Don´t believe the hype!
Schon im Vorfeld hat der britische Schocker „The Children“ durch vermehrt wohlwollende bis hervorragende Kritiken internationale Aufmerksamkeit erregt. Sogar vom
„Horrorfilm des Jahres“ ist irgendwo die Rede gewesen. Manchmal werden solche gepushten Streifen dann tatsächlich ihrem guten Ruf gerecht (siehe z.B. „
Martyrs“), manchmal scheinen aber auch die verantwortlichen Rezensenten beim Ansehen
magic mushrooms gefuttert zu haben, was dann zumindest erklären könnte, warum sie ein durchweg mieses Werk in den Himmel loben.
Also wie steht es nun um den zweiten Spielfilm von Tom Shankland („WΔZ“)? So klischeehaft, wie das jetzt klingt: Die Wahrheit liegt wie so oft
irgendwo zwischen den Meinungen.
Zwei Familien treffen sich in einem abgelegenen Anwesen, um gemeinsam das Weihnachtsfest einzuläuten. Doch irgendetwas stimmt nicht mit den Kindern. Zunächst sieht es so aus, als ob sich diese nach und nach eine Grippe eingefangen hätten, aber nach den ersten tödlichen Zwischenfällen im Kreise der Erwachsenen wird klar, dass die gemeinen Rotznasen aus einem unbekannten Grund ihren Erzeugern gegenüber nicht mehr so wohlgesonnen sind. Lediglich die jugendliche Casey (Hannah Tointon) ist von der „Krankheit“ nicht befallen und versucht als Einzige das grausame Spiel der Kinder mit aller Gewalt zu beenden…
Wenn bekannt ist, dass in einem Film Kinder die Übeltäter sind, erweckt dieser Umstand meist gleich Interesse bei den Zuschauern. Denn wie werden sich die Opfer der Geschichte gegen die knuddeligen Monster erwehren. Werden sie diese einfach kaltblütig töten oder versuchen, die Ursache aufzuklären und so das Schlimmste zu verhindern? Oder werden sie gar ihre Scheuklappen aufbehalten und dem Unheil seinen Lauf lassen? Schließlich sind es doch nur
Kinder, verdammt!
Aus dieser Ausgangslage sind ja schon einige wirklich packende Horror-Storys hervorgegangen, wie z.B. der Klassiker „Das Dorf der Verdammten“ (1960) oder Narciso Ibáñez Serradors „
Ein Kind zu töten...“ (1976). Leider kann Tom Shanklands „The Children“ nicht wirklich mit den zuvor genannten Werken mithalten und stellt einen wenigstens oftmals atmosphärischen Vertreter der Sorte
08/15 dar.
Dass man hier nichts über den Hintergrund der „Krankheit“ (oder was auch immer) erfährt, ist dabei nicht weiter tragisch – schließlich verursacht bei Menschen das Unbekannte immer noch die größte Gänsehaut. Das größte Problem des Films sind vielmehr die langweiligen Charaktere, die zusätzlich von den Schauspielern nicht gerade überzeugend verkörpert werden, und die ziemlich verworrene Inszenierung an sich, die den Schauplatz oftmals völlig sinnlos zwischen Haus und Wald pendeln lässt.
Auch die blutrünstigen Kinder wirken alles andere als furchteinflößend und nerven bei ihrem
Evil-Coming-Out eher durch ihr Geplärre und Gekreische. Damit hat sich „The Children“ schonmal einige wichtige Faktoren für einen Horrorstreifen verspielt: Er ist weder besonders unheimlich noch schockierend.
Oftmals ärgert man sich außerdem über das doch
zu naive Verhalten der Eltern, die selbst unter Lebensgefahr keine Motivation zum Handeln aufzeigen – man muss ja nicht gleich die kindlichen Schädel mit einer Axt spalten, um sich zu wehren…
Zum Glück retten die von Kameramann Nanu Segal („
Donkey Punch“, „Shrooms“) gekonnt eingefangenen Bilder die Atmosphäre des Streifens, die bedrohlicher wirkt, als es die kleinen Racker tatsächlich sind.
Bis auf seine Spannungsspitzen dümpelt „The Children“ nicht richtig schlecht, aber dafür ziemlich ziellos vor sich hin – nur der Schluß erzeugt dann den eigentlich schon zu Beginn erwarteten Schauder. Etwas spät, möchte man meinen.
Es bleibt zusätzlich ein Rätsel, warum der Regisseur die Handlung nicht zunächst völlig in das Haus verlegt und das Ganze als klaustrophobisches Kammerspiel aufgezogen hat, um erst das „Finale“ im Wald stattfinden zu lassen. So hätte der Spannungsbogen definitiv besser funktioniert. Die ständigen Wechsel zwischen Innen und Außen lassen das Publikum, wie schon erwähnt, ziemlich schnell den Überblick verlieren.
Wahrscheinlich wollte Tom Shankland durch den gemächlichen Aufbau erreichen, dass man von der plötzlichen Attacke durch die Kinder überrumpelt wird – da der Film aber knapp 30 Minuten braucht (insgesamt dauert er nicht mal 90 Minuten!), um überhaupt in die Puschen zu kommen, wird man nicht überrascht, sondern lediglich von dem Blick auf die Uhr weggelenkt – zumindest hätte man den Beginn etwas unterhaltsamer gestalten können. Schließlich lockt die Einführung von klischeebehangenen Figuren nichtmal den hungrigsten Hund hinter dem Ofen hervor.
Jetzt wollen wir aber auch mal mit dem Gemecker aufhören und trotz der vielen Kritikpunkte anmerken, dass man sich „The Children“ ruhig einmal ansehen kann - er ist mit Sicherheit besser als die unzähligen DVD-Premieren, die wöchentlich die Videotheken überspülen. Das macht ihn jetzt natürlich nicht richtig gut, aber da er durchaus seine spannenden Momente hat und auch die Stimmung passt, sollte man mit dem Streifen jetzt nicht allzu hart ins Gericht gehen.
Mit hohen Erwartungen wird man allerdings sicher eine bittere Enttäuschung erleben...