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Big Fish - Der Zauber, der ein Leben zur Legende macht

Big Fish - Der Zauber, der ein Leben zur Legende macht

Ein Film von Tim Burton

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht, behauptet der Volksmund und scheint damit in gewisser Weise auch recht zu haben. Wer vertraut schon gerne einem Gegenüber, das zuvor eher negativ in Sachen Wahrheitstreue aufgefallen ist? Sie können einem schon fast leid tun, diese Individuen, die nach einer vielleicht nur einmaligen Lügenaktion nicht mal mehr bei der Wahrheit für voll genommen werden. Wer weiß denn schon, ob der vermeintlich Lügende nicht vielleicht gar einen guten Grund gehabt hat, der Wahrheit zuwider zu reden? Können wir alle wirklich für uns in Anspruch nehmen, immer die Wahrheit zu kennen, wo sie doch in Einzelfällen manchmal nur schwer von Lügen unterschieden werden kann?


William Bloom (Billy Crudup) hat bisher sein Leben lang versucht, seinen Vater Edward Bloom (Albert Finney) richtig kennen zu lernen. Der begeisterte Geschichtenerzähler flüchtet sich Williams Verständnis nach jedes Mal in eine fantastische Scheinwelt, wenn er aus seiner Vergangenheit erzählt, denn so unterhaltsam die Geschichten auch sein mögen, so lügenhaft erscheinen sie in Wahrheit. Wahr ist, dass der alte Mann eines Tages im Sterben liegt und seine Familie um sich versammelt, um noch ein letztes Mal seine unglaubliche – lügenhafte? – Lebensgeschichte zu erzählen. Hier beginnt auch der eigentliche Film, der im Grunde ein einziger Rückblick auf das Leben des Bloom Senior ist. Angefangen bei sei
ner seltsamen Geburt, seinem viel zu schnellen Wachstum und der damit einhergehenden dreijährigen Fesselung ans Bett, hin zum vorhergesagten Tod, den der junge Edward angeblich im Auge einer Hexe (Helena Bonham Carter) gesehen hat, wird der Zuschauer mitgenommen auf eine fantastische Reise, in der schon schnell die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion verschmelzen:


Der junge Edward (Ewan McGregor) wächst in Ashton auf, einer kleinen Stadt, in der jeder den anderen kennt. Als ein Riese (Matthew McGrory) die Stadt heimsucht und dabei bereits mehrere Schafe und Kornfelder zerdrückt hat, entschließt sich Edward, mit dem sanften Hünen zu reden und überzeugt ihn letztlich sogar davon, mit ihm im Schlepptau von dannen zu ziehen. So gelangen beide, nachdem Edward einen kleinen Umweg über die Kleinstadt Spectre gemacht hat, schließlich zum Zirkus von Amos Calloway (Danny DeVito), in dem der sanfte Riese seine wahre Bestimmung als Zirkusattraktion findet. Auch Edward selber bleibt für drei Jahre im Dienste Calloways, allerdings treiben ihn andere Beweggründe an. Er sah nämlich seine Traumfrau (Jessica Lange) im Zirkus und erfährt im Laufe der Monate neben ihrem Namen – Sandra – immer mehr über sie, bis er sie schließlich mit einem Feld voller Narzissen betört und heiratet. Kurz darauf beginnt jedoch der Korea-Krieg, und Edward muss notgedrungen an die Front.


Zurück in der Gegenwart. Der alte Mann ist nicht mehr in der Lage, seine Geschichte selbst zu Ende zu führen, so dass es letztlich am bisher zweifelnden Sohn liegt, das „letzte Kapitel“ aus dem Leben des grandiosen Geschichtenerzählers – seines sterbenden Vaters – zu erzählen. Bislang glaubte William immer nur die Spitze des Eisbergs in seinem Vater zu sehen, während alles andere – die Wahrheit – irgendwo versteckt auf Offenlegung wartet. Schließlich erkennt Edwards Sohn jedoch im Zeitpunkt des bevorstehenden Todes die Wahrheit hinter allem und kommt zu der Überzeugung, dass ein Mann in seinem Leben so viele Geschichten erzählt, dass er selbst zu einer solchen wird. Denn Geschichten haben kein Verfallsdatum, überdauern den Tod einer geliebten Person und machen selbige auf diese Weise unsterblich. So wahr, so traurig, so schön.


