John Rambo (Sylvester Stallone) ist ein Kriegsveteran in den frĂŒhen Dreissigern, der nach Ende des Vietnamkriegs wieder einen Schritt in die Zivilisation wagt. Als er erfĂ€hrt, dass der letzte Soldat seiner Einheit und somit der einzige Mensch an den er sich wenden kann, an Krebs verstorben ist, zieht er ziellos durchs Land. Sein Weg fĂŒhrt in durch einen kleinen Ort namens Holidayland, dessen Banner âWelcome to Hopeâ, John zu einem Verbleib einzuladen scheint. Doch der örtliche Sheriff Will Teasle (Brian Dennehy) fĂ€ngt den durchreisenden Mann ab und befördert diesen mit den Worten âSo einen wie dich mögen wir hier nichtâ gleich auĂerhalb der Stadtgrenzen. Als Landstreicher beschimpft soll er weiterziehen und sich in der Stadt nicht blicken lassen.
Doch Hunger und Erschöpfung vom langen Marsch bewegen John Rambo dazu, die Warnungen in den Wind zu schlagen und sich wieder in die Stadt zu begeben. Der Sheriff, der die Funktion der höchsten Instanz in der Stadt inne zu haben glaubt, deutet dieses Verhalten als persönliche Provokation, nimmt den ausgedienten Soldaten kurzerhand fest und sperrt ihn in eine Zelle. Am nÀchsten Tag droht er ihm mit einem Gerichtsverfahren wegen Landstreicherei und Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Auf dem Revier wird Rambo verspottet, erniedrigt und misshandelt â selbst als sich rausstellt, dass er ein ehemaliger Soldat war und sein Körper von den Wunden grausamer Folterungen durch den Feind gezeichnet ist, zeigen
sich die Deputies unbeeindruckt und setzen ihre Erniedrigungen fort. Rambo nimmt dabei alles hin â sein Zustand ist der eines Mannes ohne Perspektive und Ziel; nach dem plötzlichen Abbruch des Vietnamkrieges tut er sich schwer in der ihm fremd gewordenen Gesellschaft eine Funktion auszufĂŒllen. Je lĂ€nger aber die HerabwĂŒrdigungen und PrĂŒgel anhalten, umso mehr brechen in ihm verdrĂ€ngte, traumatische Erinnerungen an seine Gefangenschaft unter dem Vietcong auf. Insbesondere Sergeant Arhtur Gelt (Jack Starrett) findet an den Misshandlungen und Spötteleien auĂerordentliches Gefallen und versucht mit rabiaten Mitteln die stoische Ruhe des unkooperierenden Gefangenen zu brechen. Rambo driftet immer mehr in die unheilvollen Erinnerungen ab und als ein Deputy sich ihm mit einem Rasiermesser nĂ€hert, gerĂ€t der Gefangene in Panik und ĂŒberwĂ€ltigt in wenigen Momenten die ihn festhaltenden vier Polizisten. Wie ein gehetztes Tier ergreift er die Flucht nach vorne â direkt durch das ganze Revier, wobei er in nicht ein Mal einer Minute sĂ€mtliche Deputies und den Sheriff (ganze 9 Mann!) ausschaltet, auf die StraĂe lĂ€uft und sich ein Motorrad schnappt. Wie einst Steve McQueen in âGesprengte Kettenâ auf seiner Zweirad-Maschine aus dem Gefangen-Camp auszubrechen versuchte, so treibt auch Rambo sein Motorrad zu Höchstleistungen an, um die durch den Wald wesentlich weiter angelegten UmzĂ€unungen zu ĂŒberwinden. Sheriff Teasle ist ihm dabei dicht auf der Spur, so dass es zu einer aufregenden Verfolgung kommt. Rambo kann dabei knapp entkommen und zieht sich in den Wald zurĂŒck.
Daraufhin versammelt Sheriff Teasle sĂ€mtliche ihm zur VerfĂŒgung stehende Deputies, bewaffnet sie mit Gewehren, organisiert sich Jagdhunde und einen Hubschrauber, um den Entflohnen wie ein Tier zu jagen. Der im Nah- und Tarnkampf bestens ausgebildete Soldat schaltet erneut mit Leichtigkeit das Dutzend Kleinstadtpolizisten aus, wobei einer von ihnen durch Selbstverschulden tödlich verunglĂŒckt. Teasle zieht nun alle Register und ruft die Staatspolizei und die Armee mit ganzen LastwĂ€gen voller Bewaffnung herbei und erklĂ€rt den FlĂŒchtling zum Staatsverbrecher Nummer 1.
