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Terry Pratchetts The Color of Magic

Terry Pratchetts The Color of Magic

Ein Film von Vadim Jean

„Who is he?“
„He says he’s a tourist.“
„What does that mean?“
„I think it means ‚idiot’.“


Nun ja, als sonderlich gast- oder fremdenfreundlich kann man solche Diskurse wohl kaum gelten lassen. Gut, dass Zweiblum (Sean Astin) davon nichts mitbekommen hat. Der arme Kerl hat es schon nicht leicht. Da reist er als erster Tourist der Scheibenwelt nach Ankh-Morpork und wird seit dem Moment seiner Ankunft allerorts vor allem mit Unverständnis empfangen. Er möchte eigentlich nur das alltägliche Leben der Bewohner kennen lernen, das – so glaubt er – abenteuerliche Treiben aus nächster Nähe begutachten, die Sehenswürdigkeiten der Stadt besichtigen und vor allem alles gewissenhaft in Bildern festhalten, um dereinst im hohen Alter vor den Kamin gekuschelt in Erinnerungen schwelgen zu können. Doch unversehens gerät Zweiblum in eine ereignisreiche Entwicklung, die er mit seiner gutmütig naiven Art zunächst allerdings kaum als ungewöhnlich oder gar gefährlich wahrnimmt, während der Adrenalinspiegel seiner Begleiter einem konstanten Auf und Ab unterworfen ist.

Ausgangspunkt für Zweiblums Abenteuer, welches ihn in die entlegensten Ecken der Scheibenwelt führen wird, ist das Interesse des Patriziers (Jeremy Irons) am Wohl seiner Stadt und seiner selbst, welches ihn dazu veranlasst, Zweiblum einen persönlichen Führer zur Seite zur Seite zu stellen, auf dass dieser während seiner Entdeckungsreise
sicher und behütet bleibe. Rincewind (David Jason), wie der für diese Aufgabe Auserkorene heißt, ist soeben nach kaum nennenswerten 40 Jahren erfolglosen Zauberei-Studiums der Unsichtbaren Universität verwiesen worden. Hierfür maßgeblich verantwortlich ist Trymon (Tim Curry), der mit aller Macht innerhalb der Zaubererhierarchie aufsteigen will. Nur hat er nicht damit gerechnet, dass er seine Pläne mit der Verbannung des alternden Lehrlings selbst in Gefahr bringt. Nun muss er sich daran machen, das Verlorene wiederzufinden, was sich als äußerst knifflig erweist. Denn mittwärts und randwärts der Scheibenwelt führt die Odyssee, während der Rincewind und Zweiblum mit Drachen fliegen, gegen reißende Ströme kämpfen und schließlich inmitten der Verschwörung in den Reihen der Zauberern entdecken, was wirklich in ihnen steckt...

Nachdem Weihnachten 2007 bereits "Terry Pratchetts Hogfather" das Licht der Fernsehwelt erblickt hatte, machte sich das Team um Vadim Jean daran, erneut das abenteuerliche Geschehen auf der Scheibenwelt in einen TV-Film umzusetzen, dem dieses Mal die ersten beide Romane der Reihe als Vorlage dienten. Und das, obwohl Pratchett sich 2003 in einem Interview auf die Frage nach möglichen Verfilmungen seiner Romane noch recht ablehnend äußerte. Unsicher, ob die besondere Atmosphäre der Bücher auf dem Bildschirm widergespiegelt werden könnte, betonte er, dass die Geschichte vor allem von den Dialogen und der Stimme des Erzählers getragen würde. Wie sich das in einen Film übertragen lassen würde, der den Zuschauer genauso fesselt wie es die Bücher vermögen, war ihm ein Rätsel.
Doch mit den Jahren scheint Pratchett seine Meinung geändert oder vielleicht auch nur einen Hang zum Glücksspiel entwickelt zu haben, zumindest was das erstmalige Überschreiben der Filmrechte an einem seiner Werke anging. Da das OK für eine weitere Verfilmung nur kurz nach "Hogfather" erfolgte, dürfen wir wohl annehmen, dass er mit der Arbeit an diesem Film zufrieden war. Und so können wir uns nun "THE COLOR OF MAGIC" widmen und in die Anfänge der Geschichte um Rincewind und Co eintauchen.

Die Scheibenwelt-Romane waren nach Pratchetts Aussage eine Reaktion auf mangelnde Innovation und Originalität. Als phantastische Geschichten gegen Ende der 70er den literarischen Markt geradezu überschwemmten, schien ihm die Zeit gekommen, die mittlerweile bekannte klassische heroische Fantasy erfolgreich auf die Schippe zu nehmen. „A jolly book written for the jokes“ nannte er selbst sein Werk, das den Auftakt bildete zu einer Reihe, die in den kommenden Jahren eine weltweit stetig wachsende Fangemeinde um sich scharen sollte. Gerade der ungezwungene Umgang mit großen literarischen Vorbildern, der humorvolle Ton, die satirisch gestalteten Figuren sind es, welche die Leser und nun auch die Zuschauer begeistern. Ob nun dank Zweiblum, der als stereotype Verkörperung des naiven Touristen von einem Schlamassel in den nächsten stolpert, Rincewind, den cleveren aber zaudernden Amateur-Magier, oder Tod, der mit einer gehörigen Portion Sarkasmus die Reise der unfreiwilligen Abenteurer als running gag begleitet – für Lacher ist allein durch die wunderbar schrägen Figuren gesorgt, allesamt überzeugend und mit viel Witz dargestellt durch die nicht zu unrecht bejubelte Darstellerriege.

