Auf der Flucht vor ein paar Schulkameraden und einer weiteren, drohenden Erniedrigung findet sich Bastian Balthasar Bux (Barret Oliver) in einer antiquarischen Buchhandlung wieder. Der Besitzer, Herr Koreander (Thomas Hill), hat für den unverhofften Besuch zunächst nichts übrig. Jedoch schafft Bastian es, dem alten Mann mit einer Beschreibung seiner eigenen Buchsammlung ein anerkennendes Nicken abzuringen. Herr Koreander selbst ist gerade in die Lektüre eines Buches vertieft, dass – wie er sagt – anders ist als alles, was Bastian bisher gelesen hat. Als das Telefon die beiden stört und Herr Koreander vorübergehend das Zimmer verlassen muss, um den Anruf entgegenzunehmen, gelingt es Bastian, einen Blick auf eben jenes Buch zu werfen. Ohnehin neugierig geworden durch Herrn Koreanders geheimnisvolle Andeutungen und fasziniert von dem geheimnisvollen Symbol auf dem ledernen Umschlag – zwei Schlangen, die sich gegenseitig in den Schwanz beißen und mit ihren ineinander verschlungenen Körpern ein Oval bilden – entschließt sich Bastian kurzerhand, das Buch „auszuleihen“. Mit dem dicken Folianten unter seinem Sweatshirt rennt er durch die Straßen der Stadt und gelangt schließlich zu seiner Schule. Hier bemerkt er, dass er eigentlich in der Klasse sitzen und wie seine Mitschüler eine Mathearbeit schreiben sollte. Die Aussicht auf einige interessante Lesestunden ist jedoch weit verlockender, und so versteckt sich Bastian auf dem Schulspeicher und beginnt, „Die
Unendliche Geschichte“ zu lesen:
Das Land Phantásien ist von einer geheimnisvollen Macht bedroht, die das Nichts genannt wird und langsam aber stetig die Bewohner sowie ganze Landstriche Phantásiens einfach verschwinden lässt. Die Kindliche Kaiserin (Tami Stronach) wird zur selben Zeit von einer schweren und nicht zu bestimmenden Krankheit heimgesucht, die scheinbar mit dem Nichts zusammenhängt. Die Kaiserin hat bereits den Krieger Atréju (Noah Hathaway) zu sich rufen lassen, und als dieser endlich am Elfenbeinturm ankommt, erhält er den Auftrag, ein Heilmittel für die Erkrankte und damit gleichzeitig eine Waffe gegen das Nichts zu finden. Obwohl selbst noch ein Kind macht sich Atréju mit seinem Pferd Artax auf die Reise. Er sucht die Uralte Morla, das weiseste Wesen Phantásiens, auf und erfährt von ihr, dass der entscheidende Hinweis auf ein Heilmittel wahrscheinlich nur vom Südlichen Orakel zu bekommen ist. Bevor sich Atréju jedoch auf den Weg dorthin machen kann, erliegt er fast ebenfalls der bedrückenden Atmosphäre von Morlas Heimat, den Sümpfen der Traurigkeit, die ihm bereits Artax genommen haben. In letzter Sekunde wird er durch den Glücksdrachen Fuchur vor dem Versinken im Sumpf ebenso wie vor dem tödlichen Gesandten des Nichts, dem Gmork, der sich auf die Verfolgung Atréjus gemacht hat, gerettet. Fuchur bringt ihn zum Südlichen Orakel, und hier erfährt Atréju, dass nur ein Menschenkind Phantásien retten kann, indem es der Kindlichen Kaiserin einen neuen Namen gibt. Denn Phantásien ist die Welt der menschlichen Phantasie und von der Zerstörung bedroht, weil die Menschen ihre Träume und Wünsche langsam aufgeben und vergessen. Langsam begreift Bastian, dass er eben jenes Menschkind ist, dass Phantásien retten kann. Doch vermag ausgerechnet er, ein sonst so unbedarfter Junge, der sich in seiner eigenen Welt schon kaum behaupten kann, genug Mut aufzubringen, um diese wichtige, verantwortungsvolle Aufgabe anzunehmen und zu erfüllen?...
