Kommissar Sarti vom Innenministerium befreit auf eigene Faust den Detektiv und Kleinganoven Marazzi, genannt Maccaroni, aus dem Gefängnis. Nicht etwa aus Menschenfreundlichkeit, sondern um einen Kriminalfall zu lösen: der Gangsterboss Brescianelli hat ein schwer krankes Mädchen entführt und erpresst deren reiche Eltern. Dazu ist sein Aussehen unbekannt, da er sich hat im Gesicht operieren lassen. Doch nicht nur stehen Sartis Vorgesetzte seinen Plänen im Weg, auch die Gangsterbande die er in seine Ermittlungen mit einspannt, stellt sich als problematisch heraus. Dem Duo Sarti und Maccaroni läuft die Zeit weg, da das entführte Mädchen dringend in ein Krankenhaus gebracht werden muss...
Hachja, ein weiterer Poliziesco aus dem Oeuvre von Umberto Lenzi, erneut mit Tomas Milian und Henry Silva in wichtigen Rollen. Doch keiner von beide spielt hier den ermittelnden Polizisten, diese Rolle hat Claudio Cassinelli übernommen, der auch in dem hier besprochenen "Morte sospetta di una Minorenne" einen Cop spielte, der mit Kleinganoven zusammen ermittelt. Und genau das tut er auch hier: er befreit Maccaroni aus dem Gefängnis, obwohl er eigentlich von seinen Vorgesetzten ganz woanders hin versetzt wurde. Desweiteren prügelt er ganz gerne Verdächtige, also nichts ungewöhnliches, was man nicht aus anderen Poliziesci kennen würde. Doch Sarti geht noch einen Schritt weiter: er kooperiert nicht nur mit Verbrechern, er lässt sie stellenweise auch einfach gewähren. S
o durchsucht er mit einem "Partner" ein Haus, und gibt die Haushälterin in dessen Obhut. Der macht dann doch gleich deutlich, dass er mit der bedauernswerten Dame Geschlechtsverkehr haben wird, auch wenn diese das mal so überhaupt nicht möchte. Aber kein Problem für Sarti, er durchsucht dann lieber mal das Haus. Erst als sein Partner einen Verdächtigen über den Jordan schickt, tickt Sarti aus. Ja, dieser Cop arbeitet schon nicht mehr in der rechtlichen Grauzone.
Wie der Covertext der deutschen DVD dann so schön schreibt, könnte man auch vieles im Film zusammen fassen: "Extreme Situationen erfordern mitunter extreme Mittel (...)", und so kommt der Film doch nicht ganz harmlos rüber. Sicherlich ist der Film bei weitem nicht so brutal und zynisch wie andere Werke von Lenzi, aber es gibt doch ein paar Szenen, die recht kompromisslos sind. Da befiehlt Brescianelli seinen Komplizen, sie sollen das Mädchen umbringen und hinter dem Haus verscharren, und diese suchen dann sogar eine passende Kiste. Da sie sich nicht sicher sind, ob das Mädchen klein genug ist, stellen sie fest, dass man da ja nachhelfen kann. Und natürlich haben in diesem Film auch fast alle Dreck am Stecken, wie das halt immer so ist. Die Härte wird aber durch eine gewisse humoristische Note abgemildert, und auch so manches Schlagloch im Drehbuch reißt den Zuschauer dann doch mal aus der Filmwelt heraus, so dass er sich nicht unbedingt wirklich betroffen fühlt. Da gibt es dann doch einigen Schwachsinn der Autoren, wenn Brescianelli einem Gangster sagt, er soll das Medikament besorgen, und zum nächsten, sie sollten das Mädchen beseitigen. Nunja.