Rambo, der mit seinen Handlungen sich bisher lediglich seiner Haut gewehrt hat und auch selbst bereits den Versuch unternahm, den Konflikt beizulegen, ist erzĂŒrnt und entrĂŒstet ĂŒber die ungerechtfertigten Anschuldigungen und Schuldzuweisungen, so dass er sich zum Schluss in seine Rolle fĂŒgt und dem Sheriff seinen Privatkrieg erwidert. Als auch Colonel Samuel Trautman (Richard Crenna), der jahrelange Ausbilder von Rambo, auftaucht und den Sheriff dazu auffordert, Rambo nicht zu provozieren und den Krieg beizulegen, schĂŒrt das noch eher das Feuer und schaukelt sich hoch zu einem Showdown in der Stadt.
âRambo â First Bloodâ ist einer der pursten Survival-Action-Filme seiner Zeit. In der Exposition haben wir einen Kriegshelden, der aus einem in der Heimat verhassten Krieg zurĂŒck kehrt und in der Gesellschaft nur auf Ablehnung und Ignoranz stöĂt. Der Krieg hat den Mann nicht nur desensibilisiert und traumatisiert, sondern ihn auch jeglicher IdentitĂ€t und Freunde beraubt. Gleich in der Eröffnung des Films erfĂ€hrt der Veteran vom Tod seines letzten Freundes, dem letzten Menschen, von dem er VerstĂ€ndnis erwarten konnte, da dieser durch die gleiche Hölle des Kriegs gegangen ist wie John. Der letzte Hoffnungsschimmer fĂŒr Rambo ist mit dessen Tod mit gestorben. Das Ă€uĂert sich auch im Look des Films. WĂ€hrend die ersten Szenen noch in grĂŒner, sonniger Landschaft spielen, spiegelt sich die erteilte Hiobsbotschaft von dem Krebstod des Kameraden seitdem im restlichen meteorologischen Klima wider â John Rambos Trauer manifestiert sich in seiner Umwelt im dauernden Niederschlag, NĂ€sse, KĂ€lte und grauem, wolkenbehangenem Himmel.
Und letztlich ist auch der ganze Plot ein reiner Ăberlebenskampf.
âFirst Bloodâ â der Filmtitel beinhaltet die Aussage, dass die OrdnungshĂŒter beim Konflikt als erste Blut vergossen haben, und zwar an einem Unschuldigen â ist ein Film mit einem sehr hohen Realismusgrad. Die Geschichte um die Einsamkeit eines Mannes, der aus einem unpopulĂ€ren Krieg ins Ungewisse zurĂŒck kehrt, ist heutzutage mittlerweile genauso relevant.
Das Setting in dem ProvinzstĂ€dchen Holidayland ist Ă€uĂerst ironisch und prangert die provinzerische Fassade an, sowie die Ignoranz der KleinstĂ€dter gegenĂŒber globalen politischen Themen und Fremden. Diese sozial-politische Einbettung ist nicht unbeabsichtigt, schlieĂlich basiert der Film auf dem gleichnamigen Roman von David Morrell, und fĂ€rbt subtil sowohl auf die Dialoge, als auch auf den Handlungsverlauf ab.
Doch das Hauptaugenmerk des Films ist im Kern der Kampf eines Einzelnen gegen eine ganze, staatliche Institution, was ihn zu einem klassischen Survival-Film macht (die AufbĂ€umung einer Minderheit gegen eine ĂŒberstarke Mehrheit kann sehr wohl als kritische Selbstreflexion des Vietnamkriegs gedeutet werden). Dabei ist der Held zwar kampferprobt und hart im nehmen, blutet und leidet aber genauso an den widerfahrenen Verletzungen wie wohl jeder andere in seiner Situation. Silvester Stallone gelingt dabei einer der realistischsten Leistungen seiner Schauspielkarriere (im Film hat er auch viele der Stunts selbst gemacht, inklusive des waghalsigen Sprung von einem Felsen in die Schlucht auf den Gipfel einer Tanne; Stallone bestand darauf, sich maĂgeblich am Stunt zu beteiligen und zog sich dabei drei RippenbrĂŒche zu). Ihm gelingt dabei seinem Charakter die ĂŒberzeugende Balance zwischen einem direkten, ehrlichen Menschen und einem Mann voller Geheimnisse und tiefer Traumata zu verleihen.
