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Alone in the Dark

Alone in the Dark

Ein Film von Uwe Boll

Eine der leichtesten und beliebtesten Übungen von Filmkritikern ist es ja, Dr. Uwe Boll - sowohl seine Filme als auch seine Person - niederzumachen. Unverdient, wenn man mal ehrlich ist. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird; und so sind auch Bolls Filme keine Machwerke aus der Hölle, noch ist er der unfähigste Regisseur aller Zeiten, ganz zu schweigen von den lächerlichen Forderungen nach einem Berufsverbot. Bolls Filme sind nicht gut im eigentlichen Sinne, sie sind keine Must-Sees und sicherlich keine Arthouse-Streifen, aber Bolls Filme sind nicht notwendigerweise un-unterhaltsamer als sonstige B- oder auch A-Ware, die es ebenso in die Lichtspielhäuser oder Videotheken dieser Welt schafft, nur eben nicht das Stigmata des Namens „Uwe Boll“ tragen.

Insofern kann man sich sicherlich die Frage stellen, woher denn dieser legendäre schreckliche Ruf des Regisseurs kommt. Liegts an den Filmen? Liegts an seinen Äußerungen? Oder liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen, bzw. was ist Ursache und was ist Wirkung? Jedenfalls sind die bisher von mir gesichteten „Bollwerke“ (eine Kritik ohne dieses Wortspiel? Ich bitte euch...) nicht unbedingt schlechter oder besser als viel andere Durchschnittsware; ein Film allerdings sticht heraus:
Alone in the Dark aka „Alone in se Dark“ (Boll).

Ein unglaublich langer Textcrawl zu Beginn (90 Sekunden!) versucht uns eine Hintergrundgeschichte zu vermitteln (Boll: „Den musst
en wir reinnehmen, damit auch der dümmste Amerikaner versteht, worum es in dem Film geht
.“), in der es um irgendeine untergegangene Zivilisation geht, die damals Artefakte und Monster in Goldkisten sperrte, nachdem ein Tor geöffnet wurde. Das Bureau 713, eine Abteilung des FBIs sucht diese Artefakte, um irgendetwas damit zu machen. Edward Carnby, ein ehemaliger Agent und jetziger...Artefaktjäger, trägt die Artefakte zusammen, um „Antworten zu finden, die er sucht.“. Gleichzeitig will Dr. Hudgens, ebenfalls ein Mitarbeiter des Bureau 713 die Artefakte, um...die Weltherrschaft an sich zu reissen (?). Dazu schickt er Artefakte an seine Museumsmitarbeiterin Aline Cedrac, die gleichzeitig die Freundin von Ed Carnby ist. Burke wiederrum, ein Leiter des Bureau 713 versucht die Bedrohung der inzwischen freigekommenen Kreaturen der Dunkelheit einzudämmen, indem er militärische Gewalt anwendet. Carnby ist darüberhinaus auch noch als Kind aus einem Waisenhaus und damit vor einem Experiment des Bureau 713 geflüchtet (auch wenn der Introtext noch davon spricht, die Experimente waren erst danach; aber hey, kein Mensch kann sich diese Geschichte merken), bei dem sich Kreaturen der Dunkelheit mit Menschen verbunden haben, wodurch diese zu Sleepern wurden. Die hören dann auch auf Hudgens...oder so. Am Ende sind alle tot.
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Ähm, ja. „Beschreiben Sie verständlich und in logischer Reihenfolge den Inhalt des Films ALONE IN THE DARK von Dr. Uwe Boll. Gehen Sie dabei im Besonderen auf die Figurenkonstellationen, ihre Motivation sowie die Verknüpfung der Hintergrundgeschichte mit den gezeigten Ereignissen des Filmes ein. Erörtern Sie zuletzt den Zusammenhang zwischen Film und Videospielvorlage.“
So könnte eine Abituraufgabe eines Leistungskurses Deutsch lauten, wenn denn mal wieder in der gymnasialen Oberstufe ausgesiebt werden soll.
Es ist ja nicht so, dass AITD langweilig wäre aufgrund von Leerläufen; es passiert jede Menge. Nur passiert einfach irgendwas, die Ereignisse tatsächlich zu beschreiben ist quasi ein Ding der unmöglich. Das Drehbuch der Herren Roesch und Scheerer ist eine einzige Katastrophe, Bolls Szenenverknüpfung steht den beiden aber auch in nichts nach. Scheinbar haben die drei Herren das auch gemerkt und versuchen verzweifelt zumindest dein Eindruck zu erwecken, sie würden so etwas wie eine Geschichte erzählen: neben dem *schnarch*-Textcrawl zu Beginn nutzt Uwe Boll nicht nur den üblichen Erklärungsmonolog des Bösewichts am Ende (wenn auch nur kurz), sondern auch noch Edward Carnby als Off-Erzähler, der die Geschehnisse kommentiert.
Ein Wachmann des Museums fasst nach 12 Minuten dann quasi auch noch einmal den Introtext zusammen, nur wird die Geschichte dadurch überhaupt nicht klarer. Kein Wunder, dass Boll zumindest das Ende „sphärisch“ nennt und mit Werken eines David Lynch vergleicht.

