Drei Gummibärchen...äh, drei uns Unbekannte laufen durch italienische Wälder, der Anführer trägt Felle um den ansonsten ziemlich nackten, dafür umso eingeölteren und muskulösen Körper. Der erfahrene Zuschauer und Leser weiß: wir befinden uns wieder im italienischen Barbarentrash, gefürchtet und geliebt gleichermaßen. Dieses Mal ist „Thor – Der unbesiegbare Barbar“ unsere gemeinsame Nemesis, inszeniert von Tonino Ricci im Jahre 1983 des Herren.
Worum geht es heute? Nunja, diese drei Pappnasen, ein Barbar, ein Zauberer und eine schwangere Dame, begeben sich ein eine Waldlichtung mit ein paar Pappmaschee-Steinen, um eben dort das Kind zur Welt zu bringen, weil – erklärt durch reichlich mythisches Blabla – ein dort geborenes Kind zum Auserwählten eines bestimmten Gottes wird, und dann die Welt beherrschen kann. Warum auch nicht? Jedenfalls wird die illustre Runde von Gnut und seinen Kriegern überfallen, man metzelt die Eltern darnieder, nur der Magier Etna kann mit dem Baby entkommen. Jahre später ist aus dem Baby Thor geworden, ein Barbar dumm wie Stockbrot und fies wie Otter: unser Held! Um die Handlung endlich mal ins Rollen zu bringen, offenbart Etna seinem Ziehsohn (der ihn schubst und mit rohen Fischresten füttert) seinen dreiteiligen Auftrag: er muss den goldenen Samen finden (insert random dirty joke), das Schwert seines Vaters zurück kriegen (das von Etna bei der Anfangsszene in eine Schlange verwandelt wurde...) und schließlic
h seinen Vater rächen, indem er Gnut tötet. Wenn ihm all dies gelingt, ist er der Herrscher der Welt. Warum? Keine Ahnung.
Die Episoden im einzelnen durchzugehen erscheint mühsam, dazu ist die Story einfach zu doof. Und nichtmal unterhaltsam doof wie die Handlung von Ator, sondern einfach nur doof. Thor findet jedenfalls eine Gefährtin, überlebt diverse Abenteuer, wird Herrscher eines Dorfes, schließlich von Gnut gefangengenommen und geblendet. Er heilt sich selber, holt das Blechschwert und tötet Gnut im finalen Duell. In eben jenem Moment bekommt seine Gefährtin endlich das gemeinsame Kind, und Thor wird zum Herrscher der Welt, also über ungefähr 11 italienische Statisten. Soweit so stumpf, soweit so normal. Doch Thor – Der unbesiegbare Barbar nimmt sogar in den italienischen Barbarenfilmen eine Sonderstellung ein: Er ist einfach unglaublich schlecht. Wirklich unglaublich. Dagegen sind die Barbarenklopper von Joe D'Amato wahrlich oscarverdächtig. Wenigstens ist man mit diesem Film am Bodensatz des Bodensatzgenres angekommen, so dass es eigentlich nur noch besser werden kann.
In all seiner Schlechtigkeit ist Thor einfach phänomenal absurd. Allein das Eingangsritual, als Thor geboren wird, endet in einer Auflösung, die in all ihrer Groteskheit wahrscheinlich einzigartig ist: Etna hebt das Baby hoch, erzählt mysthischen Quark, und – plopp – steckt auf einmal ein Pfeil im Leib des Säuglings; die Kinnlade des Zuschauers befindet sich nun garantiert in anderen Sphären.
Aber nun gut, kein Wunder dass Thor mit diesem ersten traumatischen Erlebnis bestimmt einen Schaden davon getragen hat. Denn Thor ist alles, nur kein guter Held. Abgesehen davon, dass Thor seinen Ziehvater umherschubst, und von sich selbst in der dritten Person spricht (was sich aber auf einmal ändert, warum auch immer), hat er noch andere Tricks im Repertoir. So besiegt er nicht nur drei Amazonen einfach so im Kampf, nein, er tötet zwei, vergewaltigt die dritte, und nimmt sie anschließend als Gefangene mit auf seine Reisen! Solche Helden braucht das Land! Warum die Dame dann, nachdem sie sich befreien konnte, ihm das Leben rettet und aus der Gefangenschaft holt, steht auf einem anderen Blatt. Ich jedenfalls habs nicht kapiert. Immerhin wird sie seine (Bett-)gefährtin und Mutter des Kindes; ihr seht, psychologisch sehr dicht, das Ganze.
Dazu kommen einfach noch hanebüchene Tricks, fürchterliche Regie und Schnitte, lachhafte Dialoge, gruselige Schauspieler und Perücken, die ein Eigenleben zu führen scheinen. Erinnerungswürdig sind dann natürlich noch die unglaublich chauvinistischen Dialoge, die unseren Helden mitsamt Ziehvater erneut in einem ganz besonderen Licht erscheinen lassen.
“Thor, nimm sie! Sie hat wenig Kraft und sie ist dumm. Sieh dir ihren Körper an. Das Weib ist für die Liebe geschafen. Nimm sie, Sie ist dein. Jaaaa…. Streichle sie. Sei zart zu ihr. Entkleide sie und berühre ihre Lippen. Das Weib muss dir immer Untertan sein. Dir dienen und deine Kinder austragen. Kinder entstehen durch die Paarung von Mann und Weib. Und der Mann hat mehr Spaß daran, Kinder zu machen, als sie groß zu ziehen.“
Mit diesen Worten, die Etna Thor gegenüber einer Gefangenen (die sogleich von unserem grandiosen Helden bestiegen wird) zum Besten gibt, möchte ich den dritten Ausflug in die lustig-blecherne Welt der italienischen Trash-Barbaren beenden, und wünsche mir nach Genuss dieses Filmes doch die Möglichkeit der spontanen Selbstentzündung herbei.
Doch halt: Einen haben wir noch! Denn auch „Thor – Der unbesiegbare Barbar“ ist in der Barbarenbox aus dem Hause MIG erschienen, an die an dieser Stelle noch einmal ein herzlicher Dank für das Rezensionsexemplar dieser Granate geht. Und da in der Box eben vier Filme drin sind, haben wir noch einen im Regal stehen, der da auf seine Sichtung und Besprechung wartet. Ich werfe einfach voller Vorfreude mal die Namen George Eastman und Umberto Lenzi in den Raum.
Und geh mich nun betrinken.