"A Thousand Years Ago …
A Clan Of Weavers Formed A Secret Society Of Assassins.
They Silently Carried Out Executions
To Restore Order To A World On The Brink Of Chaos.
They Called Themselves The Fraternity."
Mit diesen Worten beginnt die Adaption der Comic-Reihe
Wanted. Wer hätte gedacht, dass die Weber eine derart gefährliche Zunft darstellen. Vergessen hat man bei der kleinen Einführung glatt den „Webstuhl des Schicksals” (
”Loom of Fate") zu erwähnen. Dieser webt einen Binärcode ins Tuch, der, entziffert, Namen von Personen liefert, die das Schicksal gerne tot sähe. Ich bin fast beeindruckt. Ist das etwa eine Anspielung auf die drei altgriechischen Schicksalsgöttinnen, die den Lebensfaden eines jeden spinnen, seine Länge bestimmen und einfach abschneiden, wenn die Zeit gekommen ist? Dann wiederum ist die ganze Schicksalsthematik dieses Films so lückenhaft, und unausgegoren, dass sie getrost vernachlässigt werden kann. Es bereitet zudem wenig Freude sämtliche Logikfehler aus einem bedeutungslosen Actionfilm herauszusuchen und öffentlich anzuprangern.
Wesley Gibson (James McAvoy) ist zu seinem Unglück nicht nur Buchhalter sondern mit Abstand der größte Verlierer und Jammerlappen im Umkreis von 40 000 km. Seine Chefin macht ihm ununterbrochen die Hölle heiß, seine Freundin betrügt ihn mit seinem besten Freund, er ist pleite und diagnostiziert an sich jede nur erdenkliche
Krankheit, die durch Stress hervorgerufen werden kann. Und er entschuldigt sich lieber unentwegt, anstatt für sich und seine Interessen einzustehen. Kein Wunder also, dass beim googlen seines eigenen Namens null Ergebnisse angezeigt werden.
Sein Leben ändert sich aber von Grund auf, als die schöne Fox (Angelina Jolie) auf ihn zugeht und ihm erklärt, er solle die Nachfolge seines frisch ermordeten Vaters in einer geheimen Bruderschaft von Auftragskillern antreten und gleichzeitig den Mörder Cross (Thomas Kretschmann) zur Strecke bringen. Da Wesley nichts besseres zu tun hat, willigt er nach anfänglichen Berührungsängsten ein und lässt sich zum harten Bürschchen ausbilden, um seinen Vater zu rächen und sich selbst zu finden.
Mit
Wanted ist es dem russischen Regisseur Timur Bekmambetov (
Wächter der Nacht,
Wächter des Tages) erneut gelungen eine interessante Vorlage in eine sinnlose und unfreiwillige Komödie zu verwandeln. Morgan Freeman, Angelina Jolie, James McAvoy, Terence Stamp und Thomas Kretschmann dürfen alle nacheinander, miteinander und gegeneinander stumpfsinnige Dialoge abspulen, die für ein inhaltliches Minimum sorgen, während Verfolgungsjagden, Schlägereien, Schießereien und Explosionen die Handlung vorantreiben. So gesehen wird dem Zuschauer nie langweilig, da immer irgendwelche Kugeln um irgendwelche Ecken fliegen, ausgeschlagene Zähne durch die Luft segeln, ein Blechschaden den anderen jagt und unentwegt Knochen zertrümmert werden. Nicht zu vergessen sind an dieser Stelle auch die unzähligen Kopfschüsse, die detailliert und vor allem in Zeitlupe besonders appetitlich aussehen. Sowieso scheint der Regisseur einer Vorliebe für Zeitlupen-Action erlegen zu sein. Vielleicht war ihm seine eigene Action auch zu rasant, so dass er mindestens 50% dieser Szene verlangsamt musste, um beim Ansehen seines eigenen Films keinen Schwindelanfall zu bekommen. Böse Zungen würden behaupten, dass sich so mit weniger Material ein längerer Film zusammenbasteln lässt. Der Einsatz von Zeitlupe kann durchaus schöne, bunte Bildchen (siehe z.B.
Matrix) fabrizieren, man kann wie immer aber auch mächtig übertreiben. Anders ausgedrückt: Wenn ich jeden Tag Lasagne essen muss, kommt mir das Zeug irgendwann aus den Ohren wieder heraus, egal wie oft ich diese Speise vorher zu meinem Leibgericht erklärt habe.
Neben der coolen Kaugummi-Action hat
Wanted aber auch eine gehörige Portion an maskulin wirken sollenden Gewaltfantasien zu bieten, die einem Neandertaler bestimmt viel Freude bereitet hätten. Zur Wandlung der Hauptfigur Wesley Gibson von einer „
Pussy“ zu einem Mann, der sein Schicksal selbst in die Hand nimmt, gehört erst einmal eine ordentliche Tracht Prügel. Nichts ist charakterbildender als eine mehrfach gebrochene Nase. Zielübungen sind am effektivsten, wenn man auf an Fleischerhaken von der Decke baumelnden Leichen von alten Omas schießt. Was ab und zu gerne als schwarzer Humor ausgelegt wird, ist einfach nur billig, unnötig und geschmacklos. Der Film ist eine handzahme, äußerst verzerrte Version der bitterbösen Comic-Reihe von Mark Millar und J.G. Jones, die um ein vielfaches gewalttätiger und mutiger ist als dieser müde Abklatsch. Die Rahmenhandlung um Wesley Gibson sowie ein paar Figuren wurden für den Film übernommen, der Rest wohlweislich ignoriert, obwohl die Handlung der Comics einen nachvollziehbaren, durchdachten Kontext geliefert hätten. Keiner Bruderschaft von verrückten, größenwahnsinnig gewordenen Webern tritt Wesley bei sondern, einem Zusammenschluss von Super-Bösewichtern (
„Super Villains“).
Klingt nicht weniger abstrus? Realitätsnah ist es mit Sicherheit nicht, aber es würde sich auch niemand darüber beschweren, dass Superman fliegen oder Spiderman Netze aus seinem Handgelenk schießen kann. Dennoch hätte auch eine realistischere Adaption der Comic-Reihe funktionieren können, wenn man den Realitätsanspruch durchgehalten und sich selbst nicht allzu ernst genommen hätte. Im Comic ist durchaus nichts dabei, wenn ein Mitglied der Bruderschaft von einem Wolkenkratzer zum nächsten hüpft, da er eben ein Super-Bösewicht ist, dem wir solche Fähigkeiten zugestehen dürfen. Im Film wirkt diese fast identisch übernommene Szene einfach nur albern, da es sich bei dem Killer um einen normalen Menschen handelt. Dieser Umstand entzieht dem Film auch noch die letzte Stimmigkeit und lässt nach Ablauf der letzten Szene nichts mehr übrig außer Schall und Rauch.