Ist ja nun nicht so, dass der Film keinen Spaß machen würde. Keine Frage, die Narration ist grauenhaft, aber gegen solch ein stümperhaft-zerfahrenes Drehbuch hätten wohl auch bessere Regisseure keine Chance (aber vielleicht hätten diese gemerkt, was sie da für einen Quark verfilmen müssen). Denn handwerklich geht die Chose über weite Strecken schon in Ordnung. Die Effekte sind meistens CGI, können im Rahmen ihrer Möglichkeiten überzeugen, auch wenn den Künstlern nicht übermäßig viel abgefordert wird. Aber gerade im ersten Kampf auf einem belebten Markt setzt Boll völlig konzeptlos Zeitlupensequenzen ein, ohne das diese die Szene irgendwie verbessern würden, während die Fotografie und Beleuchtung ein paar potentiell stimmungsvolle Einstellungen aus dem Hut zaubern kann.

Das Drehbuch kann aber gerade dort punkten, wo man es bei einem Horror-/Actionfilmscript nicht unbedingt erwarten würde: die Dialoge! Diese sind wahrlich Gold wert (Dr. Hudgens: „Die Menschen wissen heutzutage nicht mehr, warum wir Gold für wertvoll halten.“). Nur ist das wahrlich nicht so intendiert von den Autoren, denn nur durch ihren absoluten Wahnwitz und vollkommen Unfug machen die Dialoge den meisten Spaß des Films aus.

Perlen wie „Normal ist eine Paranormale Aktivität von 3 bis 5.“ wechseln sich mit Kleine-Jungs-Fantasie wie der brillanten „Alarmstufe 59 Alpha“ und „Die erste Regel von Bureau 713 lautet: Vertraue deinen Instinkten.“ (DAS möge man sich bitte mal auf der Zunge zergehen lassen) ab.
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Nicht zu vergessen natürlich die Tatsache, dass scheinbar das Einstellungskriterium von Bureau 713 akute Blödheit ist. Weder Burke noch Carnby sind sonderlich mit Intelligenz gesegnet, wie sie mehrere Male eindrucksvoll unter Beweis stellen. Und gerade Carnby ist ein Antiheld in Perfektion: streng genommen macht der im ganzen Film eigentlich gar nix! Dazu kommen grenzdebile Sätze wie - als sein Angreifer vom Anfang als Agent Pinkerton identifiziert wird - „Was? Willst du sagen, er war ein Agent?“ aber auch ein Agent Burke steht dem in nichts nach. Tara Reid (wer auf die Idee kam, Tara Reid als Wissenschaftsschnecke zu casten, möge bitte Dark Heaven in Endlosrotation schauen) möchte in ihr Büro, nachdem im Museum eine Schlacht stattfand und es abgeriegelt wurde: „Ich will in mein Büro.“ Burke: „Nein.“ - „Ich muss an meine Unterlagen.“ Burke: „In Ordnung.
Herrlich!