Doch so absurd die Figuren auch erscheinen mögen, sind sie vor allem ein Spiegelbild unserer selbst, finden sich doch alle denkbaren menschlichen Reaktionen und Charakterzüge in den phantastischen Gestalten der Scheibenwelt. Gleiches gilt für Schauplätze wie die Stadt Ankh-Morpork, deren Gestaltung sich nicht auf ein einzelnes Vorbild stützt, sondern die unterschiedlichsten Wesenszüge menschlicher Gemeinschaften in sich vereint und dabei zu einer voll funktionsfähigen Umgebung wird, in der alles seine Bestimmung hat und jeder Notwendigkeit Rechnung getragen wird (im Interview mit dem BBC World Book Club wies Pratchett darauf hin, dass hier selbst die Existenz einer Kondom-Fabrik glaubwürdig ist, was in der klassischen Fantasy so eher weniger denkbar wäre). Der Erfolg dieser Gestaltung liegt also wohl darin, dass jeder einzelne Zuschauer und Leser sein eigenes Umfeld im Vorbild Ankh-Morporks und der Scheibenwelt im allgemeinen wiedererkennen kann und sich somit heimisch fühlt, auch wenn er sich dessen womöglich gar nicht bewusst ist.

„I really, really wish I believed in magic. But the trouble is, I believe there is probably more actual magic in a television remote control than there is in any magical book you could possibly name.“ So Terry Pratchett zum Thema Magie. Kein Wunder also, dass uns das auf den ersten Blick exotische Treiben auf der Scheibenwelt letztlich doch merkwürdig vertraut vorkommt. „It’s like I am wandering around in the inside of my head. It’s kind of a strange feeling.“ kommentierte er im April 2008 die zweite Verfilmung seiner Romanreihe. Nun, an der Umsetzung gibt es für ihn trotz einiger Längen wahrlich nicht viel auszusetzen, besticht "THE COLOR OF MAGIC" neben der imposanten Darstellerliste auch mit Special Effects, die zwar keinen Blockbuster aus dem Film machen, für eine TV-Produktion jedoch ungewöhnlich aufwendig ausfallen. Um all dies zu genießen gibt es ein einfaches Rezept: lassen wir uns gleich Zweiblum unvoreingenommen und offen von Terry Pratchett an die Hand nehmen und begeben wir uns auf Entdeckungsreise durch eine phantastische Welt, die uns schlussendlich wieder dorthin führen wird, wo alle Reisen einmal enden: heim, zurück zu uns selbst. Wie Zweiblum letztlich auch feststellt: „Eigentlich war man erst so richtig weg, wenn man nach Hause kommt.“

Eine Rezension von Nicole Goldstein
(19. November 2008)
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Daten zum Film
Terry Pratchetts The Color of Magic GB 2008
(The Color of Magic)
Regie Vadim Jean Drehbuch Vadim Jean
Produktion Rod Brown, Ian Sharples u.a. (RHI Entertainment / The Mob Film Company) Kamera Gavin Finney
Darsteller David Jason, Sean Astin, Tim Curry, Jeremy Irons, James Cosmo, David Bradley, Nicholas Tennant, Laura Haddock, Nigel Planer
Länge 2-teilig, insgesamt ca. 180 Min. FSK 12
http://www.skyoneonline.co.uk/tcom/index.html
Filmmusik Paul E. Francis, David A. Hughes
Mit den Stimmen von Christopher Lee als TOD und Brian Cox als Erzähler.

Nach den Romanen "Die Farben der Magie" (1983) und "Das Licht der Phantasie" (1986) von Terry Pratchett.

Rezensions-DVD freundlicherweise zur Verfügung gest
Kommentare zu dieser Kritik
Stefan R. TEAM sagte am 09.12.2008 um 17:20 Uhr

Die zweite Verfilmung einer (bzw. zwei) Geschichte(n) der von mir hoch geschätzten Scheibenwelt macht im Endeffekt genau das wett, was "HOGFATHER", dem überaus soliden Vorgänger, eine etwas höhere Wertung abspenstig machte: sie steigerte den Unterhaltungswert in nahezu allen Bereichen. Schauspiel-Leistungen (allein voran Sean Astin), Effekte und Ausstattung liegen weit über dem, was man gemeinhin mit einem TV-Film assoziieren würde.

"The Color of Magic" ist einfach ein rundum gelungenes Vergnügen, das garantiert nicht so flach daherkommt wie die Welt, um die es sich in der Geschichte dreht. Die nächste Verfilmung (bereits in der Produktionsphase) kann ruhigen Gewissens kommen.
Renee TEAM sagte am 11.07.2009 um 14:02 Uhr

Wer's nachholen will: heute gibt's die Free TV-Premiere; 20.15 Uhr, RTL. Viel Spaß.

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