John Agar: ein immer wieder gern gesehenes Gesicht, der so manchen Film in höhere Sphären hob. Agar war bei seiner Rollenwahl irgendwann nicht mehr allzu wählerisch, nachdem es mit seiner vielversprechenden Karriere aus diversen Gründen dann doch nicht klappte. Dabei ist sein Werk im Genrefilm qualitativ recht vielfältig: ist „Tarantula“ von Jack Arnold ein Klassiker des Monsterspinnenfilms, spielte Agar auch in „Die Augen des Satans“ mit (Kenner erinnern sich: das ist der Streifen, der die famose Idee hatte, einen intergalaktischen Verbrecher in Form eines fliegenden Hirnes mit telepathischen Kräften zu präsentieren) und trug hier einen großen Teil des Unterhaltungsfaktors bei, während etwa „Die Totengruft des Dr. Jekyll“ leider wirklich ein ziemlich langweiliger Stinker vor dem Herrn ist, in dem auch John Agar keine Lust hatte. Und „In den Klauen der Tiefe“ liegt irgendwo dazwischen, kann sich aber damit rühmen, eine der längsten Abseilsequenzen überhaupt zu haben – die selbstverständlich überflüssig wie ein Kropf in die Länge gezogen wurde.
Ein Archäologenteam rund um Dr. Bentley (John Agar!) macht bei einer Grabung im nicht näher spezifizierten Asien eine spektakuläre Entdeckung: ein Bruchstück mit Hyroglyphen taucht auf, das sich auf die Geschichte der Arche Noah bezieht und von Überlebenden der Flut spricht. Nachdem ein kleiner Junge ein weiteres Artefakt findet, macht sich eine Expedition auf, einen nahe gelegenen B
erg zu erkunden. Dort entdecken sie Ruinen, doch als ein Wissenschaftler auf einmal einbricht, und sich seine Kollegen zur Rettung in die Tiefe begeben (anfangs erwähnte Abseilszene), finden sie das unglaublich: sie entdecken ein Höhlensystem gigantischen Ausmaßes – und eine vollkommen unbekannte Zivilisation von Menschen, die nichts von der Außenwelt wissen. Sie werden entdeckt und als Boten der Götter verehrt, doch ein Hohepriester wittert den Betrug...
Virgil Vogel legte mit „In den Klauen der Tiefe“ aka „The Mole People“ sein Regiedebüt vor, da er eigentlich hauptberuflich als Cutter arbeitete. Dies führte natürlich dazu, dass seine wenigen Spielfilme für geringes Budget gedreht werden konnten, da er seine Kameraeinstellung schon im Hinblick auf den späteren Schnitt wählte – sein später gedrehter Abenteuerfilm „Flug zur Hölle“ wurde als farbenprächtiger Blockbuster von Jack Arnold mit Cary Grant geplant, endete jedoch als Low-Budget-B-Film in schwarz-weiß und mit recht fragwürdigen Dinosauriereffekten eben unter der Regie von Virgil Vogel. Bei „In den Klauen der Tiefe“ verhält es sich ähnlich: hinter den Film steht ebenfalls Universal International Pictures als Produktionsfirma, doch dem Skript von László Görög fällt kaum etwas ein, die Grundidee auf Spielfilmlänge zu strecken, Vogels Regie ist allerhöchstens zweckmäßig, und auch John Agar erntete bei einem Setbesuch von Rock Hudson nur ein ungläubiges „Wie bist du denn hier rein geraten?!“. „In den Klauen der Tiefe“ ist somit über weite Strecken ein langweiliger Schnarcher, der ein paar gute Momente hat, aber halt auch Null durchdacht ist und auch Agar zu wenig an die Hand gibt, als das er den Film retten könnte.
Bereits zu Beginn fährt Vogel nämlich eine Szene auf, die uns auf das schlimmste vorbereitet: ein Professor (ein Typ, der scheinbar in den 50ern mal eine TV-Sendung hatte) hält uns einen langen und vor allem langweiligen Vortrag über Modelle der Erde, der wohl irgendwie auf die Handlung hinweisen soll. Dass das Ganze mit dem eigentlichen Geschehen natürlich relativ wenig zu tun hat, sollte klar sein; umso unterhaltsamer ist aber, dass sich der gute Herr sichtlich unwohl vor der Kamera fühlt, und munter vor sich hindilletiert. Auf jeden Fall kein guter Start für einen Film, aber zumindest ein Anfang, der in Erinnerung bleibt.
Denn wenn ein Film, der eine so dünne Geschichte hat, schon im ersten Drittel sich mittels Archivaufnahmen von Bergsteigern und eben der erwähnten Abseilszene strecken muss, um halbwegs auf seine Laufzeit zu kommen, dann ist klar, dass der Streifen ein großes Problem hat. Das zeigt sich auch daran, dass die Gesellschaft dieser entdeckten Zivilisation überhaupt nicht durchdacht ist; etwa gibt es da eine Kammer, in der Frauen den Göttern geopfert werden. Sie werden in die Kammer gebracht, und verbrennen bei lebendigem Leibe – um anschließend wieder herausgeholt zu werden, ohne dass die anderen die gleichen Verbrennungen erleiden (was umso dümmer wird, wenn man weiß, was sich dort verbirgt – Görög hat für den Ablauf dahinter kein Verständnis, aber mehr will ich nicht verraten). Es gibt weiterhin eine Sklavenkaste – die titelgebenden Mole People, die überraschend detaillierte Masken tragen – und den Herrenmenschen dienen; doch wo sie herkommen, was es damit auf sich hat, wird ebenfalls nicht geklärt. Da kann auch Alan Napier als Hohepriester nicht viel rausreißen, und den kennt man immerhin als Butler Alfred aus der Batman-Serie mit Adam West.
Doch hat „In den Klauen der Tiefe“ auch seine guten Momente. Eigentlich jede Szene mit den Mole People ist interessant. Sie entführen unsere Helden in einer Szene, was technisch gut gemacht ist, indem sie sich aus der Erde hervorgraben und die Helden in die Tiefe reißen – das ist vom Effekt her astrein gemacht. Weiterhin gibt es eine recht beeindruckende Szene, in der wir die Mole People bei ihrer Sklavenarbeit in irgendwelchen dampfenden Gruben sehen. Was sie da machen wird wie gesagt nicht erklärt, aber das Set-Design kann hier wirklich Atmosphäre aufbauen und erinnert an ein Höllenszenario. Allerdings sind das wirklich nur wenig positiv zu nennenden Dinge in Virgil Vogels Film, und spätestens das bekloppte Ende zieht einem dann die Schuhe aus: das musste nämlich neu gedreht werden, weil das Studio befürchtete, die Perspektive von gemeinsamen Nachwuchs John Agars und einer Pseudo-Sumererin könnte für Panik sorgen. Insofern drehte man ein neues Ende, in dem die soeben gerettete Schönheit bei einem Erdbeben erschlagen wird – und damit es völlig bescheuert wird, rennt die Gute offensichtlich noch in die einstürzende Ruine.
„The Mole People“ aka „In den Klauen der Tiefe“ kann man sehen. Muss man aber nicht. Wenn man einen Genrestreifen aus den klassischen 50ern sehen möchte, kann man seine 77 Minuten auch anders investieren – da gibt nämlich etliche bessere. Wenn man die aber alle durch hat, kann man sich mal mal Vogels Film geben. Und sei es allein wegen John Agar.