Leseratten haben Bastian und Atréju schon länger auf ihren abenteuerlichen Reisen begleitet. Michael Ende hat mit seinem Roman
"DIE UNENDLICHE GESCHICHTE" (genauso wie mit dem ebenfalls verfilmten Buch "
Momo") einen modernen Klassiker geschaffen, der nicht nur Kinder und Jugendliche fesselt, sondern ob seiner vielschichtigen Deutungsebenen auch erwachsenen Lesern jede Menge Anregungen zum Nachdenken und Mitträumen bietet. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Filmemacher des Romans, der oftmals als modernes Märchen bezeichnet wird, annehmen würde, und so wurde er schließlich von Wolfgang Petersen ("Das Boot", "Air Force One") in ein Kinoabenteuer verwandelt. Bekanntlich war Michael Ende mit der Umsetzung seines Romans mehr als unzufrieden und distanzierte sich vom Film. Den Kinogängern jedoch hat er gefallen. Und sieht man davon ab, dass mit diesem Film nur der erste Teil des Romans verfilmt wurde (genauso wie man unbedingt die beiden Sequels ignorieren sollte, die sich eher schlecht als recht dem Rest des Buches bzw. einer völlig frei erfundenen Erweiterung annehmen), kann man
"DIE UNENDLICHE GESCHICHTE" mehr als genießen. Die mechanisch zum Leben erweckten Figuren wie Fuchur, Morla und der Gmork, würden nach den heutigen technischen Standards natürlich niemanden mehr überzeugen. Doch der Nostalgie-Faktor zeigt sch gerade in diesem Punkt besonders einflussreich. Denn trotz der etwas hölzernen Bewegungen strahlen die Figuren Wärme und viel Charme aus und bereichern die phantasievoll gestaltete Optik des Films.
Die menschlichen Charaktere sind gut besetzt, besonders
Tami Stronach als Kindliche Kaiserin zeigt in ihrem Mimikspiel eine beeindruckende Mischung aus Unschuld und Erfahrung, aus Unsicherheit und Souveränität, und bringt damit das Wesen der Figur nachhaltig zum Ausdruck. Es ist schade, dass gerade von den hier noch sehr jungen Schauspielern nur einige weniger beachtete Filmprojekte folgten.
Ein bemerkenswerter Umstand ist die Tatsache, dass es für die deutsche und die US-amerikanische Kinoversion zwei verschiedene Eingangssequenzen gibt. Ist der Eröffnungstitel der deutschen Version mit einem weißen Schriftbild auf schwarzem Grund zumindest visuell eher schlicht gehalten, so wird der Zuschauer in der US-Version durch einen wortwörtlichen Blick in die Wolken zu den Klängen von
Limahls „Neverending Story“ bereits auf die später folgenden Ritte auf dem Glücksdrachen Fuchur vorbereitet. Diese zweite Variante bietet einen deutlich fröhlicheren Eingang in die Geschichte, wogegen die deutsche Eröffnungssequenz durch die geheimnisvolle, atmosphärische Musik von
Klaus Doldinger ("Das Boot", "Living Dead") fast ein wenig unheimlich daherkommt. Hier liegt auch der Knackpunkt in der Entscheidung, welche Version man sich zu Gemüte führen möchte, sofern man die Sonderedition der DVD in Händen hält – hier sind nämlich beide Varianten (die US-Fassung als Extrafilm auf der Bonusdisk) zu finden. Denn die sonst kaum merklichen Unterschiede in Schnitt und Farbgebung, die sich durch den Film ziehen, sind für die Entscheidungsfindung eher nebensächlich. Vielmehr muss man sich zwischen Originalton und Doldingers Soundtrack entscheiden. Der Originalton ist für jeden Cineasten eigentlich ein Muss, jedoch enthält die US-Fassung eine reduziertere bzw. veränderte Version der großartigen Musik Doldingers. Und wer diese in all ihrer ursprünglichen Pracht genießen möchte, kann nicht anders, als sich jenen Film anzuschauen, der für den deutschen Markt gedacht war (oder – mit etwas mehr Zeit und Geduld – beide Varianten). Da jedoch die deutsche Synchronisierung recht gut gelungen ist, fällt die Entscheidung schlussendlich vielleicht doch nicht so schwer wie zunächst angenommen.
Als flammendes Plädoyer für Träumereien und Phantasie regt
"DIE UNENDLICHE GESCHICHTE" den Zuschauer genau wie den Leser dazu an, die schier unerschöpfliche Menge und Vielzahl an Geschichten in der großen, weiten (Bücher-)Welt als Anregung, als Zufluchtsort, als Wissensreservoir und als kostbares Gut, das es zu erhalten gilt, zu begreifen und anzunehmen. Die schon oft verbreitete Weisheit, dass auch der Kleinste und scheinbar Unbedeutendste etwas Großes vollbringen kann, findet sich hier ebenfalls wieder. Der belehrend erhobene Zeigefinger ist jedoch bei weitem nicht so übermächtig, dass er den Blick auf einen liebevoll inszenierten Film, den man unbeschwert genießen kann, versperrt. Und so bietet
"DIE UNENDLICHE GESCHICHTE" dem Zuschauer phantasievolle Unterhaltung und reichlich Gelegenheit zum Mitträumen.