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The King`s Speech

The King`s Speech

Ein Film von Tom Hooper

Fernab der demütigen Sensationsheischerei in den Royal-Sparten der Boulevardmagazine gibt es hin und wieder ehrliche filmische Blicke hinter die Fassade des Königsadels. So wie Stephen Frears` scharfsinniges Porträt über “Die Queen” (2006), das bei allem Pragmatismus natürlich auch very british war. Einen noch spezielleren Ansatz hat der englische Regisseur Tom Hooper gewählt. In seinem Historiendrama “The King`s Speech” geht es um das Stotterproblem des einstigen britischen Monarchen George VI., dem Vater von Queen Elizabeth II., der in den späten 30er-Jahren mehr oder weniger wider eigenen Willens die Regentschaft übernahm. Eben noch setzte sich der Film bei der Oscar-Verleihung die Krone auf und verwies damit hoch gehandelte Preisanwärter wie David Finchers Facebook-Streifen The Social Network oder Christopher Nolans Kopf-Thriller Inception auf die Plätze. “The King`s Speech” trifft über weite Strecken den richtigen Ton zwischen Humor, Tiefgang, Herz und inhaltlichem Anspruch und lebt dabei enorm von seinen Darstellern, die sich auch als Solisten perfekt ergänzen. Dies gilt vor allem für den bislang sträflich unterschätzten Colin Firth als König mit Handicap, wie auch für Geoffrey Rush als dessen verschrobener Sprachtherapeut.

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Prinz Albert, Herzog von York (Colin Firth), den seine Familie etwas despektierlich “Bertie” nennt, leidet seit frühster Kindheit unter seinem Sprachfehler. In seiner Position und seinem blaublütigen Umfeld fällt dieser Makel besonders ins Gewicht. Als er vor versammeltem Publikum im Wembley Stadium eine Ansprache halten soll, bringt er kaum ein Wort über die Lippen. Bei ihrer verzweifelten Suche nach einem geeigneten Sprachtrainer geraten Albert und seine Frau Elizabeth (Helena Bonham Carter) an den Australier Lionel Logue (Geoffrey Rush), der so seine ganz eigenen Methoden zur Behandlung des Stotterns hat. Zunächst geht Albert auf Distanz, doch dann lässt er sich doch auf Lionels Therapie ein. Derweil stellt sich die Frage nach der Thronfolge von Alberts Vater George V. (Michael Gambon). Und weil “Berties” Bruder David (Guy Pearce) aus Liebe zu seiner Gemahlin in spe, Wallis Simpson (Eve Best), auf das Amt verzichtet, fällt die Wahl des hoheitlichen Nachfolgers automatisch auf den zweitältesten Sohn Albert. Doch kann dieser nicht angemessen regieren, bevor er sein Stottern in den Griff bekommen hat. Albert stehen lange Therapiestunden mit Lionel ins Haus…

“The King`s Speech” lässt sich auf einem fast in Vergessenheit geratenen Nebenschauplatz der britischen Königshistorie nieder und verarbeitet seinen authentischen Stoff zu sensibel-geistreichem Kino. Von einem klassischen Geschichtsfilm zu sprechen, wäre aber verfehlt. Tom Hoopers Film legt den Fokus auf die Geschichte eines in der Öffentlichkeit stehenden Mannes, der mit den Worten und sich selbst ringt, und erzählt vom Aufbau einer Vertrauensbasis zwischen einem Royal und einem Bürger des “Proletariats”. Der historische Hintergrund dient primär dem Verständnis und der Einordnung der Dramaturgie. Die Umbrüche, die Posten- und Generationswechsel innerhalb des Königshauses, von dem Bertie sagt, dass es eher einem Unternehmen denn einer Familie gleiche; und, darüber hinaus, der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit der offiziellen Kriegserklärung an das Hitler-Deutschland nach dessen Einmarsch in Polen. Hierdurch gelangt der Film auch zu seinem eigentlichen Höhepunkt, der Verkündung des Kriegszustandes über Hörfunk, die für Bertie zum nervlichen Drahtseilakt wird, während die Nation gebannt zuhört - sozusagen das Äquivalent zu Charlie Chaplins Friedensbotschaft am Schluss von Der große Diktator. Der technische Fortschritt gewährleistet jene Nähe zum Volk, die Bertie - der in seine Rolle als stocksteifer Adliger hineingeboren wurde - nie zu pflegen gelernt hat.

