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Kein Sex ist auch keine Lösung

Kein Sex ist auch keine Lösung

Ein Film von Torsten Wacker

Die Spanier sind uns Deutschen in einem Punkt klar voraus: Sie benennen die Dinge deutlich beim Namen. Jedenfalls dann, wenn es um Sprichwörter geht. Während hierzulande nämlich das Probieren noch ganz allgemein über das Studieren gestellt wird, haben die lieben Spanier den Kern, der dem Ganzen zugrunde liegt, recht pragmatisch auf eine süße Versuchung heruntergebrochen: Der Beweis des Puddings besteht darin, ihn zu essen. Die Lösung eines Problems ist also Pudding respektive dessen Verzehr. Klingt vielleicht etwas seltsam, ist aber so. Zumindest in der Welt der neuen Bestsellerverfilmung „KEIN SEX IST AUCH KEINE LÖSUNG“, in der uns Regisseur Torsten Wacker („Süperseks“ [2004]) mehr oder minder leckeren Pudding als Ausgangspunkt für eine sehr turbulente Liebeskomödie präsentiert. Zu dumm nur, dass sich die dem Pudding vermeintlich innewohnende Lösung für die äußerst regelbehaftete Hauptperson des Films plötzlich zu einem handfesten Problem wandelt. So ein Quark aber auch.


Tom Moreno (lässig: Stephan Luca) ist wohl das, was man so gerne als „Mann mit dem gewissen Etwas“ bezeichnet. Der erfolgreiche Werber einer Agentur, die unter anderem einer neuen und noch namenlosen Puddingsorte auf die Sprünge helfen soll, verkauft sich nämlich auch persönlich gegenüber den Frauen recht ordentlich, befolgt hierbei aber eine goldene Regel: Keine Beziehung, nach spätestens dreimal Sex ist Schluss. Leider hat Tom b
is hierhin die Rechnung ohne die neue Art-Directorin Elisa (verführerisch: Marleen Lohse) gemacht, die so gar nicht auf seine altbewährte Masche anzuspringen gedenkt. Was tun? Von seinen Freunden Vince (nett: Oliver Fleischer), Luke (skurril: Johannes Allmayer) und Paule (hervorragend: Anna Thalbach) ist keine wirkliche Hilfe zu erwarten, da diese selbst zurzeit beziehungstechnisch in den Seilen hängen. Und an seine extravagante Mutter (herrlich: Corinna Harfouch) möchte Tom gar nicht erst denken. Es reicht ja schon, dass diese – Überraschung! – ohne Vorwarnung über ihm einzieht. Plötzlich ist der Macho das erste Mal in seinem Leben ratlos. So ratlos, dass er sogar daran denkt, seine selbst auferlegten Beziehungsvermeidungsregeln unter den Tisch fallen zu lassen. Und als ob das nicht schon genug des Trubels wäre, offenbart ihm sein Chef Rolf (verwirrte Erscheinung: Armin Rohde) auch noch, dass die Agentur so gut wie pleite ist. Da hilft auch kein Pudding mehr. Oder etwa doch?

Kein Sex ist auch keine LösungKein Sex ist auch keine LösungKein Sex ist auch keine Lösung

„KEIN SEX IST AUCH KEINE LÖSUNG“ beginnt äußerst ansprechend und weiß mit einer gehobenen Art der Inszenierung zu begeistern. Alles ist herrlich bunt, teils hektisch, ein wenig schrill und übrigens keinesfalls allzu ernst zu nehmen. Das zeigt sich bereits darin, dass Frauenschwarm Stephan Luca („Männerherzen“ [2009]) in seiner ersten großen Kinohauptrolle immer wieder das Gespräch oder den Blickkontakt mit dem Zuschauer wählt. Diese teils sehr eigenwillige Interaktion kann daher mal als ein bloß abschätziges Augenrollen in Bezug auf das vorangegangene Leinwandgeschehen auftreten, oder aber gar als direkter Kommentar an das Publikum gerichtet sein. Der Film macht schon in den ersten Minuten reinen Tisch: Lucas Figur des Tom Moreno ist der unumstößliche Dreh- und Angelpunkt der rasanten Komödie. Er ist von sich eingenommen, nur leidlich charmant und pflegt dann und wann einen sehr eigenen Kleidungsstil, wenn er beispielsweise völlig ungeniert im Adamskostüm die Haustür öffnet und das Feigenblatt da lässt, wo es hingehört: am Feigenbaum. Ob er gerade nackt sei? Das müsse täuschen. Im Grunde also der perfekte Gegenpart zum immer glatt gebügelten Retortenheld einer handelsüblichen Liebesschmonzette. Und Stephan Luca spielt dieses überdeutlich verzerrte Spiegelbild jederzeit mit sichtlichem Spaß an der puren Freude. Gestatten, Schwiegermutters Fiesling.


Wer in „KEIN SEX IST AUCH KEINE LÖSUNG“ einen echten Sympathieträger vermutet, wird aller Voraussicht nach etwas länger suchen müssen. Als ob wir es nicht schon geahnt hätten. Viele der Agierenden verwechseln etwa den Ernst des Lebens mit ausdauernden Spiele-Sessions oder haben schlichtweg keine entfernte Vorstellung davon, wie man richtig zupackt. Toms Freunde sind in ihrer Hilflosigkeit regelrecht bemitleidenswerte Geschöpfe, die den kleinsten Anflug von Nächstenliebe aber sogleich durch ein elegantes Eigentor wieder zunichte machen. Und Armin Rohde („Contagion“ [2011]) als Toms unfähiger Vorgesetzter könnte glatt als Karikatur auf die ein oder andere Chefetage der Realität angesehen werden: beständig in den Keller wirtschaftend, sich aber wundernd, warum plötzlich die Insolvenz vor der Haustür steht. Man kann es drehen und wenden, wie man mag, aber mit den von Torsten Wacker präsentierten (Alb-)Traum-Männern lässt sich nun wahrlich kein Blumentopf gewinnen. Ein Kuriositätenkabinett in Reinkultur.


