Action-Legende Sylvester Stallone hat für seine neueste Regie-Arbeit „The Expendables“ gerufen und (fast) alle haben sie vorbeigeschaut – die alten Hasen und die jungen Kollegen.
Ein
Expendable ist eine Person, die für ein militärisches Ziel geopfert wird. Im Fall des gleichnamigen Films bezieht sich der Begriff auf eine Gruppe von Söldnern, die in brenzligen Situationen ihre Leben für einen Sack voll Geld aufs Spiel setzen.
Ihr Anführer ist der knallharte aber bedachte Barney Ross (Stallone lässt es sich mit seinen 64 Jahren nicht nehmen, höchstpersönliche in die Hauptrolle zu schlüpfen), dessen wichtigste Aufgabe darin besteht, sein eingespieltes Team um den zynischen Messerexperten Lee Christmas („
The Transporter“ Jason Statham), den Kampfsport-Meister Ying Yang (Jet Li, „Hero“), den Sprengstoff-Spezialisten Toll Road (
UFC-Champion Randy Couture) sowie den in Schusswaffen vernarrten Hale Caesar (Terry Crews, „Gamer“) und den Hünen Gunner Jensen (Dolph Lundgren, „
The Mechanik“) beisammen zu halten.
Nach einem erfolgreichen Einsatz gerät allerdings der aggressive Jensen außer Kontrolle und greift in seinem Adrenalinrausch Yang an, woraufhin Ross ihn für den folgenden Auftrag nicht mit an Bord haben will:
Die Männer sollen für den undurchsichtigen Mr. Church („
Stirb langsam“-Star Bruce Willis absolviert hier einen kurzen aber prägnanten Cameo-Auftritt) auf der Insel Vilena die brutale Diktatur des Generals Garza (David Zayas, „
Der Tod einer Bestie“) zerschlagen, wobei jener, wie sich bald herausstellt, in Wahrheit lediglich als Marionette für die düsteren Machenschaften des skrupellosen, ehemaligen CIA-Manns James Munroe (aalglatt und superfies, wie man das erwartet: Eric Roberts, „
The Dark Knight“) dient.
Irgendetwas an der Mission stinkt zwar verdächtig zum Himmel, doch spätestens als ihn die attraktive Einwohnerin Sandra (Giselle Itié) persönlich bei der Befreiung ihrer Heimat um Hilfe bittet, kann Ross nicht mehr Nein sagen und tut mit seinen Gefährten schließlich das, was sie am besten können…
Wer sich von „The Expendables“ im Vorfeld einen intelligenten Film mit viel Tiefgang erhofft hat, ist auch enttäuscht, wenn am Ostersonntag nicht der Weihnachtsmann durch den Kamin rutscht.
Das Werk beginnt und endet mit harten Typen auf heißen Öfen und besteht dazwischen aus knackigen (allerdings nicht immer gelungenen)
Onelinern, ganz viel Ballerei, Knallerei und Schlägerei sowie drei Frauengeschichten.
Natürlich lockt der Streifen in allererster Linie die Zuschauer durch seine ziemlich prominente Besetzungsliste in die Lichtspielhäuser und macht dann auch keinen Hehl daraus, ein inhaltlich schwacher aber dafür inszenatorisch fulminanter Actionkracher zu sein, wie man ihn seit den seligen Achtzigern und frühen Neunzigern in dieser Form nicht mehr auf der großen Leinwand gesehen hat.
Nicht selten fühlt man sich während der wilden Schusswechsel an eine Mischung aus „Phantom Kommando“ (1985) mit Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger (den sein
Planet Hollywood-Partner Stallone hier ebenfalls zu einer kurzen, augenzwinkernden Rückkehr zum Film überreden konnte) und Lewis Teagues Stampfer „Navy Seals“ von 1990 erinnert.
Wenn dann geschossen oder geschlitzt wird, fließt Blut oder platzen manchmal sogar ganze Körper.
Obwohl der Gewaltpegel nicht wirklich den eines „
John Rambo“ (2008) erreicht, werden auch in „The Expendables“ keine Gefangenen gemacht.