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Wo manche Historienschinken auf Spektakel setzen und ihre Produktionswerte und aufwändige Requisiten protzend zur Schau stellen, legt “The King`s Speech” die Schwerpunkte woanders, auch wenn Sets, Kostüme und Uniformen natürlich sorgsam ausgesucht wurden. Die Therapiestunden haben bisweilen etwas Kammerspielartiges, nach und nach werden die Eitelkeiten abgelegt. Überraschend spritzig und pointiert kommen die verbalen Scharmützel zwischen Lionel Logue und Prinz Albert/König George daher. Der Logopäde, den Geoffrey Rush so köstlich entfesselt spielt, setzt auf unorthodoxe Methoden zu des Widerspenstigen Zähmung und hält seinen Patienten auch schon mal dazu an, einzelne Sätze zu singen statt zu sprechen, Zungenbrecher auswendig zu lernen, oder laut herumzufluchen, wenn ihm in den Übungspausen danach ist. Lionel verfolgt eine klare Linie, ohne jemals den Beruf des Doktors erlernt zu haben. Den Erfolg verdankt er seiner Menschenkenntnis und ein Stück weit seiner Exzentrik; nach einem anstrengenden Arbeitstag blödelt der Gelegenheitsschauspieler dann gerne mal mit seinen Kindern herum oder spielt ihnen Shakespeare-Szenen vor. Colin Firth spielt Bertie als scheuen, manchmal fast ängstlich wirkenden Regenten, der in jedem Augenblick darauf bedacht ist, die Kontrolle über sich zu behalten. Er fürchtet sich vor der Bürde der Verantwortung, die ihm mit einem Mal zuteil wird. Sein Vater, der stets an seine Beharrlichkeit geglaubt hat, verstirbt; sein Bruder, der ursprünglich für die Thronfolge vorgesehen war, heiratet eine geschiedene Frau und zieht sich dadurch den Groll der Kirche zu. Helena Bonham Carter spielt des Weiteren Elizabeth, die wir alle als Queen Mum kennen gelernt haben, als liebevolle und fürsorgliche Frau, die so gut wie alles für das Wohl ihres Mannes tun würde. In einer eher begrenzten, aber dennoch auffälligen Rolle ist Timothy Spall als Winston Churchill zu sehen.

Eine kritische Haltung gegenüber dem auf die Etikette fixierten britischen Adel äußert sich in den Einwanderern aus Übersee; sowohl im australischen Autodidakten und auf Gleichheit sinnenden Lionel, der das “Majestätische” immer wieder entwertet, etwa wenn er den Thron als bequemen Sessel zweckentfremdet, als auch in Davids Gattin Wallis Simpson, die gebürtige US-Amerikanerin ist. "The King`s Speech" ist inspirierendes, humorvoll-bewegendes Kino, das in Teilen auf den einen oder anderen einen etwas arglos-reaktionären Eindruck hinterlassen mag, den Hoopers gelungene Inszenierung und die erstklassige Schauspielergarde jedoch locker zu relativieren im Stande sind. Somit ist "The King`s Speech" nicht der erhoffte Arthouse-Film über das britische Königshaus, sondern schnörkelloses Hollywood-Entertainment. Eine Lehrstunde der Menschlichkeit, die auf einfach geebnetem Wege den Zuschauer erreichen soll. Das Resultat wird nicht jeden überzeugen, aber unterhaltsam ist Hoopers Film auf jeden Fall...

Eine Rezension von Christopher Michels
(20. März 2011)
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Daten zum Film
The King`s Speech Großbritannien 2011
(The King`s Speech)
Regie Tom Hooper Drehbuch David Seidler
Produktion Senator Kamera Danny Cohen
Darsteller Colin Firth, Geoffrey Rush, Helena Bonham Carter, Guy Pearce, Michael Gambon
Länge 118 Minuten FSK ohne Altersbeschränkung
Filmmusik Alexandre Desplat
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