Trotzdem gelingen Umberto Lenzi, was mich dann tatsächlich überrascht hat, ein paar wirklich spannende Szenen. Und zwar nicht nur spannend für einen Film dieser Herkunft und Machart, sondern gerade eine Szene sticht schon heraus. Als Sarti zusammen mit der Bande die Freundin von Brescianelli in ihrer Wohnung ausfindig macht, stellen sie ihm eine Falle. Die nun folgende Sequenz ist von Lenzi wirklich herausragend inszeniert und geschickt geschnitten. Der Zuschauer sieht das Warten beider Parteien, bis sich der Fokus nur noch auf die "good guys" richtet. Diese Szene ist wirklich spannend, findet ihre Auflösung aber in einer Schiesserei, die leider bei den Zuschauern für Lachen und Staunen sorgen kann, wenn der Cop Sarti im Feuergefecht einen Kinderwagen mit Baby als Deckung benutzt! Großartig!
Ansonsten recyclet Lenzi diesmal sogar einen ganzen Schauplatz, so haust die Bande von Maccaroni auf dem selben Hausboot, das in "Der Berserker" als Unterschlupf diente. Witzigerweise war beidesmal Tomas Milian einer der Bewohner des Hausbootes. Absicht? Jedenfalls gelungener Gag für den Zuschauer der beide Filme kennt. Das Budget scheint diesmal wieder ein bisschen höher gewesen zu sein, es gibt einige Actionszenen, blutige Feuergefechte und sogar einen Hubschraubereinsatz. Besonders Gelungen ist noch der Einstieg in den Film, der statt einer üblichen Actionszene uns einen Ritt durch die weite Prärie des Monument Valleys in Texas beschert. Inklusive Pferden, Cowboys und den Credits. Ich dachte tatsächlich, ich wäre statt im Hauptfilm bei einem Trailer gelandet, aber das ganze ist nur eine Filmvorführung im Kino des Gefängnis. Eben jenes Gefängnis sorgt mit seinen sehr geringen Sicherheitsvorkehrungen für einiges an Kopfschütteln, aber das legt sich im Film, bis auf ein paar einzelne Sequenzen. Insgesamt ist der Film auch für Anfänger geeignet, was nicht zuletzt an seiner problemlosen Verfügbarkeit liegt. Wer also schon immer mal in das Genre hinein schnuppern wollte, hat hier eine gute Gelegenheit zu.
Nicht zuletzt, da der Film mal wieder prominent besetzt ist. Maccaroni (der diesen Namen übrigens nur in der deutschen Version trägt) wird vom verehrten Tomas Milian gespielt, der hier zwar nicht zu schauspielerischen Höchstleistung aufläuft, aber dafür mit sichtlich Spass an der Sache dabei ist, und ordentlich übertreibt. Das passt dann aber super zur absolut überzeichneten Rolle. Und diesen fast Afro muss man gesehen haben! Sein Partner, Sarti, wird von eben jenem Claudio Cassinelli aus "Morte sospetta di una Minorenne" gespielt, hier jedoch ohne Brille. Mehr zu ihm gibts bei der Kritik zu "Morte...". Brescianelli wird von Henry Silva verkörpert, der erneut wenig Screentime hat, aber seine Sache deutlich besser macht als in "Der Berserker". Das liegt nicht zuletzt daran, dass man ihm mit seinem Gesicht den Bösewicht deutlich besser abnimmt. In einer Nebenrolle spielt dann auch wieder Hakennase Guiseppe Castellano mit, der auch aus unzähligen Genrefilmen bekannt ist.
Der Film liegt nun auf DVD von Anolis im Vertrieb von e-m-s vor. Das Bild ist ziemlich gut gelungen, nur am Schwarzwert schwächelt es etwas. Der Ton ist gut verständlich und liegt in Deutsch sowie Italienisch vor, dt. Untertitel wurden Gott sei Dank nicht vergessen. Als Extras gibt es nur einen Trailer und eine Bildergallerie. Die DVD ist günstig zu haben und ab 16 freigegeben, also ist die Beschaffung überhaupt kein Problem. Vielen Dank für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!
Fazit: "Das Schlitzohr und der Bulle" ist zwar kein herausragender Vertreter des Genres, aber unterhält durch seine gute Besetzung und kann auch mit gelungener Inszenierung punkten. Als Schnupperkurs in einem sträflichst vernachlässigten Genre ist der Film sicher prima geeignet.