Für Kinder oder Zartbesaitete ist das Werk deshalb keineswegs geeignet.
Bis auf den Einsatz einiger
CGI-Effekte und eine manchmal etwas störende Wackelkamera (in dieser Hinsicht hat man sich wohl etwas dem Zeitgeist anpassen wollen) sind die Actionszenen angenehm
old schoolig – richtig klasse sehen beispielweise die wuchtigen Explosionen aus, bei denen im späteren Verlauf ganze Gebäude dem Erdboden gleich gemacht werden.
Vorsichtig ausgedrückt ist Stallones Film – wie bereits angedeutet – kein großes Autorenkino.
Drehbuchschreiber Dave Callaham hat zuvor bei den eher mittelmäßigen Thrillern „
Horsemen“ und „
Das schwarze Herz“ (beide 2009) Feder geführt und sich mit der hier vorhandenen Geschichte nicht gerade selbst übertroffen.
Als zweiter Mann bei den
Screenplay-Credits ist jedoch der Regisseur gelistet, der ja – neben einigen schwächeren Produktionen – auch aktiv bei der Story-Gestaltung solcher Klassiker wie „Rocky“ (1976), „
Rambo - First Blood“ (1982) oder „Cliffhanger“ (1993) mitgewirkt hat.
Somit darf man auch vermuten, dass die großartige Szene, in der der Tattoo-Künstler und Ex-Söldner Tool (dargestellt vom grandiosen
Golden Globe-Gewinner Mickey Rourke, der sich diesmal mit einer Nebenrolle zufrieden gibt) in Großaufnahme von seiner Zeit in Bosnien erzählt, eher auf das Konto von Sylvester Stallone, als auf das von Callaham gegangen ist.
Im Prinzip passt der betreffende Moment zwar nicht ganz zum ansonsten oberflächlichen Ton des Streifens, aber deutet dafür mit selbstbewusstem Schmunzeln darauf hin, dass man hier auch zu einem anderen Film in der Lage gewesen wäre – wenn man das denn halt gewollt hätte…
Die Feindbilder in „The Expendables“ sind natürlich altbacken und hinlänglich bekannt.
Während in der Vergangenheit eher gesichtslose Diktatoren einen vor den Latz bekommen haben, sind in späteren Actionfilmen vermehrt irgendwelche Verschwörer aus dem eigenen Land die Buhmänner gewesen.
In diesem Fall sind es dann halt Diktatoren, die von heimischen Buhmännern manipuliert werden.
Aber mal ehrlich: Wen interessiert das alles überhaupt, wenn man eh nur ins Kino gegangen ist, um die alte und die neue Generation vereint gegen irgendwelche Schurken kämpfen zu sehen?
Etwas schade ist lediglich der Umstand, dass man zwar eine illustre Riege an Schauspielern auffährt, aber der Löwenanteil des Films eigentlich ausschließlich von Sylvester Stallone und Jason Statham getragen wird.
Zwar kommen auch alle weiteren Stars zu ihren (kleineren oder größeren) Auftritten, nur hätte man bei einigen Figuren (z.B. bei dem von Dolph Lundgren verkörperten Charakter) auf etwas mehr Leinwandpräsenz gehofft.
Dennoch: „The Expendables“ schmeckt wie das erste kalte und herbe Bier nach einem Partyabend voll widerlich süßer Mixgetränke - ein kantiger Macho-Heldenfilm, der vermutlich mehr Männer als Frauen in die Kinos ziehen wird.
Und das, obwohl am Ende doch auch hier eigentlich alles nur auf die Zuneigung zum weiblichen Geschlecht hinausläuft.
Mit einer Extraportion Testosteron, versteht sich.
Jetzt würden für die geplante Fortsetzung vielleicht Zusagen von Michael Dudikoff („American Fighter“) und Chuck Norris („Missing In Action“) fehlen, um die dekadente Gaudi noch zu steigern.
Aber schließen wir an dieser Stelle doch einfach erstmal passend mit dem Titel des während des Abspanns laufenden
Thin Lizzy-Songs:
„The Boys Are Back In Town“!