Ist es da noch verwunderlich, dass sich die Frauen zum starken Part des Films aufspielen und den Männern auf die harte Tour zeigen, was man bei „Sex and the City“ zwischen den zahlreichen gesprochenen Zeilen hätte lernen können? Nicht im Geringsten. So darf die ehemalige Viva-Moderatorin Janin Reinhardt („Die Bienen – Tödliche Bedrohung“ [2008]) sehr überzeugend die toughe Femme fatale geben, vor der Tom schon damals Angst hatte. Apropos Angst: Corinna Harfouch („Das Parfum“ [2006] als in jeder Hinsicht sehr aktive Mutter scheint hier die Männer munter zum Frühstück zu verputzen (Doppeldeutigkeit gewollt). Deutlich weniger aktiv, dafür umso nachhallender gestaltet sich jedoch gerade der Charakter, den zunächst niemand so richtig für voll genommen hat: Paule. Die Paule, wohlbemerkt, die wir zu Beginn noch als weiblichen Kumpeltyp kennenlernen, und die sich urplötzlich zur sonst immer versteckten Frau mit all ihren Sorgen und Ängsten wandelt, nur um am Ende wieder eine Rolle rückwärts vorzunehmen, die allen Beteiligten dezidiert vor Augen führt, worauf es im Leben wirklich ankommt. Keine Frage: Die wunderbare Anna Thalbach („Der Baader Meinhof Komplex“ [2008]) ist ganz klar der heimliche Star des Films, unaufdringlich, zurückhaltend und dennoch einnehmend. Eine Rolle, die selbst die toll aufspielende Marleen Lohse („Vollidiot“ [2007]) als Tom Morenos Frau von gewissem Interesse etwas blass aussehen lässt, weil sie es schafft, die Quintessenz des amüsanten Films auf nur einen einzigen Satz herunterzubrechen: Sei immer du selbst. So lautet unmissverständlich die Moral von der Geschicht'. Und wir alle erkennen, dass zwischen der vorhersehbaren Geschichte und dem Klamauk auch eine gehörige Portion Wahrheit steckt.

Kein Sex ist auch keine LösungKein Sex ist auch keine LösungKein Sex ist auch keine Lösung

Fazit: Frech, temporeich und herrlich überdreht: „KEIN SEX IST AUCH KEINE LÖSUNG“ bietet dem Zuschauer überdurchschnittliche Samstagabend-Kost, die bestens unterhält. Zwar ist die Geschichte teilweise genauso sprunghaft wie etwa ein Bigamist, der seinen ehelichen Verpflichtungen nachzukommen versucht. Aber nichtsdestotrotz passt dies zum nett-obskuren Gesamtpaket, das von glänzend aufgelegten Schauspielern, viel Witz und einem überaus flotten Soundtrack geschnürt wird. Diese deutsche Liebeskomödie macht trotz verzeihbarer Abzüge in der B-Note schlicht und ergreifend Spaß, denn man lacht nicht gerade wenig. Eine Erkenntnis, die für manch einen im Endeffekt wohl deutlich mehr darstellen dürfte, als es anfangs vielleicht noch angenommen wurde...


Zusatzbemerkung: Der Film ist ab dem 28.06.2012 auf DVD und Blu-ray im Handel erhältlich. Neben dem amüsanten Hauptfilm in Deutsch (Stereo und DD 5.1 mit zuschaltbaren Untertiteln für Hörgeschädigte), der sich in knackig-scharfen Farben und Kontrasten präsentiert, wartet zudem noch ein Making of, ein Blick hinter die Kulissen und eine große Bandbreite an Interviews auf dem gut gefüllten Silberling. Und wen das FSK-Logo auf der Vorderseite der Hülle stört, darf sich zudem noch über ein Wendecover ohne FSK-Freigabe freuen. Wir finden: eine Anschaffung, die ihren Preis durchaus wert ist.



Eine Rezension von Stefan Rackow
(18. September 2011)
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Daten zum Film
Kein Sex ist auch keine Lösung Deutschland 2011
Regie Torsten Wacker Drehbuch Michael Gantenberg, Hartmut Block
Produktion all in production GmbH / STUDIOCANAL Film / ZDF Kamera André Lex
Darsteller Stephan Luca, Marleen Lohse, Anna Thalbach, Johannes Allmayer, Oliver Fleischer, Tetje Mierendorf, Armin Rohde, Corinna Harfouch, Michael Lott, Janin Reinhardt, Carolin Spiess, Daniel Wiemer, Stefan Kretzschmar, Felicitas Woll, Alexander Bornhuetter, Collien Fernandez, Michael Kessler, Hannelore Elsner
Länge 109 Minuten FSK ab 12 Jahren
Filmmusik Florian Tessloff
Nach dem gleichnamigen Bestseller von Mia Morgowski.

Diese Rezension basiert auf der Weltpremiere des Films, die am 14. September 2011 im Rahmen des Internationalen Filmfests Oldenburg über die Bühne ging. Fotos: © 2011 STUDIOCANAL
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