Einige der besten Horrorfilme funktionieren mit einer ganz simplen Formel: man nehme ein paar ungleiche Protagonisten, sperre diese in einen abgeschlossenen Raum, und verhindere das Flüchten durch eine unbekannte und tödliche Bedrohung. Dann wartet man nicht nur ab, ob diese Bedrohung in das Innere gelangt, sondern auch ob sich die Damen und Herren in ihren zwischenmenschlichen Konflikten selbst zerfleischen. Diese einfache, aber ungemein effektive Prämisse haben wohl zahllose Streifen bis zum Erbrechen durchexerziert, darunter auch die großen Klassiker wie „Nacht der lebenden Toten“ oder auch Semi-Horrorfilme wie John Carpenters „Assault – Anschlag bei Nacht“. Und obwohl dieses Thema schon etliche Male benutzt wurde, kann es bei guter Umsetzung immer wieder fesseln. Genau das weiß auch Regisseur und Autor Toby Wilkins bei dem vorliegenden Splinter.
Gemixt mit etlichen Motiven aus anderen Filmen, sei es „
Predator“ oder eine wirklich großen Prise „
Das Ding aus einer anderen Welt“, erzählt Splinter eine ebenso einfache Geschichte wie oben bereits beschrieben: das junge Pärchen Polly und Seth wollen eigentlich in einem Nationalpark zum Jahrestag ihrer Beziehung einen romantischen Campingurlaub verbringen. Polly als die Frau der Tat ist dabei für die Umsetzung zuständig, während der angehende Doktor in Bio
logie nur mit theoretischen Erörterungen über die örtlichen Bäume glänzen kann. Parallel dazu befindet sich das Ganovenpärchen Dennis und Lacey auf der Flucht vor der Polizei. Der fünfte von insgesamt nur sechs Köpfen im Cast, der Tankstellenwart Blake wurde schon im Vorspann dahingerafft, so dass der Weg für die äußerst knappe Geschichte von gerade einmal 75 Minuten frei ist: das Auto von Dennis und Lacey gibt den Geist auf, so dass man sich schnell Polly und Seths fahrbaren Untersatz inkl. der beiden Besitzer habhaft macht. Natürlich überfährt man auf der Landstraße ein „etwas mit Stacheln“, natürlich muss man Reifen wechseln, und natürlich gibt der Wagen an eben jener Tankstelle den Geist auf, da die Stacheln den Kühler durchbohrt haben. Der Rest ist rumsitzen, sich der eigenen Haut erwehren, und Fluchtpläne schmieden...
Dabei ist die Konsequenz von Wilkins Drehbuch durchaus interessant: der Cast besteht aus ingesamt sechs Leuten, den zwei Paaren, dem Tankstellenwart sowie einer Polizistin. Jeder davon erfüllt offensichtlich eine bestimmte Funktion, so dass es leider kaum bemerkenswerte Storyentwicklungen oder -wendungen gibt. Dies ist auch eines der größten Probleme von Splinter. Man kennt das alles, man hat das alle schon oft gesehen. Trotzdem bleibt der Film dank der Laufzeit von knappen 75 Minuten tempo- und spannungsreich, sowie in seiner Bodenständigkeit auch einfach mal angenehm. Punkten kann das Script dann aber mit den Charakteren, die hier tatsächlich Sympathieträger sind, und Gott sei Dank nicht von Mid-Twenties gespielt werden, die verzweifelt versuchen, als Teenager durchzugehen. Diese hier stehen mitten im Leben und werden auch von entsprechenden Schauspielern verkörpert. Der Gutmenschenhintergrund von Dennis nimmt dem ganzen zwar etwas die Konsequenz, aber die umgekehrte Rollenverteilung von Polly und Seth kann für den ein oder anderen Grinser sorgen. Natürlich steht dann auch Weichei Seth vor einer Bewährungsprobe und wird im Laufe des Filmes „zum Mann“, aber wie gesagt: Splinter bewegt sich unaufgeregt in den Genrekonventionen, nutzt diese aber sehr gut.
