Someone is listening to your thoughts.
In Zeiten, die bereits Begriffe wie Weltwirtschaftskrise und Ramschstaat nachhaltig prägten, erscheint der Blick in die Zukunft eher weniger rosig. Zumindest für all jene Pessimisten, für die die Gegenwart genau genommen schon längst mit den düstersten Vorhersagungen aus vergangenen Zeiten auf Tuchfühlung gegangen ist. Kein schöner Schein, sondern die blanke Wahrhaftigkeit des tristen Seins beherrscht den Alltag, in dem die grauen Töne kalter Betonwüsten die einst farbenfrohe Natur abgelöst haben. Wahrlich keine schöne Vorstellung, aber immerhin eine solche, die den spannenden Stoff bietet, aus dem Dystopien erwachsen. Und die Zukunftsvision, die uns
Tarik Salehs kurzweiliger George-Orwell-Verschnitt
„METROPIA“ präsentiert, hat für den gepeinigten Hauptdarsteller nun wahrlich nichts Rosiges mehr zu bieten. Denn:
Big Brother is watching you.
Das muss unser Protagonist Roger (Stimme im Original: Vincent Gallo) unschön am eigenen Leib erfahren, als er eines Tages nicht wie sonst mit dem Fahrrad, sondern mit der gefürchteten U-Bahn zur Arbeit fahren muss. Das U-Bahn-Netzwerk, das mittlerweile ganz Europa miteinander verbunden hat, ruft geheime Ängste in ihm hervor, seit er frei denken kann. Das liegt vor allem daran, dass Roger in der Vergangenheit nur in die Nähe der U-Bahn kommen musste und sofort unheimliche Stimmen in seinem Kopf vernahm. S
timmen, die ihn auch jetzt plagen, als er sich das erste Mal in seinem Leben in das gigantische Netzwerk unter der Erde begibt. Was haben die seltsamen Anweisungen, die er erhält, nur zu bedeuten? Und welche Rolle spielt dabei das schöne, aber mysteriöse Super-Model Nina (Juliette Lewis), das seinen Weg kreuzt? Roger ist sich einer Sache sicher: Das Leben, das er bisher lebte, wird nie mehr so sein wie zuvor. Kurzerhand fasst er einen folgenschweren Entschluss, der ihn mitten in eine gigantische Verschwörung von weltumspannenden Ausmaßen führt.
Was bei
„METROPIA“ zunächst ins Auge sticht, ist der recht eigenwillige Stil des Films. Alle animierten Charaktere, die teils deutliche Züge ihrer Originalsprecher aufweisen, sind mit ihrem überdimensionierten Köpfen und den nicht allzu geschmeidig wirkenden Bewegungen, die wie ferngesteuert erscheinen, stark entfremdet und meilenweit von den uns bekannten Idealen entfernt. Zudem dürften Freunde bunten Spektakels vielleicht etwas verzweifelt dreinblicken, da fast die gesamte Laufzeit über Tristesse und graue Töne vorherrschen. Doch jeder Entschluss erfolgt bei
„METROPIA“ aus einem einfachen und darüber hinaus nachvollziehbaren Grund. Ohne zuviel im Voraus verraten zu wollen, ist der Gedanke des freien Willens, den schon George Orwell in seinem weltberühmten Roman „1984“ auf die satirische Spitze trieb, auch in Tarik Salehs düsterer Zukunftsvision allgegenwärtig. Er ist das, was in dunklen Zeiten Hoffnung spenden und bestenfalls ein Umdenken herbeiführen kann. Und davon, dass große (Kopf-)Denker entgegen aller Widrigkeiten genau dies tun sollten, zu jedem Zeitpunkt, an jedem Ort, weiß dieser Animationsfilm eine packende Geschichte zu erzählen. Eine Parabel in tiefgrauen Tönen.
Außerdem versteckt sich in den nur 80 Minuten Laufzeit eine gehörige Portion Medienkritik, die selbst der heutigen TV-Landschaft mit ihren immer sensationslüsternen Produktionen gekonnt den Spiegel vorhält. Wenn Menschen in gewisser Weise als Marionetten der Medien herhalten müssen und Letztere dem Einzelnen regelrecht den Kopf waschen, dann beweist das nicht etwa nur, dass manchen Shampoos Böses innewohnt, sondern auch, dass
„METROPIA“ überaus intelligent und originell eine Zukunftsvision präsentiert, die die Grenzen zur Gegenwart nicht nur einmal durchschreitet. Spätestens zu dem Zeitpunkt, wenn unsereins die nicht mehr zu leugnende Wahrheit hinter der spannenden Geschichte erkennt, ist der eigenwillige Animationsstil plötzlich nur noch eine Marginalie in einem gelungenen Gesamtgeflecht aus originellen Ideen und wichtigem Inhalt. Und überhaupt: Dass es ein recht kleiner, schwedischer Film schafft, uns allen während des Sehens eine Kopfwäsche zu verpassen, die sich sehen lassen kann, ist durchaus bemerkenswert. Hut ab!
Da mag man es im Grunde verzeihen, dass die Geschichte, so spannend und originell sie auch sein mag, teils arg holprig erzählt wird. Denn die Grundthematik wird ansonsten sehr solide zum unausweichlichen Showdown manövriert. Wer sich bis dahin auf das düstere Geschehen eingelassen hat, wird mit einer ebenso kleinen wie kurzweiligen Animationsperle belohnt, die vielleicht nicht als Meisterwerk daherkommt, aber zumindest in Sachen Originalität und Präsentation viele Genrekollegen locker in die Tasche steckt. Kurzum: Vom jetzigen Zeitpunkt aus betrachtet ist der 2009er
„METROPIA“ seiner Zeit bereits bei Entstehung weit voraus gewesen.
Zusatzbemerkung: Der Film ist seit dem 8. Juni 2012 auf DVD und Blu-ray im Handel erhältlich. Neben dem 80-minütigen Hauptfilm in Deutsch und Englisch (DD 5.1) bietet der prall gefüllte Silberling, der uns freundlicherweise von capelight pictures zur Verfügung gestellt wurde, auch noch entfallene Szenen, Dokumentationen über die Sprachaufnahmen und das Animationsstudio, ein Gespräch mit Alexander Skarsgård, den Kinotrailer sowie den Kurzfilm TONY & SILVIO.