Tim Burton hat nach seinem zweifellos misslungenen Ausflug zum „Planet der Affen“ glücklicherweise wieder zur alten Form zurückgefunden und mit „BIG FISH“ einen sowohl visuell als auch inhaltlich überaus überzeugenden Film abgeliefert, der den Zuschauer auf eine fantastische, ereignisreiche Reise mitnimmt. Viele sehen in Burtons Fantasy-Film gar seinen bisher besten, weil reifsten Film, und ich bin geneigt, diesen Stimmen recht zu geben. Es fällt äußerst schwer, nicht dem Zauber, der diesen wunderbaren Film umgibt, zu verfallen. Die amüsante und herzerweichend romantische Geschichte um die Kraft der Vorstellung, die Macht der Fantasie und das Leben an sich überrascht an allen Ecken und Enden durch verspielte Details, kuriose, typisch burton-eske Züge und ausnahmslos toll agierende Schauspieler, die allesamt perfekt in ihren Rollen aufgehen. Sowohl Danny DeVito als auch Jessica Lange überzeugen in ihren maßgeschneiderten, fantastischen Rollen und heimsen schon für sich alleine viele Sympathiepunkte ein. Danny Elfman beweist darüber hinaus mit seinem gelungenen Soundtrack, dass er einer der begnadetsten Komponisten der Jetztzeit ist. Doch Schauspieler und Musik alleine machen noch nicht zwangsläufig einen großen Film, wenn sie nicht angemessen präsentiert werden. Und so liefert Tim Burton neben brillant eingefangenen Landschaften voller Schönheit und optischer Raffinesse auch dem Fantasy-Film-Genre entsprechende skurrile und fantastische, jedoch niemals übertrieben wirkende Welten, die das Auge des Betrachters verwöhnen, ohne es zu überfordern. Die spärlich gesäten, bei Vorhandensein aber guten visuellen Effekte aus der Effekt-Schmiede von Sony Pictures („Spider-Man 1-3“) tun schließlich ihr Übriges, um zum sehr guten Gesamteindruck des Films beizutragen.


Doch worum geht es nun eigentlich explizit? Ist der Film „nur“ eine Lügengeschichte Marke Münchhausen, die zwar unterhaltsam ist, aber in etwa soviel Wahrheit enthält wie ein Entschuldigungsheft eines Grundschülers? Oder verbirgt „BIG FISH“ etwas, das sich erst ganz am Ende zeigt? In jedem Fall geht es um das Leben an sich und die Frage, was nun Wahrheit ist. Man kann sie nicht immer sehen, muss zuweilen tief nach ihr forschen, um sie zutage zu fördern. Und doch meinen wir – manchmal schon fast zu beharrlich –, dass wir sie ziemlich sicher erkennen können. Hier setzt Tim Burtons Fantasy-Märchen um eine Vater-Sohn-Beziehung der besonderen Art ein. Der Rückblick auf das unglaublich wirkende Leben des Edward Bloom scheint bei aller kindlicher Übertreibung – eine Gabe, die Geschichtenerzähler für sich gepachtet haben – doch eine ganze Menge an Wahrheit zu transportieren. Spätestens beim zu Tränen rührenden Ende erkennt der Zuschauer nämlich, dass er wie William glaubte, mit der Lebensgeschichte des sterbenden Mannes eine einzige Lüge zu sehen beziehungsweise zu hören. Doch die Engstirnigkeit weicht nun notgedrungen zunächst einem Gefühl der Verwunderung, nur um daraufhin einer Erkenntnis Platz zu machen, die so wundersam wie richtig anmutet: „Die Wahrheit ist einzig und allein eine Frage des Standpunktes“. Es liegt einfach nur an jedem Einzelnen, was er daraus macht.


So erweist sich Tim Burtons kleines und kunstvolles Meisterwerk letztlich als unglaublich schönes, trauriges, ironisches, aber auch lehrreiches Filmerlebnis, das bei aller Liebe für fantastische Elemente niemals aus den Augen lässt, was es zu vermitteln in der Lage ist. Es sind nämlich Geschichten wie die, die Edward Bloom erzählt, welche seinen Nachkommen auf ewig in Erinnerung bleiben werden. Stichwort Unsterblichkeit. Ganz gleich, ob sie nun hundertprozentig wahr sind oder nicht. Und es sind gerade Filme über solche Geschichten wie die des Edward Bloom, an die wir als Zuschauer und bekennende Filmfans uns in der echten Welt gerne zurückerinnern. Und ausnahmsweise ist dies keine Lüge, sondern die Wahrheit, nichts als die blanke Wahrheit.

Eine Rezension von Stefan Rackow
(16. Oktober 2007)
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Daten zum Film
Big Fish - Der Zauber, der ein Leben zur Legende macht USA 2003
(Big Fish)
Regie Tim Burton Drehbuch John August, nach dem Roman "Big Fish: A Novel of Mythic Proportions" von Daniel Wallace
Produktion Bruce Cohen, Katterli Frauenfelder, Dan Jinks, Arne L. Schmidt, Richard D. Zanuck Kamera Philippe Rousselot
Darsteller Danny DeVito, Steve Buscemi, Arlene Tai, Ada Tai, Loudon Wainwright III, Missi Pyle, David Denman, Matthew McGrory, Marion Cotillard, Robert Guillaume, Alison Lohman, Helena Bonham Carter, Jessica Lange, Billy Crudup, Albert Finney, Ewan McGregor, Deep Roy
Länge 125 Minuten FSK ab 6 Jahren
http://www.sonypictures.com/homevideo/bigfish/index.html
Filmmusik Danny Elfman
Preise und Auszeichnungen Oscar-Nominierung 2004 in der Kategorie "Best Music, Original Score" für Danny Elfman
Kommentare zu dieser Kritik
Stefan R. TEAM sagte am 29.10.2007 um 09:51 Uhr

Free-TV-Premiere am 30.10. um 20:15 Uhr auf ProSieben!

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