Eine alte chinesische Legende erzählt die Geschichte der Heldin Hua Mulan, festgehalten in einem Volksgedicht, das zwischen 400 und 600 nach Christus entstand. Man erzählt sich, dass sich ein Mädchen aus gutem Hause als Manne verkleidete, um an ihrer Vater Statt in den Krieg zu ziehen und ihr Land zu verteidigen.
Auf dieser Legende basierend entstand im Jahre 1998 schließlich ein Pendant aus dem Hause Disney mit dem Arbeitstitel „The Legend of Mulan“, wodurch eine alte Geschichte wieder aufgegriffen und mit frischen Elementen aufgepeppt wurde:
Das junge Mädchen Fa Mulan sollte eigentlich nur eines im Kopf haben – nämlich einen möglichst guten Eindruck auf die Heiratsvermittlerin zu machen, die ihr dann – so es das Schicksal will – einen guten Ehemann an die Seite stellt und ihr somit einen für sie vorgesehenen Platz in der Gesellschaft zuweist. Aber Mulan hat nun einmal ihren eigenen Kopf und versaut trotz aller Bemühungen ihre Zukunft, indem sie versehentlich die Heiratsvermittlerin in Brand setzt.
Aber wie sagt doch Mulans Vater so schön über eine Blüte des Baumes aus seinem Gärtchen: „Diese ist noch nicht so weit. Aber – glaube mir – wenn sie erblüht, wird sie die schönste von allen sein!“ Und das sollte wahr werden, allerdings nicht so, wie sich das Herr Fa vielleicht gedacht hätte…
Als die Hunnen in China einfallen, wird Papa Fa aufgefordert, an die Front zu ziehen. Da er aber noch unter alten Krie
gsverletzungen zu leiden hat, macht sich allgemeine Panik im Hause Fa breit. Aber nur Mulan ist willens, der Tatsache ins Auge zu sehen: Es gibt genug junge Männer, um China zu verteidigen und der Einzug ihres Vaters würde seinen sicheren Tod bedeuten.
Um ihren Vater zu retten, beschließt sie selbst sich als Mann zu verkleiden und der chinesischen Armee als Sohn der Fa-Familie beizutreten. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass sich die schmächtige Mulan neben Dingen wie ekligen Männergewohnheiten und einem sexy halbnackten Heeresführer auch noch mit kräftezehrenden Work-outs konfrontiert sieht. Zum Glück bekommt unsere Heldin aber Hilfe von dem feurigen, stetig herumblödelnden Drachen Mushu und einer mickrigen Glücksgrille.
Als es schließlich Ernst wird und die Truppe in den Kampf zieht, muss Mulan einmal mehr ihren Mann stehen (mehr oder weniger)…
In dem 36. abendfüllenden Disney-Trickfilm gibt es alles, was Disney-Fans von den Klassikern gewohnt sind und noch einiges mehr. Etwas von den Meilensteinen wie „Arielle“ oder „Pocahontas“ abweichend, geht es hier nicht um die Geschichte einer Prinzessin oder eines Prinzen, die am Ende zur großen Liebe finden, sondern vielmehr um eine Kriegsheldin die sich vorrangig mit den Gefahren des Kampfes und der Verheimlichung ihrer wahren Identität auseinandersetzen muss. Die Liebesgeschichte befindet sich hierbei sehr im Hintergrund, wenngleich sie auch formvollendender Teil des Films ist.
„Mulan“ schafft vielseitige, liebevoll gestaltete Figuren. So sieht Mulan auch keineswegs wie eine der üblichen Disneyprinzessinen aus, sondern gleicht eben eher einem ganz gewöhnlichen Mädchen ohne viel Dekolleté und wallendem Haar. Sie verkörpert eine eher schusselige, tollpatschige Teenagerin, die genauso viel Angst hat, wie sie schließlich Mut beweist, sich eigentlich vor nackten Männern ekelt, aber dennoch große Augen macht, als Hauptmann Shang vor den sportlichen Übungen sein Hemd fallen lässt. Shang selbst erscheint dabei zunächst als forscher, herablassender Muskelprotz, erweist sich aber als fairer, feinfühliger junger Mann, der sich aufopfernd für seine Schützlinge einsetzt und um seinen getöteten Vater trauert.
Sahnehäubchen und unbedingter Sympathieträger ist der Drache Mushu, dem allein schon durch die Stimme Otto Waalkes jede Menge Leben eingehaucht wird. Mushu, den Mulans Ahnen nicht leiden können, ist mickrig und ein Versager, mit einem flotten Spruch auf den Lippen und ständig über Mulans Pferd lästernd. So kommt es auch, dass der Film durch seinen Humor eine ganze Menge Punkte sammelt, wobei sicher Mushu die meisten Lacher abbekommt.
Mit ganz viel Spannung und bildgewaltiger Action wird das Spektakel nahezu perfekt. Die Abrundung schafft schließlich die wundervolle Musik, die eben so ist, wie man sie von Disneyfilmen kennt: mitreißend, gefühlvoll und einzigartig.
Bei genauerem Hinsehen erkennt man vielleicht auch die Liebe zum Detail, mit der die Macher von „Mulan“ ans Werk gingen. In einer Szene singt Mulan nach der Enttäuschung bei der Heiratsvermittlerin das Lied „Reflection“ in dem Schrein ihres Vaters. Die sich dort befindenden Tempelsteine weisen altchinesische Schriftzüge auf, die nichts anderes sind als die Namen der Trickfilmzeichner von „Mulan“! Die Feuerwerksaufseher, die zum Ende hin von Mushu erschreckt werden und angstvoll von ihrem Turm springen, sind Bildnisse der zwei Regisseure Tony Bancroft und Barry Cook.
Mulans Nachname in der ursprünglichen Legende ist „Hua“, was so viel wie Blume, oder Magnolie bedeutet. Passend dazu sucht sich Mulan im Kriegscamp angekommen den Jungennamen „Ping“ aus, der zusammen mit „Hua“ Blumenvase bedeutet.
Die sehr gute deutsche Synchronisation, allen voran Hannes Jaenicke (Shang) und Otto Waalkes (Mushu), die erstklassige Musik und die ansprechende Story bilden zusammen mit viel Witz und Spannung einen der besten Disney-Trickfilme überhaupt! „Mulan“ ist somit ein Spaß für Jung und Alt und auf jeden Fall sehenswert.