„Hey, wasn't that our fan?“
Tom Hanks, den wir hauptsächlich als Schauspieler in so erfolgreichen Filmen wie „
Schlaflos in Seattle“ [1992], „
Der Soldat James Ryan“ [1998] oder „
Illuminati“ [2009] verorten, liefert mit seinem bisherigen, vielfältig ausgestalteten Schaffen eindrucksvoll den Beweis, dass ein Mann durchaus in der Lage sein kann, mehrere Dinge auf einmal zu erledigen. Nicht genug nämlich, dass er bisher unzähligen Charakteren aus Drehbüchern Leinwandpräsenz und ein (filmisch begrenztes) Leben eingehaucht hat – sein beeindruckender
Curriculum Vitæ listet darüber hinaus unter anderem noch geschäftige Tätigkeiten als Produzent und Drehbuchschreiber, so dass man fast meinen könnte, der volle Terminkalender ließe ein normales Leben neben all der Arbeit gar nicht mehr zu. Doch Hanks, der augenscheinlich nicht nur nach außen hin treusorgende Familienvater und Ehemann, ignoriert immer wieder hartnäckig die vermutete Realität abseits des Filmsets, wirkt freundlich wie eh und je, wenn er interviewt wird, gibt sich bodenständig, als wenn es das Normalste auf der Welt wäre. Was den Schluss nahe legt, dass der zweifach mit dem Oscar ausgezeichnete Hanks sein Leben im Griff zu haben scheint. Wie eine Filmrolle, die einem ni
cht vorhandenen Drehbuch folgt, das von einem fähigen Regisseur inszeniert wird.
Tom Hanks, der Regisseur? Eine zugegeben zunächst ungewohnt klingende, im Endeffekt aber durchaus logische Phrase. Denn wo viele Talente erkennbar sind, warten teilweise weitere im Verborgenen auf Entdeckung. So auch 1996, als mit der musikalischen Dramödie
„THAT THING YOU DO!“ die längst überfällige Bestätigung für das erschien, was wir alle schon immer insgeheim geahnt hatten: dieser Mann ist ein Multitalent, wie es im Buche steht. Denn am Ende des Tages war Hanks mit sage und schreibe vier unterschiedlichen Posten an dem Projekt beteiligt: Regie, Drehbuch, Darsteller und Soundtrack. Umso erstaunlicher, dass der Film trotz dieses immensen Kraftakts niemals angestrengt, sondern dreisterweise locker-beschwingt und erfrischend lässig daherkommt. Aber worum geht es nun eigentlich genau?
That Thing You Tell! Zu gerne würde der ambitionierte Musiker Guy Patterson (Tom Everett Scott) mehr aus seinem Talent machen. Doch statt vor ausverkauften Hallen zu spielen, arbeitet der leidenschaftliche Schlagzeuger Mitte der Sechziger Jahre als Aushilfe im Elektroladen seines Vaters (Holmes Osborne). Erst als befreundete Mitglieder einer Band (Johnathon Schaech, Steve Zahn und Ethan Embry) auf der Suche nach einem Ersatz für ihren verletzten Schlagzeuger (Giovanni Ribisi) kurzerhand um Guys Hilfe bitten, scheint sich das Blatt zu wenden. Denn fortan gibt Guy im Hintergrund die Marschrichtung der aufstrebenden Nachwuchsband namens
Oneders (später:
Wonders) vor, etwa wenn er ein eigentlich als Ballade gedachtes Lied wie das titelgebende
That Thing You Do! plötzlich mit einem deutlich schnelleren Rhythmus versieht und so in ein Rock'n'Roll-Stück verwandelt. Dem Sieg beim Talentwettbewerb ist dies beileibe nicht abträglich, und es braucht nicht sonderlich lange, bis ein Manager auf sie aufmerksam wird und die Truppe überraschend schnell unter Vertrag nimmt. Der Beginn einer ereignisreichen Erfahrung, die trotz des an sich guten Scheins leider nicht nur Friede, Freu(n)de und Eierkuchen für die Jungmusiker bereithält…
That Thing You Sing! Keine Frage: Tom Hanks liefert mit seinem Regiedebüt keinesfalls eine präzise Sezierung des Musikbusiness, sondern vielmehr eine mit Bedacht und Liebe zum (musikalischen) Detail inszenierte Komödie mit einigen dramatischen Einschlägen ab, die in erster Linie unterhalten will. Wie gut, dass der treibende Motor des Werks – die Musik – ordentlich zu diesem Bestreben beiträgt. So nutzt sich etwa der titelgebende Song
