchte, sofern man die Sonderedition der DVD in Händen hält – hier sind nämlich beide Varianten (die US-Fassung als Extrafilm auf der Bonusdisk) zu finden. Denn die sonst kaum merklichen Unterschiede in Schnitt und Farbgebung, die sich durch den Film ziehen, sind für die Entscheidungsfindung eher nebensächlich. Vielmehr muss man sich zwischen Originalton und Doldingers Soundtrack entscheiden. Der Originalton ist für jeden Cineasten eigentlich ein Muss, jedoch enthält die US-Fassung eine reduziertere bzw. veränderte Version der großartigen Musik Doldingers. Und wer diese in all ihrer ursprünglichen Pracht genießen möchte, kann nicht anders, als sich jenen Film anzuschauen, der für den deutschen Markt gedacht war (oder – mit etwas mehr Zeit und Geduld – beide Varianten). Da jedoch die deutsche Synchronisierung recht gut gelungen ist, fällt die Entscheidung schlussendlich vielleicht doch nicht so schwer wie zunächst angenommen.

Als flammendes Plädoyer für Träumereien und Phantasie regt "DIE UNENDLICHE GESCHICHTE" den Zuschauer genau wie den Leser dazu an, die schier unerschöpfliche Menge und Vielzahl an Geschichten in der großen, weiten (Bücher-)Welt als Anregung, als Zufluchtsort, als Wissensreservoir und als kostbares Gut, das es zu erhalten gilt, zu begreifen und anzunehmen. Die schon oft verbreitete Weisheit, dass auch der Kleinste und scheinbar Unbedeutendste etwas Großes vollbringen kann, findet sich hier ebenfalls wieder. Der belehrend erhobene Zeigefinger ist jedoch bei weitem nicht so übermächtig, dass er den Blick auf einen liebevoll inszenierten Film, den man unbeschwert genießen kann, versperrt. Und so bietet "DIE UNENDLICHE GESCHICHTE" dem Zuschauer phantasievolle Unterhaltung und reichlich Gelegenheit zum Mitträumen.

Eine Rezension von Nicole Goldstein
(04. März 2007)
    Die Unendliche Geschichte bei ebay.de ersteigern


Kommentar schreiben | Einem Freund empfehlen

Daten zum Film
Die Unendliche Geschichte BRD / USA 1984
(Die Unendliche Geschichte / The Neverending Story)
Regie Wolfgang Petersen Drehbuch Wolfgang Petersen, Herman Weigel
Produktion Bernd Eichinger, Mark Damon, Dieter Geissler u.a. (Constantin Film) Kamera Jost Vacano
Darsteller Noah Hathaway, Barret Oliver, Tilo Prückner, Deep Roy, Alan Oppenheimer, Thomas Hill, Patricia Hayes, Sydney Bromley, Tami Stronach, Moses Gunn
Länge ca. 97 min. FSK 6
Filmmusik Klaus Doldinger
Nach dem gleichnamigen Roman von Michael Ende
Kommentare zu dieser Kritik
Anj TEAM sagte am 04.03.2007 um 16:06 Uhr

Da wüsste man gern einmal, warum sich Michael Ende vom Film distanziert. Klar, er gibt nur die Hälfte dessen wieder, was im Buch geschildert wird, aber trotzdem ist der Film doch ein rundum gelungenes Werk, mit so viel Charme und Fantasie, wie sie heutzutage kaum noch Kinderfilme haben. Das Buch ist auch klasse, vor allem die Version, die in rot und grün gedruckt wurde, um die zwei Welten zu unterscheiden.
Florian TEAM sagte am 04.03.2007 um 19:36 Uhr

Hier der Link zur Fanpage von Michael Ende:
http://www.michaelende.de/

Zitiere daraus:

Am 18. Februar 1983 erhält Michael Ende einen Anruf vom Art-Director Ul de Rico, der ihn fragt, ob er denn tatsächlich mit dem neuen Drehbuch einverstanden sei. Ende weiß von keinem neuen Drehbuch. So erfährt er, dass das Drehbuch, das er gemeinsam mit Wolfgang Petersen schon "mit sehr schwerem Herzen" und "ungutem Gefühl" erarbeitet hat, von Bernd Eichinger verworfen worden ist. Die Überarbeitung durch einen ihm völlig unbekannten Drehbuchautor, den Bernd Eichinger hinter seinem Rücken mit einer neuen Fassung beauftragt hatte, hält Michael Ende für nicht mehr akzeptabel.


