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von Erik MacArthur




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CUBE

CUBE

Ein Film von Vincenzo Natali

Der Alptraum beginnt, als sieben fremde Menschen in einem mysteriösen Labyrinth aufwachen, das aus gleichgroßen, allerdings verschiedenfarbigen, würfelartigen Räumen besteht. Keiner weiß, wie er/sie dort hin gekommen ist, was sehr schnell zu einer ersten, heftigen Panikattacke eines Protagonisten führt, die tödlich endet. Die übrig gebliebenen sechs Personen müssen nun mit Schrecken feststellen, dass manche Räume ihres Gefängnisses mit todbringenden Fallen gespickt sind, während andere wiederum ein gefahrloses Durchqueren ermöglichen. Getrieben von dem Hang zur Selbsterhaltung spitzen sich allmählich die zwischenmenschlichen Konflikte zu, da jeder Einzelne überleben will, und die Frage nach dem Warum, dem Grund des Einsperrens, zerrt dabei unaufhörlich an den sowieso schon angespannten Nerven der Gefangenen.


Wenngleich sich die Story relativ kurz zusammenfassen lässt und den Eindruck erweckt, es ginge hier (wieder einmal) nur darum, die Besetzung möglichst originell nach dem „Zehn-kleine-Negerlein“-Prinzip zu dezimieren, ist „CUBE“ in Wirklichkeit um einiges tiefgründiger und vielschichtiger, als es den Anschein haben mag.


Jeder Mensch hat sich bestimmt in seinem Leben mehr als nur einmal die Frage gestellt, woher er kommt, wohin er geht. Wir werden in diese Welt geboren, auf der wir fortan wandeln, ohne wirklich den Grund dafür zu wissen. Diese Ausgangslage ist mit der der Protagonisten in â€
žCUBE“
ganz am Anfang durchaus vergleichbar. Der Polizist, die Ärztin, die Highschoolschülerin, der Ausbruchskünstler, der Architekt und letztlich auch der Autist – sie alle stehen für unterschiedliche Typen des Menschen und finden sich plötzlich in etwas wieder, das ihnen neu und fremd ist. Der Würfel, in dem die Personen aufwachen, kann somit mit guten Gründen als die Vergegenständlichung des Lebens an sich verstanden werden, ist doch auch unser aller Leben mit Fallen und unschönen Momenten gespickt, die wir versuchen, bestmöglich zu umgehen. Auf geradezu brutale Art und Weise führt der Film dem Zuschauer vor gespannt begutachtende Augen, dass dieses Umgehen im Alleingang selten von Erfolg gekrönt sein wird, und hebt das Handeln in der Gemeinschaft, den „Gemeinsam sind wir stark“-Grundsatz deutlich hervor.


Jetzt erklärt sich auch, warum gerade diese zu Anfang noch sieben Personen – ihre Namen Alderson, Kazan, Worth, Leaven, Quentin, Rennes und Holloway stehen allesamt für Gefängnisse bzw. für die Städte, in denen sich Gefängnisse befinden – sich im Würfel, ihrer privaten Hölle, wiedergefunden haben. Sie eint ihre jeweilige besondere Begabung auf einem bestimmten Gebiet, niemand ist ohne Bedacht dabei. So ist es die Mathematikstudentin Leaven (Nicole deBoer), die herausfindet, dass sich die Fallen wohl nur in Räumen mit Nummern verbergen, die Primzahlen enthalten. Sie ist in gewisser Hinsicht der Stein des Anstoßes für den Versuch, miteinander zu kooperieren, gemeinsam dem Gefängnis zu entkommen. Und in dem Autist Kazan (Andrew Miller) findet die Gruppe schließlich ihren letzten Ausweg aus dem erbauten Alptraum, ist Kazan doch in der Lage, trotz seiner Behinderung innerhalb kürzester Zeit die Anzahl vom Primfaktoren dreistelliger Zahlen zu erkennen und so dem Ziel – dem Ausgang – näher zu kommen. Dies verdeutlicht nur allzu klar, dass jedem Menschen im Leben eine Aufgabe zukommt, sei sie auch noch so klein. Der Film ist in dieser Hinsicht schonungslos, aber realistisch ehrlich zugleich.


