Heute ist es kaum noch verständlich, warum „Jurassic Park“ 1993 einen solch großen Hype auslöste. Doch Anfang der 90er Jahre hatte man Computereffekte solchen Ausmaßes auf der Leinwand bis dato nicht gesehen (obwohl man nicht vergessen darf, dass die Dinosaurier im Film meist animatronische Roboter der Tippet Studios sind, und die digitalen Effekte während des gesamten Films nur ein paar Minuten ausmachen).
Die größte Stärke des Films ist sicherlich sein langsamer Spannungsaufbau. Das beginnt schon im Vorspann, wenn der Käfig den Baum ächzen und seine Zweige zerbrechen lässt. Auch die Szene während der Ankunft auf Islar Nublar, welche zum ersten Mal die gewaltigen animierten Brachosaurier zeigt, versetzen nicht nur die Protagonisten in staunende Begeisterung.
Die gefährlichen Saurier bekommt der Zuseher erst sehr spät zu sehen. Beim Einstieg sieht man lediglich ein paar Nahaufnahmen des Velociraptors, nie jedoch den ganzen Räuber. Auch bei der Fütterung der Kuh hört man lediglich die ohrenbetäubenden schrillen Schrei und das anschließende Gemampfe. „Jurassic Park“ funktioniert hier ähnlich wie „Der weiße Hai“, in dem man das gleichnamige Tier auch erst in der zweiten Hälfte des Films zum ersten Mal richtig zu Gesicht bekam. In „Jurassic Park“ scheint jedenfalls alles auf die in die Filmgeschichte eingegangene T-Rex Szene hinzusteuern, welche der visuelle und dramaturgische Höhepunkt des Films ist und bleibt und
auch von dem spannenden Katz und Maus Spiel mit den Raptoren nicht mehr übertroffen werden kann.
Die Charaktere werden langsam eingeführt und haben mehr Tiefe als dies in anderen Monsterfilmen der Fall ist, sind sie doch nicht sekundär sondern spielen tragende Rollen und Identifikationsfiguren. Hin und wieder gibt es sogar erstaunlich intellektuelle und philosophische Dialoge (z.B. die Erinnerung an „Petticoat Lane“ und das anschließende Gespräch zwischen John Hammond [Richard Attenborough] und Ellie Sattler [Laura Dern] über Schein, Trug und Selbstlügen), die zur Vertiefung anregen. Zudem hat „Jurassic Park“ einen gewissen Wortwitz und Humor sowie eine nette Anspielung auf „King Kong“.
Neben diesen Stärken weist der Film allerdings auch einige Schönheitsfehler auf. Besonders auffallend sind hier die zwei Quotenkinder, die natürlich nicht sterben dürfen, und die nervige Rolle des Ian Malcolm (Jeff Goldblum), der permanent versucht witzig und cool zu sein und mit seiner Chaostheorie nervt. Auch die Abneigung Alan Grants (Sam Neill) gegenüber Lex (Ariana Richards) und Tim (Joseph Mazzello), die natürlich in Sympathie umschlägt, ist zu vorhersehbar. Dem Zuseher wird schon bald klar wer überleben wird und wer nicht, schließlich dienen ja nur die unsympathischen oder unbedeutenden Charaktere als Dinofutter.
Eine Grundaussage des Films ist, dass der Mensch die Geister, die er rief, nicht mehr bändigen kann. So unterwerfen wir uns die Natur und tun Dinge weil wir sie tun können, ohne zu hinterfragen ob wir sie auch tun dürfen (vgl. die Aussage Malcolms).
Diese an und für sich interessante ethische Ansicht wird dem Zuseher im Film dann aber doch ein paar Mal zu oft und zu platt aufs Auge gedrückt. Spielberg neigt eben dazu es mit dem Moralisieren zu übertreiben. Das ist jedoch ein pädagogisch fragwürdiger Zug, bewirkt der Regisseur doch damit genau das Gegenteil von dem was er beabsichtigt: seine Botschaft wird nicht mehr ernst genommen, sie nervt den Zuseher mit jedem Mal Heben des mahnenden Zeigefingers zunehmend und prallt von ihm ab.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Story durch ein gutes Konzept, eine hervorragende Dramaturgie und originelle (ja Anfang der 90er waren sie das tatsächlich!) Ideen gekennzeichnet ist. Für sein Genre ist „Jurassic Park“ jedenfalls erstaunlich anspruchsvoll, hebt sich klar von der Hollywood Massenwahre ab und ist somit einer von Spielbergs besten Unterhaltungsfilmen. Die Schauspieler, allen voran Sam Neill, Laura Dern und Richard Attenborough, sind hervorragend besetzt, und schaffen es Horror und Panik, Verzweiflung und Hoffnung auch auf den Zuseher zu übertragen.