sowie:
Es ruiniere den Sinn seines Romans und mache daraus einen Comic-Streifen, der an der Idee seines Buches völlig vorbeigehe. Er fordert von seinem Verleger, den Verfilmungsvertrag per Telex umgehend zu kündigen. Sein Verlag drängt auf eine letzte Verhandlung mit Eichinger, bevor die Kündigung ausgesprochen wird.Am 10. März 1983 findet in den Räumen des K.Thienemanns Verlags in Stuttgart das entscheidende Treffen statt: auf der einen Seite Michael Ende, die beiden Verleger Hansjörg Weitbrecht und Gunter Ehni samt ihrem Rechtsberater, auf der anderen Seite Bernd Eichinger mit seinen Anwälten. Michael Ende, selbst ohne juristischen Beistand, bemüht sich mit aller Macht, den Film zu stoppen, doch Bernd Eichinger droht im Gegenzug mit einer Schadens-ersatzklage in Millionenhöhe, falls Michael Ende tatsächlich die Rechte zurückziehe. Der Rechts-anwalt des Verlages hält diese Gefahr tatsächlich für begründet und empfiehlt, aus wirtschaftlichen Gründen nachzugeben. Es kommt zur Unterzeichnung des so genannten "Stuttgarter Dokuments". Darin verpflichten sich Verlag und Autor, Herstellung und Auswertung des Films nach dem neuen Drehbuch nicht zu behindern. Falls mit dem Ergebnis tat-sächlich nicht einverstanden, behält sich Michael Ende das vertragliche Recht vor, nach der Vorführ-ung der Nullkopie seinen Namen zurückzuziehen.
















Florian TEAM sagte am 04.03.2007 um 19:38 Uhr

Danke für diese schöne und informative Rezension zu dem Lieblingsfilm meiner Kindheit!!
Renee TEAM sagte am 05.03.2007 um 10:04 Uhr

Die Rezension zu schreiben war mir selbst auch ein Vergnügen, denn mich hat "Die Unendliche Geschichte" ebenfalls als mein Lieblingsfilm durch die Kindheit begleitet. :-)

Und meinerseits danke an Florian für die ausführliche Wiedergabe der Streitfrage zwischen Autor und Filmemacher!
Florian TEAM sagte am 05.03.2007 um 11:43 Uhr

Natürlich war "Die Unendliche Geschichte" auch mein Lieblingsbuch, und ich habe sie in meiner Volksschulzeit jedes Jahr gelesen, sogar einmal bei einer Buchpräsentation vorgestellt.
Letztes Jahr habe ich sie wieder gelesen, und ich mag sie noch vielmehr :-) Ist eben eines jener Bücher, das man als Erwachsener ganz anders liest.

Zum Film: da bin ich wirklich voll drauf abgefahren.
Meine Eltern mussten sich schließlich sogar einen (damals noch sehr teuren) Videorecorder kaufen, damit ich mir "Die Unendliche Geschichte" immer wieder ansehen konnte, und wir sind auf mein Drängen in die Bavaria Filmstudios gereist, wo ich auf Fuchur und der Rennschnecke reiten durfte. Meine Eltern haben sich da aufgrund meines Die-Unendliche-Geschichte-Fiebers ziemlich viel mitgemacht.
Steff sagte am 14.07.2007 um 10:12 Uhr

Ich habe zwar die "Unendliche Geschichte" in meiner Kindheit nicht so oft geschaut wie einige andere :-D, aber natürlich gehörte er auch zu meinen Erinnerungen an die Kindheit. Schon alleine wegen der Musik. Es stimmt zwar das die Technik noch nicht so ausgereift war, aber dafür haben sie die Rotzaktionen (um das mal so auszudrücken) echt gut hinbekommen. Mir tat Atréju immer sehr leid getan. So viel schnotter! Igitt
Renee TEAM sagte am 28.01.2011 um 08:28 Uhr

Die ARD ändert aus aktuellem, traurigem Anlass das Programm und zeigt "DIE UNENDLICHE GESCHICHTE" zum Gedenken an Bernd Eichinger heute um 10:25 Uhr.

Kommentar schreiben | Einem Freund empfehlen

 

Impressum