Auch wenn das Kooperieren zum Zwecke des Umgehens der Fallen bis zu einem gewissen Punkt funktioniert, ist die größte aller Fallen letztlich die, die man nicht sehen kann: der Drang des Menschen zur Selbsterhaltung, einhergehend mit einem überaus starken Lebenswillen. Diesen Menschen ist es nicht egal, ob sie überleben, sie sind fanatisch in ihrem Handeln. Genretypisch verändert eine Extremsituation, wie sie der Film zeigt, bisweilen die Psyche der Agierenden und lässt sie durchdrehen. Jeder will schlussendlich der Erste sein und schreckt im schlimmsten Fall auch nicht davor zurück, über Leichen zu gehen. In der Person des Polizisten Quentin, der von einem überragend spielenden Maurice Dean Wint dargestellt wird, zeigt der Film das allmähliche Verfallen in den Wahnsinn in buchstäblich wahnsinnig erschreckenden Bildern. Das Wissen, dass man sterben könnte – wir reden hier nur von der bloßen Möglichkeit – resultiert bei Quentin in einem wahrhaft mörderischen Rausch, an dessen Ende einige Gruppenmitglieder ihr Leben verlieren. Das Wissen schürt bei ihm zudem tiefstes Misstrauen, weshalb er sich gegen Ende fast nur noch an Leaven hält, ohne deren Hilfe er sein Ziel zu entkommen nicht zu erreichen glaubt. Das Ende des Films, das hier jedoch nicht verraten wird, wartet aber mit einer handfesten Überraschung auf, die sich am Anfang noch nicht abgezeichnet hat. Einzig, wer den gerade getätigten Gedanken um tödliches Wissen etwas weiterspinnt, kommt zu einem interessanten Umkehrschluss (und dem Ende ein Stückchen näher).


Natürlich stellt sich der Zuschauer dieselben Fragen wie die Personen im Film – woher kommt der Würfel? Was wird mit ihm bezweckt? Diese Fragen werden einen auch nach dem Abspann noch beschäftigen, denn (definitive) Antworten gibt es keine. Mit dem, was wir an Lösungsansätzen erhalten, stehen wir keinen Deut besser als die sieben Gefangenen da, aus deren Sicht dieses Kammerspiel erzählt wird. Und das ist auch gut so. Vincenzo Natali, der seinen klaustrophobischen Debütfilm-Alptraum mit einfachsten, aber dafür umso intensiveren Mitteln auf die Leinwand bannt, lässt bewusst viele Fragen offen. Jeder, der diesen Film sieht, hat einen anderen Lösungsansatz, gleich den Gefangenen, die selbst vor krudesten Verschwörungstheorien nicht halt machen. Lediglich die Theorie, dass Außerirdische den Würfel gebaut haben, sei – so Natali in einem früheren Interview – nicht überzeugend. Natalis Vision einer persönlichen Hölle auf Erden ist gerade wegen der unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten ein mehr als gelungener spannender Psycho-Trip in menschliche Abgründe. Die Welt als solche ist in „CUBE“ nicht schön, sie umgibt den Würfel in beinahe vollkommen vereinnahmender Schwärze. Wer sich jedoch auf die Reise ins Unbekannte einlässt, kann vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringen. Gibt es etwas da draußen, das das Leben interessant, lebenswert macht? Oder ist wirklich alles nur schwarz und undurchschaubar? Nur jede(r) Einzelne kann für sich selbst herausfinden, was ihn oder sie im Leben erwartet. Dann wissen wir vielleicht, obwohl man nie wirklich wissen kann – faszinierend!