That Thing You Do!, der von den Schauspielern höchstpersönlich eingesungen und musikalisch arrangiert wurde, selbst trotz im Laufe des Films mehrmaliger Wiederholung nie wirklich ab, sondern klettert vielmehr jedes Mal auf der Ohrwurm-Leiter noch ein Stückchen weiter nach oben. Bis zur Spitze. Soviel steht fest:
Adam Schlesinger, der jüngst Drew Barrymore und Hugh Grant in „
Mitten ins Herz“ [2007] liedertechnisch auf die Sprünge half, schuf ohne Zweifel mit spielerischer Leichtigkeit einen überaus kurzweiligen Beitrag, der schlichtweg mitreißt, so dass die Oscarnominierung im Jahre 1997 für den besten Originalsong in der Kategorie „Musik“ wenig überraschend auf dem Fuße folgte. Auch wenn letztlich „Evita“ den begehrten Preis einheimste und Schlesinger und seine Mitstreiter auf die Plätze verwies. Eine klare Niederlage, jedoch auf hohem Niveau, die vielleicht nicht mit absoluter Härte, jedoch für heutige Verhältnisse hinreichend bestimmt vor Augen führt, dass eine Erfolgskurve nicht immer nur steil ansteigend verlaufen muss. Denn Ohrwurmqualitäten hin oder her – am Ende wirft doch wieder das Schicksal die Würfel und drängt Qualität nebst Eingängigkeit von einstigen Höhen in den Tieftonbereich.
That Thing You Teach! Dass es das Schicksal nicht immer gut mit einem meint, müssen Guy und seine Freunde nämlich schon recht bald am eigenen Leib erfahren, als sie sich in die Mühlen des Musikbusiness begeben. Denn wo vormals eitel Sonnenschein vorherrschte, regiert plötzlich der kalkulierte Erfolg der „oben“ sitzenden Bosse, denen ein Hit an kreativem Input genügt, um diesen fortan bis zum Gehtnichtmehr auszuschlachten. Will ihn keiner mehr hören, wird er eben solange auf Eis gelegt, bis sich irgendwann einmal in naher Zukunft eine Cover-Version anbietet, deren Interpret seinerzeit einen erfolgreichen Ohrwurm-Song verbuchen konnte, und so weiter, und so fort. Hanks’ Geschichte eines klassischen
One-Hit-Wonders (man rufe sich bitte eben schnell den mehrdeutigen Bandnamen in Erinnerung) lässt im Grunde kein gutes Haar am Musikbusiness, verkommt jedoch nicht, wie man nun argwöhnen könnte, zur anklagenden Kritik. Stattdessen appelliert
„THAT THING YOU DO!“ an einen Jeden von uns, immer an den gehegten Träumen und Wünschen festzuhalten, ungeachtet der Umstände, dass einem andere immer wieder etwas aufzuoktroyieren versuchen, oder aber der Weg hin zur Zufriedenheit recht häufig auf steinigen Vorpfaden verläuft. Dass diese Wertevermittlung teilweise etwas arg naiv daherspielt – geschenkt. Denn der harmlose, aber unterhaltsame Film ist schlichtweg zu charmant, als dass man ihm irgendwelche Vorhaltungen machen könnte, vermittelt er doch vor allem unbändigen Spaß an der Freude, beziehungsweise an dem, was den Einzelnen ausmacht. Nicht mehr, aber auch keinesfalls weniger.
That Thing You Conclude! Tom Hanks’ Debüt ist sicherlich kein Meilenstein des Musikfilms, sollte jedoch trotzdem mehr als nur einen Blick wert sein. Abgesehen von etlichen damals blutjungen, nunmehr renommierten Topstars liefert
„THAT THING YOU DO!“ nämlich in gewisser Hinsicht den Soundtrack für all jene Träume, Wünsche und Hoffnungen, für die einzustehen manch einer bisher vielleicht noch zu schüchtern war. Dass der Film hierauf nachhaltig Einfluss nehmen kann, bleibt freilich zu hinterfragen. Ganz sicher jedoch ist, dass er unterhaltsame Filmkost über dem Durchschnitt darstellt, und die ist gar nicht schlecht. Oder um den Kreis zu schließen:
It's quite nice, Mr. Hanks ... that thing you did.