Faustregel: Filme mit wunderbar originellem Titel sind bestenfalls medioker, schlimmstenfalls völlig überflüssig. Offenbar wandert die gesamte Kreativität und Gedankenkraft in das Ausknobeln eines schmissigen Namens. Das war bei
SURF NAZIS MUST DIE schon so, wird bei SORORITY BABES IN THE SLIMEBALL BOWL-O-RAMA ebenso sein und trifft auf SLAUGHTERHOUSE OF THE RISING SUN genauso zu. Schade.
SLAUGHTERHOUSE beginnt mit einer Kriechschrift: Der Film wurde 1972 gedreht, aber dann ermordetete Regisseur und Hauptdarsteller Vin Crease seinen Produzenten und wanderte in die Psychiatrie, woraufhin die Negative verschwanden. Erst jetzt, 23 Jahre später, fand man den verschollenen Film, der hier zum ersten Mal der Öffentlichkeit preisgegeben wird.
Ja. Und BLAIR WITCH war ein Dokumentarfilm.
Natürlich ist die um den Film herumgestrickte - und in den DVD-Features weitergesponnene - Geschichte Marketing-Humbug. Vin Crease heißt im wirklichen Leben D.C. Mann, hat den Film 2003 gedreht und läßt ihn, gleichermaßen als stilistische Fingerübung und Hommage quasi, wie einen Film aus den Siebzigern aussehen und wirken. Der Plot dreht sich um die Pornodarstellerin Jennifer, die in der Nervenheilanstalt landet, und sich nach ihrer Entlassung einer Gruppe
Hippies anschließt, die dann der Reihe nach sterben. Wer mag für die Morde verantwortlich sein? Eine Frage, die nur den komplett überforderten Zuseher 78 Minuten bei Laune halten dürfte.
So ist SLAUGHTERHOUSE also ein Exploitation-Film, wie er 1972 gemacht hätte werden können. Natürlich ist er billig inszeniert, und freilich ist das Buch ebenso unaufregend wie die meisten der für schnelles Geld heruntergekurbelten
Flicks der damaligen Zeit. Der Look sitzt: Überbelichtete Bilder, Grobkorn, Flimmern und Streifen durchs Bild. Freilich sieht das geübte Auge, daß der Film eigentlich auf digitalem Material gedreht wurde und nachträglich auf alt getrimmt wurde - aber immerhin wurde der Film so getreu auf die Zeit hingetrimmt, daß man ihn größtenteils wirklich ins Jahr 1972 datieren würde.
Da liegt natürlich auch das Problem des Unterfangens: SLAUGHTERHOUSE ist in seiner Story und in seinem Look, quasi in jeder Pore, so dicht an den Trashfilmen der Siebziger dran, daß jegliche ironische Brechung, jegliche Arbeit mit dem Material fehlt. Crease/Mann spielt nicht mit der Filmsprache dieser Zeit, er verwendet sie ganz einfach. Der Effekt ist schlichtweg der, daß der Film genauso wenig erbaulich ist wie einer der Bahnhofskino-Streifen der damaligen Zeit - und ohne den Gag mit der vermeintlich sensationellen Hintergrundstory würde SLAUGHTERHOUSE komplett seine Existenzberechtigung verlieren.
Es ist eigentlich schade, daß der Film nicht wirklich aus dem Jahr 1972 ist: Er würde perfekt den ins Dunkle verkehrten Hippie-Traum darstellen, den Niedergang des sorglosen Lebens, der mit den Manson-Morden aus den eigenen Reihen kam. Viele Filme der damaligen Zeit spiegeln diese Veränderungen wieder - sei es bewußt oder unbewußt. Aber was mag uns Crease heute darüber erzählen? Der Ansatz bleibt eine stilistische Übung - vergleichweise könnte ich einen Film über die kommunistische Bedrohung machen, der exakt den Look der Fifties rekreiert: Was könnte dabei herauskommen, das über die Fingerübung hinausgeht?
So bleibt SLAUGHTERHOUSE ein leidlich unterhaltsamer Quickie, dessen drumherum gestricktes Konstrukt dem Film eher im Weg steht. Der Titel ist viel reißerischer als der Film selbst, der mit wenig Blut auskommt und eher auf psychedelische Spielereien setzt. Natürlich spielen alle Darsteller wie bei der Augsburger Puppenkiste, und natürlich geht es um gar nichts. Das kann man sich 78 Minuten lang ansehen, wenn man mag, aber warum sollte man?