Was den Film von seinen beiden Fortsetzungen abhebt ist die immer prĂ€sente Tristheit und Tragik, die nicht nur dem Protagonisten in den Knochen steckt, sondern wie beschrieben sich in der ganzen Umwelt ausdrĂŒckt. Es gibt kaum warme Farben und der Ton ist bitterernst, höchstens noch vom Sarkasmus der Polizisten und Soldaten durchsetzt.
Das was Rambo berĂŒhmt gemacht hat: sein Ăberlebenswille, die Weigerung in einer offensichtlich hoffnungslosen Situation zu kapitulieren, die HĂ€rte gegenĂŒber sich selbst und seine Feinde, seine bewĂ€hrte Waffe â das Jagdmesser â und natĂŒrlich die Schlaufe um den Kopf (Rambos Verband eines Streifschusses am Kopf) finden in diesem Film ihren Ursprung.
Diese Hauptmerkmale des Films sind auch der Grund seiner Ikonisierung und Erhebung in den Kultstatus, wobei die Fortsetzungen â
Rambo 2 - Der Auftragâ und "
Rambo III" sich noch stÀrker dieser Heldenmerkmale bedienten und diese stellenweise bis in den Pathos ausschlachteten.
Kameramann Andrew Laszlo (der ebenso beeindruckende Kameraarbeit 3 Jahre spĂ€ter bei âRemo â Unbewaffnet und gefĂ€hrlichâ geleistet hat) sind hierbei phĂ€nomenale Aufnahmen gelungen und dabei meine ich nicht (nur) die Naturaufnahmen. Laszlo ist mit seiner Kamera so unmittelbar an Stallone dran, dass man als Zuschauer die Tortur jedes Mal mitfĂŒhlen muss. Die Verfolgungs-, Flucht- und Kampfszenen sind hierbei gut choreographiert und beeindruckend eingefangen. Besonders die bekannt gewordenen und oft kopierten Hinterhalte, die Rambo seinen Feinden im Wald legt, entfalten in Zusammenwirkung mit der musikalischen Untermalung von Jerry Goldsmith ihre höchste EffektivitĂ€t auf den Zuseher.
Jerry Goldsmith hat in seiner Karriere die mitunter einflussreichsten und bekanntesten Soundtrack-Scores der (Action-)Filmgeschichte komponiert, wobei seine StĂ€rken in der Untermalung von thrillenden und spannungssteigernden Elementen liegen (wie in âRunaway â Die Spinnen des Todesâ, âDas Omenâ, â
Die Mumieâ, âHollow Manâ). Seine Filmmusik zu âRambo â First Bloodâ ist neben den Farben des Films das wichtigste GerĂŒst der tristen AtmosphĂ€re, wobei Goldsmith der melancholischen Hauptklangfarbe seines Scores in den rasanten Momenten (wie z.B. die Befreiung aus dem Polizeirevier) eine extreme akustische Dynamik beizumischen versteht.
Rambo ist auf jeden Fall ein gelungener und dabei ziemlich kurzweiliger Film. Hier herrscht gute Ausgewogenheit zwischen kritischer, sozial-historischen Rahmenhandlung, schauspielerischer Tiefe (insbesondere von Sylvester Stallone), unerbittlichem Survival-Drama mit reisserischen Actioneinlagen. Regisseur Kotcheff zieht dabei seinen Film durch diese drei Hauptgefilde, ohne sich zu sehr in einem aufzuhalten oder Langatmigkeit aufkommen zu lassen.
Dass Rambo ĂŒbrigens wieder in den Kampf in KriegseinsĂ€tze (im letzten Einsatz nach Burma â im
4. Teil der Reihe) ziehen musste haben wir dem amerikanischen Testscreenpublikum zu verdanken. Die Testscreener haben den ursprĂŒnglichen, dem Buch nachempfundenen, Schluss fĂŒr zu deprimierend empfunden und abgelehnt. Autor David Morrell lieĂ seinen Protagonisten im Roman nĂ€mlich den Selbstmord gegenĂŒber der Inhaftierung vorziehen (in der âRambo Trilogie Steel Collectionâ von Kinowelt ist der Originalschluss jedoch erfreulicherweise in den Extras zu finden). Man darf also gespannt sein wie Silvester Stallone, der im letzten Film neben der Hauptrolle Regie, Produktion und Skript fĂŒhrte, die Geschichte seines Charakter zu Ende erzĂ€hlt.