Auch interessant:
"CYPHER" [2002]
"CUBE 2: Hypercube" [2002]

Eine Rezension von Stefan Rackow
(11. Juni 2007)
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Daten zum Film
CUBE Kanada 1997
(CUBE)
Regie Vincenzo Natali Drehbuch Vincenzo Natali, André Bijelic, Graeme Manson
Produktion Mehra Meh, Betty Orr Kamera Derek Rogers
Darsteller Nicole de Boer, Nicky Guadagni, David Hewlett, Andrew Miller, Julian Richings, Wayne Robson, Maurice Dean Wint
Länge ca. 87 Minuten FSK ab 16 Jahren
Filmmusik Mark Korven
Kommentare zu dieser Kritik
Anj TEAM sagte am 11.06.2007 um 17:41 Uhr

Du bringst die Geschichte und ihre Bedetung wirklich super auf den Punkt. Cube ist irgendwie einzigartig. Das zeigt sich vor allem schon in den Schauspielern. Diemsal gibt es keine richtigen Sympathieträger und schon gar nicht so Hollywoodschönheiten. Die Darsteller sehen eben aus wie ganz gewöhnliche Menschen und mit einem von ihnen wird man sich identifizeiren können.
Ãœber das Ende musste ich erst nachdenken.
Finde ich das gut oder nicht? Auf jeden Fall sit es sehr gewagt, alles offen zu lassen. Daddurch sit man antürlich sehr gwillt, die beiden Fortsetzungen zu sehen. Ich kann mich nicht mehr genau an Teil 2 und 3 erinnern, glaube aber, dass in Teil 3 einiges aufgeklärt wurde, währenddessen der zweite Teil nur überflüssig erschien. Allerdings kommen beide Teile nicht im indesten an den sehr guten ersten heran.
Renee TEAM sagte am 11.06.2007 um 17:56 Uhr

Oi! Ich muss gestehen, dass ich mir noch nicht einmal ansatzweise genug Gedanken über den Film gemacht habe, um auch nur die Hälfte der hier angeführten Ideen selbst zu entwickeln. Von daher: vielen Dank für diese sehr aufschlussreiche und zudem sehr unterhaltsam geschriebene Rezension! Ich werde wohl noch mal etwas genauer über den Fimn und vor allem den Schluss achdenken müssen...
schlaubi TEAM sagte am 14.06.2007 um 12:49 Uhr

Der Brunnen

Der Meister versammelte all seine Schüler um sich und sagte zu ihnen: "Ich möchte euch eine Geschichte erzählen. Sie handelt von einem Bauer, der auf seinem Gut gerade seinen ersten eigenen Brunnen gegraben hatte. Der Bauer hatte sieben Söhne und zum Abendmahl erhielt immer einer von seinen Söhnen den Auftrag, zum Brunnen zu gehen und Wasser für die ganze Familie zu schöpfen. Und so ging jeden Abend einer der Sieben zum Brunnen und holte Wasser. Aber es geschahen eigenartige Dinge. Am Ende der ersten Woche hatten vier der Söhne schlechtes, fauliges Wasser aus dem Brunnen geschöpft. Die anderen drei hatten klares, frisches Wasser aus dem Brunnen geholt. Keiner konnte sich erklären warum. Also ging am nächsten Tag einer drei Söhne die klares Wasser geschöpft zum Brunnen und holte Wasser. Doch diesmal schöpfte auch er fauliges Wasser. Am Ende der zweiten Woche hatten plötzlich die vier Söhne, die in der ersten Woche schlechtes Wasser geschöpft hatten, frisches Wasser aus dem Brunnen geholt und die drei Söhne die frisches Wasser geschöpft hatten, hatten diesmal fauliges Wasser geschöpft. Da der Brunnen offensichtlich keinen Unterschied machte zwischen den Söhnen, gingen sie weiterhin jeden Abend Wasser holen. Und bis heute schöpfen sie an einigen Tagen klares, frisches Wasser und an anderen Tagen schlechtes, fauliges Wasser aus dem Brunnen."
Als er seine Geschichte beendet hatte, sah der Meister seine Schüler an und fragte sie: "Was glaubt ihr, worum es in dieser Geschichte geht?"
Der Eifrigste der Schüler rief sofort: "Es geht um Zufriedenheit!". "Nein", rief ein anderer "es geht um Religion". "Ich denke es geht um Träume", sagte ein dritter. Und alle Schüler brachen in eine wilde Streiterei darüber aus, worum es in der Geschichte eigentlich ging. Nur der jüngste Schüler saß still auf seinem Platz. Nach einiger Zeit sagte er: "Ich glaube in der Geschichte geht es um gar nichts."
Der Meister sah seine Schüler und sagte: "Stimmt. Manchmal ist eine Geschichte einfach nur ein Geschichte."

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