Künstliche Intelligenz ist ein Film, der abgesehen von seinem üblen Ende sehr gut funktioniert. Einerseits besitzt er die kindliche, träumerische und melancholische Naivität eines Spielberg Films, andererseits zeichnet er eine kalte, grausame und sterile Zukunft, in der Roboter zu Menschen werden und Menschen sich gefühllos wie Roboter geben. Diese Spannung zwischen Märchen und düsterer Science-Fiction macht das Drama vom Mechajungen David (Haley Joel Osment), dem eine Seele geschenkt wurde, und der um jeden Preis von seiner menschlichen Ziehmutter Monica (Frances O’Connor) geliebt werden möchte, äußerst interessant. Nachdem er die Geschichte von „Pinocchio“ gehört hat, macht sich David auf die Suche nach der Blauen Fee, um von ihr in einen richtigen Jungen verwandelt zu werden, nicht ahnend, dass er im Inneren schon längst Mensch ist.
Das Drehbuch von „Künstliche Intelligenz“ wurde zum Teil von Stanley Kubrick geschrieben, der jedoch das Projekt nicht mehr realisieren konnte. Vor seinem Tod gab er seinem Freund Steven Spielberg das Script, der es überarbeitete und fertig stellte. Das ist das erste Mal seit „Unheimliche Begegnung der Dritten Art“ aus dem Jahre 1977, dass Spielberg selbst das Drehbuch zu seinem Film schrieb.
„Künstliche Intelligenz“ fällt im Gegensatz zu Spielbergs anderen Blockbustern etwas aus der Rolle. Einer der Gründe dafür ist sicherlich Kubricks Konzept, ein anderer die oft genialen Bildkompos
itionen und die beeindruckende Kameraführung. Besonders einprägsam sind hier folgende Szenen: 1. Davids erster Auftritt (Eine Gegenlichtaufnahme, bei der man nur die Silhouette des Mecha erkennt, die der eines Aliens ähnelt). 2. Davids Sprung vom Hochhaus ins Meer (Der fallende Mecha spiegelt sich auf der Windschutzscheibe des Hubschraubers, hinter welcher Gigolo Joe (Jude Law) sitzt. Durch diese Montage entsteht der Eindruck einer Träne auf Joes Wange).
Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass die Specialeffects nicht ganz so viel Raum einnehmen wie in Spielbergs anderen Filmen. Es überwiegen Dialog- und Handlungsszenen und der Film verläuft sehr ruhig. Der Score ist natürlich von John Williams. Wer hier die Augen verdrehen will sei beruhigt, Williams hat hier ganze Arbeit geleistet und eine Musik komponiert, die sich äußerst frisch und unkonventioneller als seine übrigen Soundtracks anhört. Sie klingt eigentlich gar nicht nach Williams.
Der Film ist voller philosophischer Untertöne. Er stellt die Frage nach dem Menschsein und über die Menschlichkeit. Allerdings moralisiert Spielberg wieder einmal auf eine unerträgliche Weise über das Sein-Wollen-Wie-Gott, über die Verantwortungslosigkeit des Menschen und er weist wie schon in „Jurassic Park“ und „Vergessene Welt“ permanent darauf hin, dass wir die Geister (hier die Erschaffung eines Roboters mit der Seele eines Menschen), die wir rufen, nicht zu bändigen wissen.
Natürlich gibt es einige Widersprüche im Film. Gigolo Joe, der männliche Sexroboter, könnte z.B. keine Freundschaft bzw. Loyalität für den Mechajungen entwickeln, da er selbst ja nur ein herkömmlicher Mecha ohne Gefühlleben ist. Über solche Ungereimtheiten kann man aber hinwegsehen, schließlich gibt es diese in den meisten märchenhaften Erzählungen und Phantasiegeschichten. Der Grund, warum ich „Künstliche Intelligenz“ allerdings nur eine mittelmäßige Bewertung gebe, ist jedoch ein anderer: sein schnulziges Ende. Spielberg hat leider nicht den Mut den Zuseher mit einem offenen Ende, an dem David am Grunde des Ozeans seine blaue Fee endlich gefunden hat, nachhause gehen zu lassen, sondern muss noch ein letztes Mal kräftig auf die Tränendrüsen drücken, wenn David und Monica sich endlich wieder sehen.