Chefmeister Boll sieht das alles natürlich anders. Der schlechte Ruf seiner Filme liegt eben nicht in etwa AITD begründet, sondern an der Internet-Community selbst. Denn nicht nur bezieht sich sein Film auf David Lynch, Equilibrium oder Das Kabinett des Dr. Caligari (weil da mit Schatten gespielt wird...), er hat tatsächlich auch eine Message!
Die lautet nicht etwa „Abschalten!“ sondern „Die Natur schlägt irgendwann zurück.“ (so Boll). In einer wahnwitzigen Konstruktion zieht Boll erst Parallelen zu Naturkatastrophen wie dem Tsunami, redet dann über Emmerichs The Day after tomorrow, um letztlich in breitestem Bolldeutsch und radebrechenden Anglizismen über die „Revenge of se Nature“ (Boll) zu referieren, da die Kreaturen nur zurückschlagen (?!), weil - Achtung! - „die Stellen der Dunkelheit nicht mehr ausreichen.“, so Boll. Brillant!

Überhaupt ist der Audiokommentar mal wieder das eigentlich beste des Films respektive der DVD und hätte erneut mindestens fünf Sterne verdient. Boll telefoniert wieder (und lässt den stammelnden Autor Roesch allein zurück), sperrt seine Hunde aus, lässt sie wieder rein, schimpft sie, sperrt sie wieder aus, beleidigt sein Publikum (siehe Textcrawl zu Beginn), zieht über seine Schauspieler her (Boll: „Wir sehen viele Fragezeichen im Gesicht von Tara Reid.“) und zeigt sich ganz allgemein von seiner am besten aufgelegten Seite. Wahrlich großes Kino!

Insofern ist AITD ein wirklich katastrophaler Film. Per se geht er handwerklich soweit in Ordnung, dass er eigentlich nicht als reiner Trashfilm mit miesen Effekten funktionieren kann, macht man sich aber erst einmal Gedanken über die - eben - gedankenlosen Dialoge und Geschichte, dann macht der Film einfach jede Menge Freude. Knuffige Einblendungen wie „8:45 ; Menschenleere Stadt“ in einer, nunja, Menschenleeren Stadt eben, sind in ihrer Unbekümmert- und Ernsthaftigkeit einfach debil genug, dass es auch dem intellektuellsten Cineasten die Stecker aus der Leiste haut, und er zu dem Machwerk abfeiern kann, wenn er sich denn darauf einlässt.
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Der Streifen hat allerdings kein Prequel (Nonne: „Es passiert also wieder.“ Was zum Geier passiert wieder?!), allerdings ein Sequel spendiert bekommen, diesmal mit Roesch und Scheerer auf den Regiestühlen - mich graust es jetzt schon, aber die Rezensentenpflicht ruft, und das Spektakel wird es in absehbarer Zeit hier zu lesen geben.

Die Geschichte geht auf keine Kuhhaut, die Inszenierung ist zumindest handwerklich meistens im grünen Bereich, der Audiokommentar gewohnt großartig, die technische Umsetzung der DVD umgekehrt proportional zum Sinn des Drehbuchs (also toll), und somit enorm drinking-game geeignet, gerade wenn man nach Storylücken und schwachsinnigen Dialogen Ausschau hält, die sich wenige Szenen später selbst negieren (Alines Freund ist seit drei Monaten verschwunden; der Freund ist, taaadaaa, Edward Carnby, der sogar Anrufe in die eigene Wohnung bekommt!) und allgemein bei jeder wahnwitzigen Szene oder Bemerkung von Dr. Boll nen Kurzen kippt.

Und wie fasst der Meister den Showdown in eigenen Worten zusammen?

Und jetzt wissen alle: Der Arsch ist ab!

Recht so! Dieses Spektakel sollte man gesehen haben, um es glauben und fassen zu können.

Eine Rezension von David Kugler
(10. Juli 2009)
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Daten zum Film
Alone in the Dark USA, Kanada, Deutschland 2005
(Alone in the Dark)
Regie Uwe Boll Drehbuch Michael Roesch, Peter Scheerer, Elan Mastai, Drogen, Der Teufel und jede Menge Alkohol
Produktion Boll KG Kamera Mathias Neumann
Darsteller Christian Slater, Tara Reid, Stephen Dorff, Matthew Walker, Will Sanderson
Länge 92 Minuten FSK 18
Filmmusik Reinhard Besser u.a.
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