Nun zu einem enorm wichtigen Faktor eines solchen Streifens: das Monster und dessen Design. Hier gibt’s viel Licht, aber leider auch Schatten, der aber Regisseur Wilkins und seinem Kameramann Nelson Cragg sowie David Michael Maurer, der sich für den Schnitt verantwortlich zeigt, zuzuschreiben ist. Das Monster, die Pflanze, das wasauchimmer übernimmt bei Berührung den Wirtskörper und breitet sich darin fast unaufhaltsam aus. Letztendlich mutieren die Opfer nicht wirklich, aber der Parasit bewegt sich auf eigene Art und Weise fort, so dass die Getöteten zu grotesken Kreaturen inklusive gebrochener Knochen und verdrehten Körpern werden. So weit, so gut; so weit, so „
Das Ding aus einer anderen Welt“. Die Bewegungen sind angemessen creepy und verstörend, die Chose zu weiten Teilen auch nachvollziehbar und verständlich. Und gerade weil die Kreaturen so gelungen sind, ist es unverständlich, warum sich die Verantwortlichen nicht einmal im großen Finale trauen, das Böse ausserhalb von Schatten zu zeigen, das wirklich grauenhafte Herumwackeln mit der Kamera unterlassen können, sowie nicht ständig dieses absolute Schnittinferno abfeuern müssen. Denn was man sieht, wirkt vielversprechend, nur stellt man sich immer die Frage: haben die sich selbst und ihren Handwerkskünsten nicht über den Weg getraut?
Natürlich kann man damit auch die Gewalt kaschieren, um nicht in eine höhere Freigabe zu rutschen. Aber da Splinter szenenweise trotzdem gut hinlangt, ist die FSK 16 mal wieder eine fragwürdige Willkürentscheidung des entsprechenden Gremiums – die hatten wohl wirklich einen guten Tag. Nicht nur die recht verstörenden Kreaturen haben ihren Auftritt, auch werden da Leute halbiert, wieder zusammengefügt, und grausamer Höhepunkt ist dann die Zweckentfremdung eines Teppichmessers. Da das ganze auch noch ziemlich humorlos und straight-forward präsentiert wird, fühlt man sich wieder einmal mehr an Carpenters Vorlage erinnert, ohne jedoch dessen blutige Konsequenz und Brillanz zu erreichen. Punkten kann Wilkins dann aber mit dem gewissen Funken Mystery über die Herkunft des Splinters (?). Es gibt ein paar wenige Hinweise, die hier natürlich nicht verraten werden sollen, aber gerne in Kommentaren zu dieser Kritik diskutiert werden können. Ein ähnlich versiertes Sequel oder Prequel (je nachdem, welche Theorie man hat), wäre durchaus erwünscht, da dieser Film durchaus Spaß macht.
Womit wir bei dem Fazit und damit auch bei der Bewertung wären.
Spaß macht der Streifen, keine Frage. Er hat eine gesunde Härte, er ist spannend, er ist gut gespielt und technisch äußerst kompetent gemacht; in Handarbeit, das sollte hier noch einmal hervorgehoben werden. Abzüge gibt es für die szenenweise irre hektische Kamera und Schnitt, sowie das dem Film die letzte Konsequenz von Carpenters Film einfach fehlt. Da Splinter aber auch nur 75 Minuten dauert, und somit ideal für den gepflegten Videoabend ist, gibt es letztendlich:
5 Sterne und damit eine Empfehlung!
Noch ein Wort zur DVD: diese kommt von Ascot (hier wieder ein dickes Danke für das Exemplar), und besitzt nicht nur ein Wendecover, sondern ist auch dick ausgestattet. Exzellentes Bild, guter Ton (die Synchro sogar in dts und geht soweit in Ordnung), sowie zahlreiche Extras. Sogar ganze zwei Audiokommentare haben es auf die Scheibe geschafft, so dass auch diese empfohlen werden kann.